Seit Mitte August wirbt die Deutsche Telekom verstärkt um die Generation Z. Dabei helfen soll Billie Eilish. Die fünffache Grammy-Preisträgerin macht sich in der neuen Kampagne des Bonner Konzerns für digitalen Optimismus stark. Bei den Zuschauern kommt der von Saatchi & Saatchi in London kreierte TV-Spot gut an, wie der exklusiv für HORIZONT erstellte Yougov Werbecheck zeigt.
Den offiziellen TV-Spot können Sie sich auf YouTube ansehen
Pünktlich zum Internationalen Jugendtag der UN am 12. August hat die Deutsche Telekom ihre neue Kampagne „What we do next“ gelauncht. In der Kampagne feiert der Telekommunikations-Riese die „Generation-Z“ und startet dafür ein richtiges Feuerwerk. Im Spot zu sehen ist nämlich niemand Geringeres als Superstar Billie Eilish. Für die Kampagne schaffte es die Telekom neben der fünffachen Grammy-Preisträgerin außerdem gleich sechs bekannte jugendliche Aktivistinnen und Aktivisten wie beispielsweise die niederländische UN-Jugendbotschafterin Jahkini Bisselink zu gewinnen. Ein Erfolgsgarant? Wie der prominent besetzte Spot tatsächlich bei den Deutschen ankommt, haben wir für Sie im YouGov Reel Werbecheck getestet.
Wir swipen von Szene zu Szene
In dem neuen Spot der Telekom geht es bunt zu. Wir starten mit tippenden und swipenden Kids, die in die Bildschirme ihrer Handys starren, fliegen dann über eine Klimademo, befinden uns kurz in einer Straßenbahn bevor wir in einer pulsierenden Disko landen. Der Aufbau erinnert an die Realität in vielen Social Media-Feeds: Wir swipen uns von Szene zu Szene, von Posting zu Posting. Nirgendwo verweilen wir länger als ein paar Sekunden. In jedem Frame neue Gesichter, eine andere Umgebung, viele Emotionen. Immer wieder werden wir über die Bildschirme der Jugendlichen im Spot mit in die nächste Sequenz gezogen, auch das eine Parallele zur Social Media Welt – wir entfliehen unserer Realität und landen (vermeintlich) in einer anderen.
Spätestens wenn man dann auch noch über die hochkarätige aber junge Besetzung nachdenkt, sollte die Zielgruppe der neuen Kampagne, konzipiert von Saatchi & Saatchi aus London, wohl allen klar sein: Diejenigen, die sich in der digitalen Welt mittlerweile am stärksten zuhause fühlen, Gen-Z. Nicht umsonst hat die Telekom auf den 18-jährigen Superstar Billie Eilish mitsamt ihrer Millionen-starken Reichweite gesetzt. Wir begegnen der Sängerin am Anfang und Ende des Spots und lassen uns von ihrer Stimme durch die Szenen führen. Von ihr stammt im Übrigen auch die Musik des Spots „When the party‘s over“.
Passend dazu läuft der Spot hauptsächlich auf den gängigen Social Media Plattformen Instagram, YouTube, Facebook, Snapchat und Twitter, wo er natürlich vor allem junge Leute erreicht. So geben auch 28 Prozent aus der jüngsten Altersgruppe bis 29 Jahre an, den Spot schon mindestens einmal gesehen zu haben, während in der mittleren und ältesten Altersgruppe nur jeweils 11 Prozent den Spot bereits kennen.
Altersgruppen empfinden den Spot stark unterschiedlich
Unsere Daten zeigen, dass die Telekom ihr Ziel, die jüngere Zielgruppe anzusprechen, erreicht: Zwar verläuft die Reel-Bewertungskurve mit einem durchschnittlichen Reel-Score von 51 auf den ersten Blick sehr flach und nur knapp über der neutralen Mittellinie von 50. Schaut man sich aber die Bewertung der Befragten bis 29 Jahre separat an, erzielt der Spot einen sehr guten Durchschnitts-Score von 59. Auch sonst lässt sich ein deutlicher Unterschied zwischen den Altersgruppen feststellen: Zwar geben über alle Altersgruppen hinweg lediglich 23 Prozent an, dass ihnen der Spot gut oder ausgezeichnet gefällt. Schaut man allerdings auf die jüngste Altersgruppe, geben 46 Prozent diese Einschätzung ab. Insgesamt bewerten die Jüngeren den Spot im Vergleich zu den Altersgruppen der 30- bis 49-Jährigen und den über-50-Jährigen als deutlich sympathischer (76 Prozent vs. 64/44 Prozent), angenehmer (81 Prozent vs. 55/45 Prozent) und stärker (75 Prozent vs. 61/43 Prozent). Bei den Jüngeren schlägt der Spot also voll ein, die älteren Befragten ab 50 Jahren finden ihn dagegen besonders unglaubwürdig (54 Prozent) und uninteressant (54 Prozent).
