Die neuen Werbelieblinge von YouGov und Spikes
Welche Werbung begeistert die Deutschen? Auch in den letzten drei Monaten fanden YouGov und die Beratung für Begeisterung Spikes wieder eine Antwort von mehr als 13.000 Befragten. Mehr als 2 von fünf Deutschen (44 Prozent) sagen, dass Werbung sie in den letzten Drei Monaten, Juni bis August 2024, begeistert hat. Im direkten Vergleich zum vorherigen Beobachtungszeitraum März bis Mai handelt es sich um einen Rückgang um 2,2 Prozentpunkte. Gleichzeitig zeigen die Daten nur für August, passend zur Urlaubssaison, einen klaren Aufwärtstrend: Knapp die Hälfte der Befragten (49,8 Prozent) gab im August an, von Werbung begeistert gewesen zu sein. Die Analyse der Studiendaten gibt Aufschluss darüber, was begeisternde Werbung ausmacht.
Werbeglitzerwelt vs. normaler Alltag?
Werbung spielte den Menschen lange eine scheinbar heile Wunschwelt vor, in der beispielsweise die perfekte Hausfrau die perfekten Kinder hatte oder die perfekte Business-Frau aus dem Jet steigt, und: die Frisur sitzt; in der immer schickere Autos, immer malerischere Serpentinen entlangfuhren; und in der der perfekte Sportler mit perfektem Körper jeden Schmerz heroisch überwanden.
Lange Zeit ließ Werbung uns also vor allem fühlen, dass unser Leben nie gut genug ist im Vergleich zur glitzernden Werbe-Wunschwelt.
Diese Motive wirken nicht mehr. Im Sommer 2024 ist die Werbescheinwelt-Blase endgültig geplatzt. Menschlichkeit triumphiert. Werbung begeistert, wenn sie uns nicht ein unerreichbares Zielbild vorhält, sondern Freude am und im Hier und Jetzt. Einfach machen, mit allem Drunter und Drüber, mitten rein ins Leben.
„Das Leben erzählt die am wenigsten erwarteten, spannenderen und natürlich lustigeren Geschichten – und macht Werbung damit um ein Vielfaches nahbarer und unterhaltsamer. Das haben die besten Marken erkannt.“, sagt Gordon Euchler, Gründer von Spikes.
In den EM-Monaten passierte das natürlich auch mit ganz viel Sport.
Sport! Ganz ohne Blut, Schweiß und Tränen
Adidas, aktuell auf Platz zwei der Lieblingswerbung, weist den Weg. Der große Sportartikelhersteller hat zur Fußball-EM einen Fußballfilm mit vielen Stars, von Bellingham, über Beckham und Messi bis Wirtz, veröffentlicht, untermalt von dem Queen-Song “Under Pressure“. Aber statt Druck aufzubauen, nehmen sie den Druck raus, machen die großen Challenges klein, fokussieren auf den nächsten Schritt mit der Botschaft: “You got this – Du machst das schon“. So weckt Adidas bei den Menschen sowohl das Gefühl, Teil eines großen Ganzen zu sein (23,5 Prozent), als auch das Gefühl von Stärke (11,4 Prozent).
Mit VW ist schließlich das erste Mal seit über einem Jahr eine Automarke in der Top 10 – und zwar mit Humor (47,4 Prozent) sowie dem Bedürfnis, darüber mit Freunden und Familie zu reden (48,7 Prozent). VW tut dies nämlich nicht mit Serpentinen, die das Auto strahlen lassen, sondern mit den beliebten Minions, die immer weiter, immer anders, immer länger GOAL! schreien und dabei für Chaos sorgen. Auch hier kein Zeichen von heiler Werbewelt.
Nicht ganz so laut wie VWs Minions tritt auch Lidl als Europameisterschafts-Sponsor auf. Und zwar nicht mit den großen Helden auf dem Platz, sondern mit Familie und, ganz groß, den Einlaufkindern – “We’re on your team“. Und deshalb auch besonders stark im Gefühl von Freundschaft (13,2 Prozent).
