YouGov Sonntagsfrage: Wahlabsicht für Union bleibt trotz Migrationsdebatte stabil – Demokratie große Verliererin der letzten Woche

Lea KönigshofenSenior Research Executive
Februar 05, 2025, 5:00 vorm. GMT+0

Zur Wahlabsicht in der fünften Kalenderwoche des Jahres 2025, über die Unzufriedenheit mit der Demokratie und über die Migrationspolitik

In der ersten Messung der YouGov-Sonntagsfrage im Februar 2025 und damit unmittelbar nach der Debatte zur Migrationspolitik im Bundestag bleibt die Union mit 29 Prozent stärkste Kraft. Im Vergleich zur Vorwoche bleibt das Ergebnis der CDU/CSU trotz des viel diskutierten Vorstoßes von Friedrich Merz zur gemeinsamen Abstimmung mit der AfD im Bundestag stabil. Zweitstärkste Kraft ist weiterhin die AfD, auch wenn die Partei im Vergleich zur Vorwoche einen Prozentpunkt einbüßt und bei 22 Prozent landet.

Die SPD würde derzeit von 18 Prozent der Wahlberechtigten gewählt. Der Zugewinn von drei Prozentpunkten gegenüber der Vorwoche nach den Debatten und Abstimmungen im Bundestag deutet darauf hin, dass Wählerinnen und Wähler in den Sozialdemokraten das Gegengewicht zur neuen Strategie von CDU/CSU sehen.

Bündnis 90/Die Grünen landen in dieser Woche bei 12 Prozent, im Vergleich zur Vorwoche also ein Verlust von einem Prozentpunkt. Seit dem 22. Januar 2025 haben die Grünen damit drei Prozentpunkte und damit an Momentum verloren. Obwohl Grüne und SPD in den letzten Tagen häufig in einem Atemzug genannt wurden, könnte das innerhalb der Union entworfene Feindbild der Grünen und die grundsätzlich liberalere Einstellung der Partei zum Thema Migration dazu führen, dass derzeit hauptsächlich die SPD von den aktuellen Entwicklungen profitiert.

Der positive Trend der Linken verfestigt sich weiter. Nachdem Die Linke in der Vorwoche erstmals seit Januar 2024 wieder bei 5 Prozent landete, erreicht sie diese Woche 6 Prozent. Beim Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und bei der FDP gibt es dagegen wenig langfristige Bewegung: Das BSW bleibt unverändert bei 6 Prozent. 4 Prozent der Wahlberechtigten würden derzeit die FDP wählen. Das ist zwar ein Prozentpunkt Zugewinn, dennoch bleiben die Freien Demokraten damit die vierte Woche in Folge unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Das ist das Ergebnis der aktuellen YouGov-Sonntagsfrage, für die 2.181 Personen unter 2.503 wahlberechtigten Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmern ihre Wahlabsicht abgegeben haben. Die Wahlabsicht gehört laut DSGVO zu den sensiblen personenbezogenen Daten und darf daher in YouGov-Umfragen übersprungen werden. Die Befragung fand zwischen dem 31.01. und 04.02.2025 statt.

Unzufriedenheit mit Demokratie steigt, Vertrauensverlust in die Politik nach Ereignissen der letzten Tage

Verloren hat letzte Woche aus Sicht von Wählerinnen und Wählern die Demokratie. Die Unzufriedenheit mit der Demokratie in Deutschland ist seit Anfang Januar gewachsen. Derzeit gibt die Hälfte der Wahlberechtigten (50 Prozent) an, mit der Demokratie in Deutschland (eher) unzufrieden zu sein. Seit Anfang des Jahres ist dieser Wert damit um 7 Prozentpunkte angestiegen (Vergleich Befragung vom 10.01.-14.01.2025: 43 Prozent (eher) unzufrieden).

Zudem geben 43 Prozent der Befragten an, durch die politischen Ereignisse der letzten Woche, insbesondere durch die Abstimmungen im Bundestag, an Vertrauen in die Politik verloren zu haben. Dies ist unter Wählerinnen und Wählern der SPD (46 Prozent) und Grünen (59 Prozent) zwar deutlich ausgeprägter, aber auch unter Wählerinnen und Wählern der Union zu beobachten (29 Prozent). Unter Personen, die angeben, für die AfD stimmen zu wollen, geben 48 Prozent an, durch die Ereignisse Vertrauen verloren zu haben.

Drei Viertel der Wahlberechtigten in Deutschland (76 Prozent) finden zudem (eher), dass sich die Parteien des demokratischen Spektrums weiter voneinander entfernt haben. 57 Prozent finden, dass Deutschland weiter nach rechts gerückt ist, und 67 Prozent finden, dass die eigentlichen Probleme des Landes durch die Ereignisse in den Hintergrund gerückt sind. Vier von fünf Wahlberechtigten (80 Prozent) glauben, dass es für die Parteien nach den aktuellen Entwicklungen schwieriger werden wird, nach der Wahl in drei Wochen eine Regierung zu bilden.

Wählerinnen und Wähler sind bei der Frage zur Zusammenarbeit mit der AfD gespalten

Welchen Preis die Parteien zu zahlen bereit sind, um die eigenen inhaltlichen Präferenzen umzusetzen, war in der letzten Woche das Hauptthema der Debatten und Ereignisse im Bundestag. Die Wählerinnen und Wähler in Deutschland sind gespalten: Knapp die Hälfte der Wahlberechtigten (51 Prozent) findet es wichtiger, dass eine Koalition ohne Beteiligung der AfD gebildet wird, auch wenn dann möglicherweise eigene inhaltliche Interessen in Bezug auf die Migrationspolitik nicht umgesetzt werden. Dem gegenüber stehen 20 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland, die eine Koalition mit Beteiligung der AfD in Kauf nehmen, wenn ihre eigenen inhaltlichen Interessen hinsichtlich Migrationspolitik umgesetzt würden. Rund ein Sechstel (17 Prozent) wünscht sich eine Regierungsbeteiligung der AfD.