Auch wenn der Spot in der Zielgruppe funktioniert, muss er beim Blick auf die Gesamtheit einige Hürden überwinden. Etwa die Sprachbarriere. Die Amerikanerin Billie Eilish führt uns in ihrer Muttersprache Englisch durch den Spot. Zwar werden Untertitel eingeblendet, aber gerade in der Kombination mit den schnell wechselnden Bildern und den vielen verschiedenen Szenen reicht das nicht aus und kostet gute Bewertungen. Die offenen Nennungen spiegeln das Missfallen für die fehlende Synchronisation wider: Die englische Sprache und die Untertitel werden häufig negativ genannt. Das kann auch vom Umstand, dass die Stimme der Sängerin oftmals als ruhig und sympathisch hervorgehoben wird, nicht wettgemacht werden.
Daneben werden auch der unruhige Aufbau und die Hektik der Bilder kritisiert. So bewertet dann auch die älteste Altersgruppe sämtliche Gestaltungsmerkmale von den Farben über die Musik, Darstellerinnen und Darsteller, Schauplätze, Umsetzung bis zur Handlung signifikant schlechter als die jüngste und mittlere Altersgruppe. Hieran zeigt sich, dass die eher schwache Gesamtbewertung des Spots auf die Älteren zurückzuführen ist: Die kann der Spot nämlich insgesamt nicht überzeugen – soll er mit seiner Zielsetzung aber ja auch gar nicht.
Digitale Werkzeuge um die Welt zu verbessern
Inhaltlich nimmt sich die Kampagne der Telekom bewusst Vorurteile, mit denen sich die Jugend oft durch Ältere konfrontiert sieht, wie etwa das ständige online-sein oder das „nicht in der echten Welt leben“, vor. Damit sollen vor allem junge Menschen darin bestärkt werden, mithilfe von vernetzten Technologien Veränderung zu bewirken. Die jungen Aktivistinnen und Aktivisten im Spot stehen als Vorbilder dafür, dass sich mit dem digitalen Werkzeugkoffer Social Media nicht nur Zeit totschlagen, sondern im Gegenteil auch die Welt verbessern lässt. Und das in allen möglichen Bereichen – Menschenrechte, Klimaschutz, Nachhaltigkeit. Bei der Frage, ob der Spot tatsächlich dabei hilft, Vorurteile gegen die junge Generation abzubauen, sind sich die Befragten insgesamt nicht einig – jeweils genau die Hälfte stimmt hier zu, beziehungsweise lehnt dies ab. Zwei Drittel der Befragten finden allerdings schon, dass der Spot zeigt, dass die junge Generation Technologie dafür nutzt, um Positives für die Gesellschaft zu bewirken.
Für die Zielgruppe perfekt
Vorurteilen entgegenwirken konnte der Spot also nur bedingt – aber das war wahrscheinlich auch gar nicht das Hauptziel des Spots. Bekanntlich geht es gerade in der Werbung oft darum, für Aufsehen und Gesprächsstoff zu sorgen. Ein gutes Mittel dieses Ziel zu erreichen, ist zu polarisieren. Und das hat die Telekom auf jeden Fall geschafft und ist damit in der anvisierten Zielgruppe sogar sehr gut gefahren. Jeweils ein Fünftel der Befragten aus der jungen (20 Prozent) und mittleren Altersgruppe (19 Prozent) gibt an, dass der Spot ihr Bild der Marke verbessert hat – im Vergleich dazu hat der Spot in der ältesten Altersgruppe das Bild der Marke bei einem Fünftel (19 Prozent) verschlechtert.
Die Telekom hat das dem Spot gesteckte Ziel also mit fliegenden Fahnen erreicht: Die junge Generation fühlt sich angesprochen. Die Kombination aus Vorbildern im eigenen Alter, ansprechendem Aufbau, digitalem Optimismus und der recht klaren Abgrenzung zu den älteren Generationen hat für die Zielgruppe perfekt funktioniert. Auch die Zahl jener in der Zielgruppe der Jüngeren, die angeben, den Spot schon zu kennen, deutet auf einen sehr gut gewählten Media-Mix hin. Unterm Strich also alles richtiggemacht.
Methode
Die Analyse der Werbespots findet mit der YouGov Reel Echtzeitbewertung statt. Ausgewählte Befragte bewerten hierbei den Werbespot kontinuierlich, indem sie stufenlose Mausbewegungen nach rechts (positiv) oder nach links (negativ) ausführen. Am Ende steht so für jede Sekunde eines Werbeclips (oder Trailers, Imagefilms, Hörfunkspots etc.) ein Reel-Score zwischen 0 (negativ) und 100 (positiv), der anzeigt, ob der Zuschauer bei der betrachteten Szene eher positive oder negative Assoziationen entwickelt. So können Stärken und Schwächen genau dargestellt werden. Zudem werden alle Umfrageteilnehmer nach dem Spot zu weiteren Werbewirkungsdimensionen befragt. Anhand eines Referenz-Benchmarks lässt sich die Wirkung des Werbeclips mit den Durchschnittswerten anderer Spots vergleichen. Für den Spot-Test wurde vom 17. bis 19. August 2020 eine bevölkerungsrepräsentative Stichprobe von 448 Personen aus dem YouGov-Panel Deutschland befragt. Der Spot der Telekom wurde im Umfeld mit Werbespots für Toffifee, Milram, Mercedes-Benz und Weleda getestet.
So erschienen auf Horizont Online.
Foto: Jordan Strauss/Invision/AP/dpa