In welchen Fragen sich AfD- und BSW-Wählerinnen und -Wähler ähnlich sind – und in welchen nicht

Michael SiebertResearch Executive
Frieder SchmidAccount Director Political Research Germany
August 04, 2025, 12:30 nachm. GMT+0

YouGov-Daten aus dem YouGov Omnibus Politik (Juli 2025) zu den Wählergruppen von AfD und BSW

AfD und BSW nähern sich an: Anfang Juli wurde bekannt, dass sich die Vorsitzenden der AfD- und der BSW-Landtagsfraktionen in Thüringen getroffen und ausgetauscht haben. Und Tino Chrupalla, Co-Bundesvorsitzender der AfD, bestätigte, dass es auch bereits Treffen auf Bundesebene gegeben hat. Das BSW spielt zwar nach dem verpassten Bundestagseinzug in der Bundespolitik aktuell keine nennenswerte Rolle, ist aber in den Landesparlamenten von Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen vertreten und hat Chancen, bei den anstehenden Landtagswahlen 2026 (Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt) zumindest in einige Landesparlamente (wieder) einzuziehen. Deshalb wird die Frage, ob AfD und BSW zusammenarbeiten können oder wollen, vor allem auf Landesebene diskutiert.

Einigkeit bei Ukraine, Multi-Kulti und EU, Brüche bei Umverteilung und Sozialstaat

Passen die Anhängerschaften von AfD und BSW in ihren Weltanschauungen und Meinungen zusammen? Und worin unterscheiden sie sich? Aktuelle Daten aus dem YouGov Omnibus Politik zeigen, was Bürgerinnen und Bürger, die bei der Bundestagswahl 2025 AfD bzw. BSW gewählt haben, zu zentralen weltanschaulichen und politischen Themen denken. Dazu haben wir Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebeten, sich zwischen zwei gegensätzlichen Positionen zu Themen wie Migration, Sozialleistungen, Umverteilung, Verteidigung oder Klimaschutz zu entscheiden:

Die Themen, bei denen sich AfD- und BSW-Wählerinnen und -Wähler in ihrer Position besonders ähnlich und sich gleichzeitig am stärksten von den Wählerinnen und Wählern von CDU/CSU, SPD, Grünen und Linke unterscheiden, sind der Krieg in der Ukraine (AfD- und BSW-Wählerinnen und -Wähler sind für ein schnelles Ende des Krieges, auch wenn Russland dadurch ukrainische Gebiete gewinnen sollte). Sie sind sich ähnlich in ihrer Ablehnung einer multi-kulturellen Gesellschaft (AfD- und BSW-Wählerinnen und -Wähler denken am wenigsten häufig, dass Menschen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund Deutschland besser gemacht haben) und grenzen sich von Wählerinnen und Wählern der Grünen und der Linken ab, wenn sie Asylbewerberinnen und -bewerber an den deutschen Grenzen abweisen möchten. Überhaupt spielt das Nationale für AfD- und BSW-Wählerinnen und -Wähler eine wichtigere Rolle als für andere Bürgerinnen und Bürger: Die Mehrheit der AfD- und BSW-Wählerinnen und -Wähler ist dafür, dass wieder mehr Entscheidungen in Deutschland statt in Brüssel getroffen werden.

Brüche in den Einstellungen von AfD- und BSW-Wählerinnen und -Wählern zeigen sich dagegen bei Umverteilung und Sozialstaat: BSW-Wählerinnen und -Wähler sind dafür, dass der Staat mehr umverteilt. AfD-Wählerinnen und -Wähler sind bei dieser Frage zurückhaltender. Sie sind der Meinung, dass Sozialleistungen zu hoch sind, das wiederum denkt nur eine Minderheit von BSW-Wählerinnen und -Wählern.

Gegen den Ukraine-Krieg, auch wenn Russland gewinnt

AfD- und BSW-Wählerinnen und -Wähler möchten, dass der Ukraine-Krieg beendet wird, auch wenn der Frieden zu Lasten der Ukraine gehen sollte. 80 Prozent der AfD-Wählerinnen und -Wähler und 75 Prozent der BSW-Wählerinnen und -Wähler denken, Deutschland sollte sich für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen einsetzen, auch wenn Russland so ukrainische Gebiete behalten sollte. Mit diesem Meinungsbild stechen die beiden Parteianhängerschaften heraus: Wählerinnen und Wähler anderer Parteien zeigen hier differenzierte Meinungsbilder oder – wie im Fall von Grünen und SPD – Mehrheiten für die Unterstützung der Ukraine.

Keine Unterstützung für die Idee einer multi-kulturellen Gesellschaft

AfD-Wählerinnen und -Wähler stehen klar gegen die Idee einer multi-kulturellen Gesellschaft: Nur 7 Prozent sind der Meinung sind, dass Menschen unterschiedlicher Kultur das Land besser gemacht hätten, 70 Prozent finden, dass Multi-Kulturalismus Deutschland schlechter gemacht habe. Auch BSW-Wählerinnen und -Wähler sehen keine Vorteile im Multi-Kulturalismus: 18 Prozent denken, Menschen unterschiedlicher Kultur hätten Deutschland besser gemacht – deutlich weniger als bei CDU/CSU (27 Prozent), SPD (41 Prozent), Linke (56 Prozent) und Grüne (61 Prozent).

