Das wünscht sich die Schweizer Bevölkerung von der Politik

Julia WegnerMarketing & PR Manager
März 15, 2024, 5:28 nachm. GMT+0

Am 23. Oktober 2023 hat die Schweizer Bevölkerung ein neues Parlament gewählt. Gleichzeitig unterscheidet sich der Aufbau der Bevölkerung von jenem des Parlaments, denn verglichen mit ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung belegen vor allem jüngere Altersgruppen und Frauen in der Politik historisch weniger Plätze als ihre älteren und männlichen Kollegen. Entsprechend stellt sich die Frage: Was für einen Unterschied, wenn überhaupt, würde ein perfekt repräsentatives Parlament in der Schweizer Politiklandschaft machen?

Um dies zu beantworten hat YouGov Schweiz im Rahmen der YouGov Swiss Academia Omnibusbefragung nach den Wahlen eine landesweit repräsentative Umfrage der Wahlberechtigten zu politischen Ansichten und Partizipationsformen durchgeführt. Im Folgenden werden die Hauptergebnisse dieser Umfrage kurz umrissen, die vollständigen Ergebnisse können auf Anfrage erworben werden.

Wahl- und Politikinteresse bei den Frauen

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass bei Frauen im Vergleich zu Männern eine Tendenz besteht, Links zu wählen. Von den befragten Frauen gibt ein Drittel (32 Prozent) an, Links gewählt zu haben oder wählen zu wollen – ein bedeutend höherer Anteil als bei den Männern (25 Prozent). Dahingegen geben deutlich mehr Männer als Frauen an, Mitte-Rechts gewählt zu haben/wählen zu wollen (15 vs. 9 Prozent).

SVP liegt bei den Männern, SP bei den Frauen vorn

Stärkere Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigen sich bei der Einschätzung der Parteien, welche die Befragten für am besten geeignet halten, um die politischen Brennpunkte der Schweiz zu bewältigen. In einer Reihe von 11 Fragen konnten die Befragten angeben, welche der grossen Parteien ihrer Meinung nach die beste ist, um verschiedene politische Themen anzugehen.

Über alle Themen hinweg wurde unter den befragten Männern die SVP am häufigsten genannt: Sie wurde von Männern in 22 Prozent der Fälle als kompetenteste Partei eingestuft. Dahinter folgen die SP (16 Prozent) und die FDP (15 Prozent). Unter den befragten Frauen hingegen wurde die SP am häufigsten genannt (19 Prozent), gefolgt von der SVP (18 Prozent) und der Mitte (12 Prozent). Im Vergleich zeigt sich also, dass Frauen öfters Parteien auf der linken Seite des politischen Spektrums, Männer hingegen eher Parteien auf der rechten Seite als kompetente Problemlöser sehen.

Linksdrall bei den Jungen

Auch jüngere Altersgruppen, welche im Parlament und in der Regierung untervertreten sind, würden sich die Vertretung durch das Parlament eher Links-orientiert wünschen. Der Altersvergleich zeigt etwa, dass etwa jede/r dritte Befragte zwischen 18 bis 29 Jahre Links (Grüne/SP) gewählt hat oder wählen würde. Unter den Befragten über 30 sind es hingegen nur knapp jede/r Vierte.

Es zeigt sich jedoch auch, dass viele Junge noch keine ausgeprägte politische Sichtweise vertreten. Ganze 12 Prozent der 18 bis 29-jährigen Befragten gaben in Fragen zur Parteipräferenz «Weiss nicht» an. Somit könnte diese Altersgruppe für Parteien ein starkes Mobilisierungspotential darstellen.

Auch in den Ansichten zur Themenzuständigkeit spiegelt sich dieser Trend wider. Über verschiedene Themen hinweg wird die SP von 18-29-Jährigen jedes fünfte Mal (21 Prozent) als beste Partei genannt, um ein Problem anzugehen, die SVP hingegen nur in 16 Prozent der Fälle. Bei den über 30-Jährigen verhält es sich genau umgekehrt: Dort wird die SVP in etwa einem Fünftel der Fälle (21 Prozent) als kompetente Partei erkoren, die SP hingegen nur in 17 Prozent der Fälle.

Auffallend ist hier wiederum die hohe Rate an «Weiss nicht»-Antworten unter jüngeren Befragten. Vor allem bei Themen wie der Beziehung zur EU, worüber im Wahlkampf bisher weniger prominent politisiert wurde, bleiben viele Jüngere bezüglich der am besten geeigneten Partei unschlüssig.

Aber auch bei stärker assoziierbaren Themen stehen die Jungen ein wenig ratlos dar. Auf die Frage hin, welche Partei am besten geeignet wäre, um die steigenden Gesundheitskosten anzugehen, antworten knapp ein Viertel der 18-29-Jährigen mit «Weiss nicht». In dieser Altersgruppe haben die Parteien also noch stärkeren Spielraum, um neue potenzielle Wähler anzuwerben.

Teilnahme mittels alternativer Formen der Politik

In der Befragung wurden Teilnehmer gefragt, wie oft sie an alternativen politischen Partizipationsformen wie Markenboykotts oder Demonstrationen teilnehmen. Dabei zeigt sich, dass Links-orientierte Befragte in den letzten 12 Monaten vor der Umfrage deutlich öfters alternative Politik betrieben haben als der Durchschnitt.

Drei von vier (78 Prozent) der Links-Orientierten gaben an, in den letzten 12 Monaten vor der Umfrage gewisse Produkte aus politischen, ethischen oder ökologischen Gründen entweder bewusst gekauft oder nicht gekauft zu haben Zum Vergleich: Im Durchschnitt tut dies nur etwa die Hälfte (56 Prozent). Auch der Anteil jener aus dem linken Lager, die im letzten Jahr vor der Umfragedurchführung an einer Demonstration teilgenommen haben, ist mit 16 Prozent doppelt so hoch wie beim Durchschnitt (7 Prozent). Entsprechend nutzen Links-gesinnte Bürgerinnen und Bürger öfters informelle Partizipationsformen, um ihren politischen Ansichten öffentlich Ausdruck zu verleihen.

Dies sind Ergebnisse einer Umfrage im Rahmen von YouGov Swiss Academia – zugeschnitten auf die Bedürfnisse wissenschaftlicher Forschung. Die Befragung wurde durchgeführt im Schweizer Onlinepanel von YouGov (damalig LINK), und es wurden 1’246 in der Schweiz wohnhafte, stimmberechtige Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren (repräsentativ für die dortige Wohnbevölkerung, können den Fragebogen auf Deutsch, Französisch oder Italienisch ausfüllen) befragt. Die Umfrage fand vom 03. bis 12. November 2023 statt.

Wenn Sie Interesse an den vollständigen Daten der Studie haben, kontaktieren Sie uns gerne.

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