Der beste Preis spielt bei der Wahl des Autohändlers für Deutsche nur eine untergeordnete Rolle, während Besichtigungen und Probefahrten eher den Ausschlag geben.
Ein Autokauf, egal ob Neu- oder Gebrauchtwagen, ist für viele Verbraucher und Verbraucherinnen eine aufwendige und kostspielige Entscheidung, die Recherche und Zeit erfordert. Doch was genau sind für potenzielle Autokäufer die ausschlaggebenden Faktoren bei deren Kaufentscheidung? Unser gerade erschienener Report „The road ahead for future car buying“ untersucht die Einstellungen und das Verhalten von Verbrauchern in 18 Märkten weltweit vor dem Autokauf. Mithilfe des Zielgruppen-Segmentierungs-Tools YouGov Global Automotive Profiles werfen wir einen genaueren Blick auf die Kaufgewohnheiten und Präferenzen der deutschen Verbraucher. Die Daten zeigen, das im Gegensatz zur Mehrheit der untersuchten Märkte, der Preis für Deutsche beim Autokauf nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Testfahrten sind wichtiger als niedrige Preise
Der beste Preis ist im internationalen Vergleich für die Mehrheit der Verbraucher, die sich ein neues oder ein gebrauchtes Auto zulegen wollen, der ausschlaggebende Faktor beim Autokauf. Insbesondere in den USA und Kanada sehen die Befragten den Preis als oberste Priorität bei der Wahl des Händlers an. Im Vergleich dazu sieht nur die Hälfte der deutschen potenziellen Autokäufer den Preis als wichtigstes Element in der Entscheidungsfindung. Nahezu sechs von zehn Deutschen geben an, dass die Möglichkeit von Besichtigungen und Probefahrten bei der Wahl eines Autohändlers Priorität haben. Diese Meinung teilen Verbraucher in Dänemark, Schweden, Hong Kong und Polen, in allen anderen untersuchten Märkten steht der Preis an vorderster Stelle.
Die Präferenz für persönliche Interaktion mit dem möglichen Neu- oder Gebrauchtwagen spiegelt sich auch in der Vorliebe der Deutschen für Autohändler vor Ort wider. Für den nächsten Autokauf zieht die Mehrheit der potenziellen Autokäufer statt Online-Verkaufsplattformen ein Autohaus vor Ort in Betracht. Nur etwa ein Fünftel der Autokäufer zieht für einen möglichen Kauf einen Autohersteller in Betracht, der sowohl online als auch in Geschäften verkauft, und circa ein Viertel würde einen Kauf direkt vom Vorbesitzer erwägen.
Wenig Vertrauen in Online-Verkäufer
Online-Händler und -Verkaufsplattformen haben auf dem deutschen Automarkt seitens der Verbraucher mit Misstrauen zu kämpfen: Mehr als vier von zehn Deutschen, die planen ein Auto zu kaufen, geben an, dass sie Online-Händlern und -Autoherstellern nicht vertrauen. Zudem sind 43 Prozent der Meinung, dass sie nicht genug Informationen über Online-Services und -Anbieter/Verkäufer haben. Informationskampagnen und Transparenz von Seiten der Online-Händler würden dazu beitragen das Misstrauen der Verbraucher zu zerstreuen und Vertrauen aufzubauen. Der Blick in unsere Daten zeigt allerdings, dass die Präferenz der Deutschen für Offline-Käufe bei weitem nicht für alle Bereiche gilt: Zwar würden jeweils mehr als die Hälfte der Deutschen Lebensmittel und Autos lieber in Geschäften als online kaufen, bei fast allen anderen Warengruppen ist die Offenheit für den Online-Kauf jedoch höher.
Trotz eindeutiger Präferenz für Autohändler vor Ort können einige Verkaufsplattformen die potenziellen Autokäufer dennoch überzeugen. Unter den Webseiten, die Neu- und Gebrauchtwagen anbieten, wird AutoScout24 am häufigsten für die Suche nach einem neuen Auto genutzt, ebenfalls beliebt ist Mobile.de. Diese Online-Verkaufsplattformen hinterlassen zudem bei mehr als einem Viertel der potenziellen Autokäufer einen positiven Eindruck und rund ein Fünftel zieht die Webseiten für einen Autokauf in Betracht. Beide Verkaufsplattformen bieten ihren Kunden eine Kombination aus Online-Angeboten und -Services an, in Zusammenarbeit mit Händlern vor Ort. Somit können sie sowohl digital affine Verbraucher ansprechen als auch jene, die nach wie eher Autohändler vor Ort erwägen.
GenZ bevorzugt digitale Alternativen
Durch die Pandemie ist die Akzeptanz für Online-Käufe in den letzten Jahren gestiegen. Ein Blick auf die Altersgruppen zeigt, dass jüngere Verbraucher eher bereit sind, digitale Alternativen zu traditionellen Autohändlern zu nutzen. Die mittlerweile weithin nutzbaren digitalen Konfiguratoren der Automobilhersteller und Plattformen bieten hier eine gute Ausgangsbasis. Wie Automarken erfolgreich den Spagat zwischen digitalem Verkauf und dem Bedürfnis, die Autos physisch zu erleben, meistern können, zeigte die Volvo-Tochtermarke Polestar eindrucksvoll auf der diesjährigen Digital Marketing Exposition & Conference (dmexco) Mitte September in Köln. Deutsche Verbraucher haben, im internationalen Vergleich, eine eher konservative Haltung gegenüber digitalen Lösungen, daher ist das traditionelle Autohaus hierzulande aktuell noch kein Auslaufmodell. Allerdings haben es die Anbieter zu einem gewissen Maße in der Hand, die Verbraucher hier über Information und eine attraktive Journey zu lenken. Ein weiterer Faktor, den es vor dem Hintergrund steigender Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen gilt, ist die Relevanz des Preises. Auch wenn der Preis gegenwärtig hierzulande für eine Mehrheit der am Autokauf Interessierten nicht das wichtigste Kriterium ist, kann dieser Aspekt mit einer Verschlechterung der persönlichen ökonomischen Lage aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation an Relevanz gewinnen.
So erschienen in der WirtschaftsWoche