Für die Zurückweisung von Asylsuchenden…

AfD- und BSW-Wählerinnen und -Wähler befürworten, wenn Deutschland an seinen Grenzen Asylsuchende abweist: Fast jede AfD-Wählerin und fast jeder AfD-Wähler (88 Prozent) sowie zwei von drei BSW-Wählerinnen und -Wählern (64 Prozent) sind dafür. Nur bei CDU/CSU-Wählerinnen und -Wählern (74 Prozent) zeigt sich ein ähnliches Meinungsbild.

…und mehr nationale Souveränität

Drei Viertel der AfD-Wählerinnen und -Wähler (75 Prozent) sind der Meinung, dass Deutschland wieder mehr Entscheidungen unabhängig von der EU treffen sollte. Auch BSW-Wählerinnen und -Wähler sind nicht von der EU überzeugt: Mehr als die Hälfte (53 Prozent) möchten mehr Entscheidungen auf nationaler statt europäischer Ebene. Interessant: Das Meinungsbild unter CDU/CSU-Wählerinnen und -Wählern ist dem von BSW-Wählerinnen und -Wählern ähnlich. SPD-Wählerinnen und -Wähler sind in dieser Frage gespalten. Nur unter Wählerinnen und Wählern von Grünen und Linke überwiegen pro-europäische Einstellungen.

Mehr oder weniger Umverteilung?

Wenn es um staatliche Maßnahmen zur Umverteilung von Reichtum geht, haben BSW-Wählerinnen und -Wähler eine klare Haltung: 68 Prozent sind für mehr Umverteilung. Wählerinnen und Wähler der AfD beantworten diese Frage nicht einheitlich: Zwar sind 41 Prozent für mehr Umverteilung, aber mehr als die Hälfte sind nicht dafür (28 Prozent sind dagegen und 23 Prozent nicht entschieden).

Für oder gegen den Sozialstaat?

Mit am klarsten treten die Unterschiede zwischen AfD und BSW beim Thema Sozialstaat zu Tage. Mehr als die Hälfte der AfD-Wählerinnen und -Wähler (56 Prozent) ist der Meinung, dass Sozialleistungen in Deutschland zu hoch sind. Nur 26 Prozent der BSW-Wählerinnen und-Wähler sind dieser Meinung. Mehr noch: 36 Prozent der BSW-Wählerinnen und -Wähler halten die Sozialleistungen für nicht hoch genug, der Anteil ist doppelt so hoch wie bei der AfD (18 Prozent).

Keine Brandmauer zur AfD bei BSW-Wählerinnen und -Wähler

Und was denken Wählerinnen und Wähler von AfD und BSW über eine mögliche Zusammenarbeit der beiden Parteien? Nur knapp ein Viertel der BSW-Wählerinnen und -Wähler (23 Prozent) schließt eine Zusammenarbeit anderer Parteien mit der AfD kategorisch aus. Fast die Hälfte (45 Prozent) ist für eine Zusammenarbeit je nach Sachthema, und ein Fünftel (20 Prozent) findet, dass andere politische Parteien aktiv die Zusammenarbeit mit der AfD suchen sollten. Zum Vergleich: Bei SPD (70 Prozent), Linke (79 Prozent) und Grünen (87 Prozent) gibt es klare Mehrheiten dafür, die Zusammenarbeit kategorisch auszuschließen.

Wenn es ganz konkret um Koalitionen geht, befürworten 74 Prozent der Wählerinnen und Wähler der AfD Regierungskoalitionen mit dem BSW auf Landesebene. Und auch unter BSW-Wählerinnen und -Wählern befürwortet fast die Hälfte (47 Prozent) Koalitionen mit der AfD auf Landesebene. In weiten Teilen der Anhängerschaft der BSW wird eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD akzeptiert. Trotzdem wären solche Koalitionen ein Risiko für die Partei: Immerhin jede und jeder dritte BSW-Wählerin und -Wähler lehnt Koalitionen mit der AfD ab, jede und jeder Fünfte (19 Prozent) ist unentschieden.

Methode:

Alle Daten stammen aus dem YouGov Omnibus Politik. Dazu wurden im Zeitraum 11. bis 14.07.2025 insgesamt 2.192 Mitglieder des YouGov Panels online befragt. Die Stichprobe wurde anhand repräsentativer Quoten nach Alter, Geschlecht, Bildung, Region, politischem Interesse und Wahlverhalten bei der Bundestagswahl 2025 quotiert. Die Stichprobe bildet die Wahlberechtigten Deutschlands ab 18 Jahren hinsichtlich dieser Quotenmerkmale ab.

Foto: Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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