Deutsche Verbraucher stehen Künstlicher Intelligenz häufig argwöhnisch gegenüber. Wie sich das ändern ließe.
Für viele Verbraucher ist künstliche Intelligenz (KI) mittlerweile Teil des Alltags geworden, egal ob Amazons Alexa im Wohnzimmer, die Face-ID im Smartphone oder das Navigationsgerät im Auto. Dabei wird KI immer lernfähiger, intelligenter und übernimmt auch in der Wirtschaft, beispielsweise in der Produktion, bereits viele Tätigkeiten, ersetzt damit die Menschenhand. Trotz der hiermit einhergehenden Erleichterungen des privaten und beruflichen Alltags, stehen Verbraucher KI durchaus ambivalent gegenüber. Unser “International Technology Report 2021: Automation & AI“ gibt einen Überblick über die Einstellungen, Bedenken und Meinungen der Verbraucher bezüglich künstlicher Intelligenz. Unsere Daten zeigen, dass die Akzeptanz in Deutschland eher gering ist (19 Prozent), und dass zwei von fünf Verbrauchern (40 Prozent) künstlicher Intelligenz skeptisch gegenüberstehen.
Weltweit gemischte Gefühle
28 Prozent der Verbraucher weltweit sind KI gegenüber skeptisch, insbesondere in Deutschland (40 Prozent), den USA und Großbritannien (jeweils 39 Prozent). Tendenziell scheint die Einstellung gegenüber KI in westlichen Ländern negativer zu sein als in asiatischen Märkten und Schwellenländern. Während beispielsweise nur 19 Prozent der deutschen Verbraucher KI akzeptieren, ist die Akzeptanz in Mexiko wiederum sehr hoch (39 Prozent), ähnlich in Hongkong (36 Prozent), Indien (33 Prozent) und Singapur (32 Prozent). Diese Unterschiede zeigen sich auch innerhalb verschiedener Altersgruppen. Während in westlichen Ländern das Misstrauen gegenüber KI im Alter tendenziell steigt, ist in vielen asiatischen Ländern das Gegenteil der Fall. Die Ursache für diese positive Einstellung in asiatischen und Schwellenländern könnte darin liegen, dass die Verbraucher dieser Länder einen ökonomischen Aufschwung im Zuge dieser technologischen Entwicklungen der letzten Jahre erlebt haben und daher künstliche Intelligenz optimistischer wahrnehmen.
Auch in Bezug auf verschiedene Wirtschaftszweige, Institutionen und Services sind die Gefühle der Verbraucher gegenüber KI äußerst differenziert. In bestimmten Bereichen, wie medizinischer Beratung (ob mit Allgemeinmediziner oder Facharzt), Regierungspolitik oder (Hoch-)Schul-Unterricht lehnt die Mehrheit der Befragten ein KI-System ab und bevorzugt die Führung von Menschenhand. Dagegen ist bei Smart Home-Technik, der Herstellung/Produktion, beim Online-Shopping sowie bei Kraftfahrzeugen & Verkehr die Akzeptanz, ja sogar der Wunsch nach Automatisierung hoch.
Wer sind die Skeptiker?
Im weltweiten Vergleich ist der Anteil der KI-Skeptiker in Deutschland am höchsten, insgesamt 40 Prozent der deutschen Verbraucher misstraut den Technologien. Im Vergleich zur deutschen Gesamtbevölkerung sind Skeptiker tendenziell älter als 55 Jahre (47 Prozent vs. 41 Prozent der Gesamtbevölkerung). Unter Jüngeren kehrt sich das Verhältnis um: Jeder fünfte Skeptiker (19 Prozent) ist zwischen 18 und 34 Jahre alt, in der Gesamtbevölkerung sind es 24 Prozent in dieser Altersgruppe. Laut unserer YouGov Profiles Analyse sind skeptische Verbraucher speziell besorgt, dass künstliche Intelligenz außer Kontrolle geraten oder in falsche Hände fallen könnte (58 Prozent) und dass die potenziell negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft noch nicht vorhersehbar sind (52 Prozent).
Doch auch Skeptiker sehen und nutzen die Vorteile von Technologien: Ein großer Teil dieser Gruppe ist damit einverstanden, ihre E-Mail-Adresse (57 Prozent vs. 37 Prozent der Gesamtbevölkerung) und ihre persönlichen Daten (35 Prozent vs. 27 Prozent) mit Drittorganisationen, wie beispielsweise Unternehmen, zu teilen, insbesondere wenn dies für den Kauf eines Produktes notwendig ist (52 Prozent vs. 35 Prozent der Gesamtbevölkerung). Der Grund für die Skepsis der Verbraucher scheint daher weniger eine generelle Ablehnung von Technologie und Digitalisierung zu sein, sondern vielmehr ein Mangel an Verständnis von KI-Systemen und deren Handhabung aufgrund fehlender Aufklärung.
Mehr Aufklärung notwendig
Die Sorgen über Künstliche Intelligenz und die potenziellen Auswirkungen auf die Gesellschaft mögen eine Angst vor Kontrollverlust sein. Und obwohl die Mehrheit der KI-Systeme hilfreiche Tools sind, wurden die Sorgen der Skeptiker in den letzten Jahren durch einzelne Vorfälle, wie die Voreingenommenheit gegenüber Minderheiten bei Face-ID-Systemen, Unfälle selbstfahrender Fahrzeugen oder die Auswirkungen von Deep Fakes (eine Technologie bei der Stimme/Gesicht einer Person perfekt nachgeahmt wird), noch bestätigt.
Hier könnten Aufklärung und Transparenz von Seiten der Unternehmen dazu beitragen, die Sorgen zu zerstreuen. Denn laut unserer Daten fühlen sich weltweit nur 10 Prozent der Befragten gut informiert über künstliche Intelligenz und ihre Möglichkeiten. Mit mehr Informationen bezüglich KI, Online-Sicherheit, Automation und technischer Entwicklungen wären Verbraucher besser in der Lage, nachzuvollziehen, wie diese Technologien in ihren Alltag und in ihr Leben passen und welche Vorteile KI-Systeme bringen. Dann könnten sie KI auch als das ansehen, was es ist: ein hilfreiches Werkzeug und ein Weg zu neuen technologischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten.
So erschienen in der WirtschaftsWoche Online.