Ein Ausscheiden der Briten wäre nach Ansicht vieler Deutscher schlecht für alle Beteiligten. Eine Mehrheit plädiert daher für Verhandlungen.
Nach der Wahl ist vor dem Referendum. David Cameron hat seine zweite Amtszeit als britischer Premierminister angetreten. Eines seiner Wahlversprechen: Bis 2017 wird es auf der Insel eine Volksabstimmung darüber geben, ob das Vereinigte Königreich in der EU bleibt oder ob es zu einem „Brexit“ kommt. Sogar der Wortlaut der Frage, auf die dann mit „Ja“ oder „Nein“ geantwortet werden kann, ist schon formuliert.
Eine Mehrheit der Deutschen würde es allerdings nicht gerne sehen, wenn die Briten die EU verlassen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen YouGov-Umfrage. Dabei sähe es gut die Hälfte der Befragten (58 Prozent) gern, wenn das Vereinigte Königreich in der EU bleibt. Nur 18 Prozent würden einen Brexit bevorzugen, jeder Vierte (23 Prozent) machte keine Angabe.
Zwischen den Anhängern der unterschiedlichen im Bundestag vertretenen Parteien gibt es dabei Unterschiede. Zwar gibt es in allen Wählergruppen eine Mehrheit für den Verbleib der Briten in der EU, doch diese fällt unterschiedlich groß aus. Während sich zum Beispiel bei den Grünen-Wählern 72 Prozent für einen Verbleib und nur 15 Prozent für ein Ausscheiden aussprechen, tun dies bei den Anhängern der Linkspartei 51 beziehungsweise 29 Prozent.
Eine mögliche Erklärung dafür, dass so viele Deutsche die Insel weiter in der EU haben wollen: Jeweils eine Mehrheit der Deutschen glaubt sowohl, dass ein Ausscheiden aus der EU schlecht für das Vereinigte Königreich sei (55 Prozent), als auch, dass dies schlecht für die EU sei (57 Prozent).
Verhandeln über EU-Reformen
Bei seinen Antrittsbesuchen in verschiedenen europäischen Ländern hat David Cameron in den vergangenen Wochen für EU-Reformen geworben. Durch sie könnte die Chance eines Brexits verringert werden.
Eine Mehrheit der Deutschen ist dafür, mit dem britischen Premier über solche Reformen zu verhandeln, um einen Brexit zu verhindern. Gut die Hälfte der Befragten (54 Prozent) spricht sich für solche Verhandlungen aus, gut ein Viertel (27 Prozent) dagegen – auch auf die Gefahr hin, dass ein Austritt so wahrscheinlicher wird.
Auch hier sind die Wähler der Grünen besonders häufig der Meinung, man solle auf Cameron zu gehen: 71 Prozent von ihnen sind für Verhandlungen, 19 Prozent dagegen. Bei den Wählern der SPD zum Beispiel sind lediglich gut die Hälfte der Befragten (56 Prozent) dafür, mit der britischen Regierung über Reformen zu sprechen. Jeder dritte Sozialdemokrat (35 Prozent) lehnt solche Verhandlungen ab.
Wie das Referendum ausgeht, ist bislang genauso unklar wie sein Datum: Von denen, die bei einer aktuellen YouGov-Umfrage in Großbritannien auf die Frage, ob das Land die EU verlassen sollte oder nicht, mit Ja oder Nein antworteten, stimmte knapp die Hälfte (45 Prozent) für einen Brexit. 55 Prozent wären dafür, dass das Vereinigte Königreich Teil der EU bleiben sollte. Zum Vergleich: Nach einer Umfrage im Rahmen des YouGov Eurotrackers im Mai hätten bei einem solchen Referendum hierzulande 69 Prozent der Befragten, die überhaupt zur Wahl gegangen wären, für einen Verbleib Deutschlands in der EU gestimmt.
Auf Basis des YouGov Omnibus wurden 1126 Personen im Zeitraum vom 2. bis 5. Juni 2015 repräsentativ befragt. Im Rahmen des YouGov Eurotrackers wurden Ende Mai 1016 Befragte in Deutschland befragt.
Fotos: Theo Schneider /Demotix/Press Association Images / Kirsty Wigglesworth/AP/Press Association Images (Umfragebild)