Analyse zur Abstimmungsumfrage von YouGov Schweiz nach Schweizer Volksabstimmung „Umweltverantwortungsinitiative“

YouGov
Februar 11, 2025, 10:18 vorm. GMT+0

Vorgestern, am Sonntag, 9. Februar 2025, wurde in der Schweiz über die Volksinitiative „Für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen (Umweltverantwortungsinitiative)“ abgestimmt. Die Schweizer Bevölkerung hat hierbei gegen die Initiative gestimmt: 69.75 Prozent der stimmberechtigten Schweizerinnen und Schweizer haben die Initiative laut vorläufigem amtlichen Endergebnis abgelehnt, 30.25 Prozent haben ihr zugestimmt. Somit wurden sowohl die Mindestzustimmung von 50 Prozent in der Bevölkerung als auch das Ständemehr deutlich verfehlt, was beides für die Annahme der Initiative nötig gewesen wäre. Schon im Bundesrat und im Parlament wurde zuvor mit grossen Mehrheiten gegen die Initiative gestimmt.

Zustimmung für „Umweltverantwortungsinitiative“ sank laut Umfragedaten von YouGov Schweiz in den letzten 10 Tagen vor der Abstimmung weiter ab

Die von YouGov Schweiz im Vorfeld der Abstimmung durchgeführte Umfrage zeigt, dass die Zustimmung zur Initiative in den letzten 10 Tagen vor der Abstimmung weiter zurückging – einem Zeitraum, in dem eine Publikationssperre für Umfragedaten zur jeweiligen Abstimmung gilt.

Laut den Ergebnissen aus dem Umfragezeitraum vom 28. Januar bis 7. Februar, also nach der Veröffentlichung des ersten YouGov-Meinungstrends zur Abstimmung am 29. Januar, lag der Ja-Anteil unter allen Befragten bei 33.5 Prozent. Dies entspricht einem Rückgang von fast fünf Prozentpunkten im Vergleich zum vorhergehenden Umfragezeitraum vom 20. bis 28. Januar (bis 8 Uhr).

Betrachtet man in den ungewichteten Rohdaten nur die Antworten jener Befragten, die angaben, «sehr sicher» abstimmen zu wollen, wird der Rückgang der Zustimmung noch deutlicher. Während zwischen Beginn der Umfrage und dem 20. Januar noch 42.0 Prozent dieser Gruppe mit «Ja oder eher Ja» stimmen wollten, sank der Anteil im Zeitraum vom 20. bis 28. Januar (bis 8 Uhr) auf 38.3 Prozent. In der Schlussphase zwischen dem 28. Januar (ab 8 Uhr) und dem 7. Februar lag die Zustimmung zur «Umweltverantwortungsinitiative» unter jenen, die sicher abstimmen möchten nur noch bei 31.1 Prozent – ein Wert, der dem vorläufigen amtlichen Endergebnis der Abstimmung bereits sehr nahekommt.

Aus diesen Umfrageergebnissen lassen sich daher mehrere Schlüsse zum Verlauf der Abstimmung über die «Umweltverantwortungsinitiative» ziehen. Einerseits zeigen sie – wie bei vielen anderen Abstimmungen auch – wie sich das dynamische Stimmungsbild im Vorfeld einer Abstimmung über die Zeit ändern kann. Der bereits im Januar zu beobachtende Trend sinkender Zustimmungswerte scheint sich auch in den letzten 10 Tagen vor der Abstimmung weiter verstärkt zu haben. Andererseits ist es auch möglich, dass die sich frühzeitig abzeichnende klare Ablehnung der Initiative dazu geführt haben könnte, dass potenzielle Befürworterinnen und Befürworter der Initiative ihre individuelle Stimme als nicht länger ausschlaggebend für den Erfolg oder Misserfolg der Initiative wahrnahmen und daher der Abstimmung fernblieben. Neben der Tatsache, dass am vergangenen Wochenende auf nationaler Ebene nur über eine Vorlage abgestimmt wurde – was typischerweise für tiefere Stimmbeteiligungen sorgt – könnte dies ein weiterer Faktor sein, der zur unterdurchschnittlichen Beteiligung von rund 38 Prozent beigetragen hat.

Rohdatenqualität als Grundlage für transparente und präzise Modellierungen

Mit der erstmaligen Veröffentlichung von Rohdaten zur Abstimmungsabsicht bei einer eidgenössischen Abstimmung möchte YouGov Schweiz einen Beitrag zur grösseren Transparenz in der Meinungsforschung leisten. Neben den inhaltlichen Erkenntnissen, die diese Daten der Öffentlichkeit bieten, entsteht auch ein neuer Vergleichswert, der es ermöglicht, verschiedene Umfrageansätze und deren Ergebnisse besser einzuordnen.

Bei den veröffentlichten Daten handelt es sich um ungewichtete Rohdaten, die ohne nachträgliche Anpassungen präsentiert werden. Während Gewichtungen in Markt-, Meinungs- und Wahlabsichts-Befragungen oft genutzt werden, um Verzerrungen durch Über- oder Unterrepräsentationen auszugleichen, haben wir bewusst darauf verzichtet. Wir möchten die grundsätzliche Datengrundlage für unsere zukünftige Modellierung offenlegen und deren Entstehung transparent machen.

Auch im Vorfeld der letzten drei Abstimmungswochenenden im Jahr 2024 hatte YouGov testweise bereits Umfragen durchgeführt. Vergleicht man die Ergebnisse dieser Rohdaten mit den offiziellen Abstimmungsergebnissen sowie den gewichteten und modellierten Umfrageergebnissen anderer seriöser Abstimmungsumfragen, wird deutlich, dass die Genauigkeit der Ergebnisse über Abstimmungen und Studien hinweg schwankt. Auch die ungewichteten Rohdaten von YouGov Schweiz, die jeweils bis 10 Tage vor einer Abstimmung erhoben wurden, weisen je nach Abstimmung eine unterschiedliche Genauigkeit auf.

Für die Zukunft plant YouGov daher, regelmässig Abstimmungsumfragen in der Schweiz durchzuführen und zu veröffentlichen. Dabei sollen in einem nächsten Schritt auch Modellierungsverfahren mit Poststratifikation angewendet werden, um die Präzision der Ergebnisse noch weiter zu schärfen. Mit solchen Verfahren können beispielsweise Schätzungen angestellt werden, die berücksichtigen, wie wahrscheinlich es ist, dass eine befragte Person am Ende tatsächlich an der Abstimmung teilnimmt.

Erhebungsmethode:

Diese Abstimmungsumfrage wurde von YouGov Schweiz AG (ehemals LINK Marketing Services AG) als Eigenstudie durchgeführt. Die Daten dieser Befragung basieren auf Online-Interviews mit Mitgliedern des unternehmenseigenen Schweizer YouGov Panels. Die Mitglieder des Panels sind aktiv rekrutiert und haben der Teilnahme an Online-Interviews zugestimmt. Für diese Befragung wurden im Zeitraum 9. Januar bis 7. Februar 2025 insgesamt 4’372 Personen in einer repräsentativen Stichprobe, quotiert nach Alter, Geschlecht und Sprachregion, befragt. Die Stichprobe bildet die Grundgesamtheit der stimmberechtigten Bevölkerung der Schweiz ab 18 Jahren hinsichtlich dieser Quotenmerkmale ab. Die abgebildeten Daten entsprechen den Rohdaten, es wurde keine nachträgliche Gewichtung vorgenommen. Der Stichprobenfehler liegt bei ±1,48%, die Irrtumswahrscheinlichkeit bei 5%.

Foto: Peter Klaunzer/KEYSTONE/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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