Philipp Schneider, Head of Marketing DACH von YouGov, sagt: „Die EM ist Teamsport. Nicht nur auf dem Platz, weit darüber hinaus. Angefangen mit den Einlaufkindern, die dieses Erlebnis nie vergessen werden und uns alle mit dem EM-Traum anzünden. Egal ob für 2024 oder 2028 – so ist die EM viel mehr als ein Fußballturnier, nämlich der größte Teamsport Europas.“
Statt perfektem Glitzer ist begeisternde Werbung voller Traktoren, Zimmerpflanzen und Katzen.
Aber auch jenseits der Fußball-EM hat die Glitzerwelt ausgedient. Dafür gibt es bei der Deutschen Telekom Fell und Tatzen: Kater Peter spielt mit dem Smartphone – denn mit jedem Familienmitglied wird der T-Tarif günstiger. Seit August ist der Clip veröffentlicht und direkt aufgefallen: Darüber reden die Menschen mit Freunden und Familie (30,2 Prozent). Allein im Monat August wäre die Telekom damit auf Platz 4. So ergänzt Maik Hofmann, Gründer von Spikes: „Katzen im Internet? Unwiderstehlich! Und genauso finden Katzen auch das Internet. Dafür lohnt sich wenig mehr als unsere Familientarife.“
EDEKA bewirbt ausgewählte Produkte: nicht Kaviar und Lachs von weither, sondern von nebenan. Und so fährt eben der Traktor in den Einkaufstempel – phänomenal regional. Damit weckt Edeka bei den Menschen das Gefühl, dass sich EDEKA um sie kümmert (24,0 Prozent).
Und bei Amazon dreht sich alles um eine Frau, die gerade in eine triste Wohnung im Betonhochhaus einzieht. Aber nicht schicke Möbel, Accessoires und Designerlampen machen die Wohnung wundervoll, sondern ein wahrer Dschungel von Pflanzen. Diese Überraschung empfinden die Menschen als mitreißendes Storytelling (25,0 Prozent).
Der große Purpose – in Kinderstimmen
Aber ist das Ende der großen Werbewelt auch das Ende von Purpose und Co.? Nicht ganz. Haribo begeistert mit der großen Sinnfrage: Warum lächeln Goldbären eigentlich? Und beantwortet sie gewohnt in Kinderstimmen. Und das bringt wieder einmal Platz 1 bei den Werbelieblingen und Bestwerte bei Humor (89,7 Prozent).
Über die Studie
Die Ergebnisse des Werbelieblinge-Rankings basieren auf Online-Interviews zu den Excitement Points®, die YouGov quartalsweise repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren auf Basis von YouGov Surveys durchgeführt hat. Monatlich werden 4.000 Verbraucherinnen und Verbraucher befragt, ob ihnen in den vergangenen Wochen eine Werbung aufgefallen ist, die ihnen sehr gut gefallen hat – also eine Lieblingswerbung, die sie nicht so schnell vergessen werden. Kann also die befragte Person eine Werbung benennen, beschreibt sie zunächst, um welche Marke und welches Produkt es geht und was in der Werbung passiert. Anschließend bewerten die Befragten, ob verschiedene Aussagen auf die genannte Werbung zutreffen, zum Beispiel „Die Werbung zeigt die Ideale des Unternehmens“ und „Die Werbung ist lustig“.
Diese Aussagen bilden die acht Kreativdimensionen des Kreativindexes ab: „Purpose, Storytelling, Humor, überraschend, beruhigend, löst Freude aus, neu und ungesehen, sorgt für Gesprächsstoff.“ Sie sind ein Indikator dafür, warum die Werbung den Befragten positiv aufgefallen ist. Aus der Gesamtzahl der Nennungen, der Höhe der Kreativindikatoren und dem emotionalen Score einer Kampagne ergibt sich das Ranking.