Innovation in der E-Mobilität: Deutschlands Autobauer müssen aufholen

Philipp SchneiderHead of Marketing
Dezember 08, 2021, 8:34 vorm. GMT+0

Tesla ist die innovationsstärkste E-Automarke, auch in den Augen der Verbraucher. Einige der deutschen Autobauer nähern sich im Windschatten an, müssen die Verbraucher aber noch von ihrer Innovationskraft überzeugen.

Trotz Lieferengpässen und Corona-bedingten Einschränkungen wächst der Marktanteil von Elektrofahrzeugen unaufhaltsam. Fortlaufende Leistungssteigerungen, verbesserte Infrastrukturen und das klare Zukunftspotential sorgen für einen Anstieg der Verkaufszahlen weltweit. Doch welche Marken gehören zu den innovativen Vorreitern der Branche, und wie spiegelt sich Innovationskraft in der Wahrnehmung europäischer Verbraucher wider?

In Kooperation mit dem Center of Automotive Management (CAM) sind wir diesen und weiteren Fragen im aktuellen „Electric Car MARKET & INNOVATION Report 2021„ nachgegangen. Eines der Ergebnisse: Tesla ist nicht nur der real (objektiv) innovationsstärkste Elektro-Automobilhersteller, auch in den Augen der Verbraucher liegt die Marke in Sachen wahrgenommener Innovationskraft deutlich vor dem internationalen Wettbewerb. Auch wenn gerade die deutschen Autobauer Tesla auf den Fersen sind, besteht viel Aufholbedarf im Bereich Markenkommunikation und Positionierung im EV-Sektor.

Tesla dominiert das Innovations-Ranking

Teil der Studie ist ein Innovations-Ranking, welches 80 international aktive Automarken anhand eines ermittelten Innovations-Scores auflistet. Der Score basiert auf einer Auswertung der Serien-Innovationen im Technologiefeld der Elektromobilität (EV, bestehend aus BEV und PHEV), die nach systematischen Kriterien wie Reichweite, Verbrauch und Ladeleistung bewertet und in einem Indexwert (Innovationsstärke) zusammengefasst wurden. Diesem wird die von den Verbrauchern in fünf europäischen Ländern, Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien und UK, ermittelte wahrgenommene Innovationskraft gegenübergestellt.

Das Ergebnis ist eindeutig: Als einer der Pioniere der modernen E-Mobilität führt Tesla das anhand des Innovations-Scores ermittelte Ranking mit einem Wert von 178,3 deutlich an. Wenn auch mit Abstand dominieren allerdings die deutschen Autobauer die Top 10 der innovativsten E-Autobauer. Die Luxusmarken BMW, Audi, Mercedes und Porsche komplettieren die Top 5, wobei zwischen Tesla an der Spitze und Porsche auf Rang 5 108,9 Scorepunkte liegen. Komplettiert werden die Top 10 von VW, Hyundai, Renault, Ford und KIA. Während die traditionellen Autobauer zwar in großen Schritten den Umbau zu reinen Elektroflotten in Angriff nehmen und die Wandlungsprozesse meistern müssen, zeigt der Index-Score deutlich, dass Tesla von seinem Status als relativ junges, reines E-Autounternehmen profitiert.

Innovation = Perzeption

Der Vergleich mit der von den Verbrauchern in den untersuchten Ländern wahrgenommenen Innovationsstärke zeigt zudem eine weitere Stärke Teslas: die Kommunikation. Zwar hat Firmengründer Elon Musk eine Abneigung gegen traditionelles Marketing, doch ist er, und damit indirekt Tesla, fast omnipräsent in den Medien. Es vergeht kaum ein Tag, an dem es nicht eine Meldung rund um seine Person oder die von ihm geführten Unternehmen gibt.

Zwar sind Teslas Modelle nicht zwingendermaßen besser als die Modelle anderer Hersteller, aber u.a. die Prominenz der Marke bestärkt die Verbraucher, Tesla als innovationsstärkste E-Automarke wahrzunehmen. Gleichzeitig zeigt sich auch der kommunikative Nachholbedarf deutscher Autobauer: Auf Platz 2 und 3 liegen in der Wahrnehmung Toyota und Polestar, Unternehmen, die im Index-Ranking erst auf den Positionen 14 und 20 zu finden sind und sich durch gekonnte Markenkommunikation gut in den Köpfen der Verbraucher positionieren. Erst auf Platz 4 erscheint der erste deutsche Autohersteller (BMW), gefolgt von VW (Platz 5), Mercedes (Platz 6) und Audi (Platz 8). Auch wenn Index-Platzierung und Verbraucherwahrnehmung bei einigen Marken deutlich auseinander gehen, besteht insgesamt eine deutliche Korrelation zwischen der im Index gemessenen und der von den Verbrauchern wahrgenommenen Innovationsstärke. Je innovativer die Marken sind, desto innovativer werden diese folglich auch wahrgenommen.

Aufholbedarf bei deutschen Autobauern

Deutsche Autobauer haben lange gezögert, ihren Fokus auf E-Autos zu legen und konzentrierten sich stattdessen auf Hybrid-Technologie. Diese Zögerlichkeit gepaart mit den Herausforderungen eines Umbaus der vorhandenen Strukturen und Flotten wird dazu beigetragen haben, dass deutsche Autohersteller in den Augen der Konsumenten nicht zu den Vorreitern im Bereich E-Mobilität gehören. Trotz der Schwächen von Tesla scheinen die Verbraucher nur langsam Innovations-Alternativen zur Marke wahrzunehmen.

Zwar gehören gerade die deutschen Autobauer zu den „Fast Followern“ und die Aufholjagd ist in vollem Gange, doch gibt es für die Marken noch viel zu tun in Bezug auf Innovation, Kommunikation, Platzierung und Public-Image, um dem Mitbewerber aus den USA den Rang abzulaufen.

So erschienen in der WirtschaftsWoche Online.

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