Blickt man auf die einzelnen Wähler-Gruppen, werden die unterschiedlichen gesellschaftlichen Lager deutlich: Unter Wählerinnen und Wählern der Union geben 30 Prozent an, dass es ihnen wichtiger sei, ihre eigenen Präferenzen hinsichtlich Migrationspolitik umgesetzt zu sehen – auch wenn dies bedeutet, dass eine Koalition mit Beteiligung der AfD gebildet wird. Wenn der Anteil berücksichtigt wird, der sich ohnehin eine Regierungsbeteiligung der AfD vorstellen kann, dann ist ein Drittel der potentiellen CDU/CSU-Wählerinnen und -Wähler damit einverstanden, Koalitionen mit der AfD einzugehen, um eigene Interessen umzusetzen.

Unter Personen, die bei der nächsten Bundestagswahl für die SPD oder die Grünen stimmen wollen, lehnt eine klare Mehrheit (SPD: 82 Prozent, Grüne: 90 Prozent) eine Koalition mit der AfD ab, auch wenn dann eigene inhaltliche Interessen nicht umgesetzt würden. Vor diese Wahl gestellt, sind nur 12 Prozent (SPD) bzw. 6 Prozent (Grüne) für eine Koalition mit der AfD offen.

Insgesamt mehr Zustimmung für migrationskritische Forderungen, aber klare rote Linien bei Wählerinnen und Wählern von Rot und Grün

Das Thema Einwanderung und Asylpolitik ist mit 35 Prozent nach wie vor – und nach den Ereignissen im Bundestag auch wenig überraschend – das wichtigste Thema, um das sich nach Meinung der Wahlberechtigten die deutschen Politikerinnen und Politiker kümmern sollten. In den meisten Wähler-Gruppen wird Migration aktuell als das wichtigste Thema genannt: Vor allem Wählerinnen und Wähler der AfD (65 Prozent), aber auch der Union (40 Prozent) und des BSWs (41 Prozent) stellen das Thema als das derzeit wichtigste heraus. Unter Personen, die für die SPD stimmen wollen, geben derzeit jeweils 19 Prozent das Thema Migration sowie das Thema Wirtschaft als das wichtigste Thema an.

Befragte, die bei der kommenden Bundestagswahl für die Grünen stimmen wollen, sehen Umwelt- und Klimaschutz als das wichtigste Thema, um das sich die Politik derzeit kümmern sollte (37 Prozent). Auf den Plätzen zwei und drei folgen für Grünen-Wählerinnen und -Wähler Wirtschaft und soziale Ungleichheit mit jeweils 10 Prozent. Unter Befragten, die ihre Stimme den Linken geben wollen, wird mit 28 Prozent als wichtigstes Thema soziale Ungleichheit genannt, vor Wohnen und Miete (15 Prozent) und Migration (13 Prozent).

Insgesamt erfährt das Thema Einwanderung und Asyl derzeit eine hohe Relevanz in den meisten Wähler-Gruppen, und nahezu alle Wählerinnen und Wähler begreifen Einwanderung und Asyl als relevantes Handlungsfeld. Dies zeigt auch ein Blick auf einzelne politische Forderungen im Themenbereich Migration, die auch im Kontext des Fünf-Punkte-Plans von Friedrich Merz diskutiert wurden. Allerdings ziehen liberale und progressive Wählerinnen und Wähler klare Grenzen.

Zwar würden etwa auch Befragte, die bei der nächsten Bundestagswahl für SPD und Grüne stimmen würden, eine Inhaftierung von Straftätern und Gefährdern (SPD: 81 Prozent, Grüne: 69 Prozent, Vergleich CDU/CSU: 96 Prozent), bis diese in ihr Heimatland zurückkehren, mehrheitlich befürworten. Und auch die Abschiebung von Menschen ohne Bleiberecht findet auch bei Befragten mit liberaler Wahlabsicht (eher) Zustimmung (SPD: Prozent, Grüne: 77 Prozent, Vergleich CDU/CSU: 93 Prozent).

Eine rote Linie liegt für Wählerinnen und Wähler der SPD und Grünen aber bei Maßnahmen, die Deutschland nach außen hin abschotten würden: Während mehr als vier von fünf Personen, die bei der nächsten Bundestagswahl für die Union stimmen würden (82 Prozent), Grenzkontrollen und mögliche Grenzschließungen (eher) befürworten, liegt die Befürwortung unter Personen, die die SPD wählen würden, nur bei 56 Prozent. Unter Befragten, die die Grünen wählen wollen, lehnt dies mit 67 Prozent sogar eine Mehrheit ab.

Die Zustimmung unter Personen, die für die AfD stimmen würden, ist für alle abgefragten Forderungen bei mindestens 94 Prozent.

Großteil der Wählerinnen und Wähler der Union unterstützt Merz‘ Vorgehen

Mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten in Deutschland (53 Prozent) ist der Meinung, dass Friedrich Merz, durch die von ihm herbei geführte gemeinsame Abstimmung mit der AfD, die Brandmauer zwischen den demokratischen Parteien und der AfD eingerissen hat. Während vor allem Wählerinnen und Wähler der SPD (83 Prozent) und der Grünen (93 Prozent) dieser Meinung sind, stimmt nur ein Drittel (32 Prozent) der Unions-Wählerinnen und -Wähler dieser Aussage zu.

Eine Regierungsbeteiligung der AfD bewerten nach wie vor die meisten Befragten als (eher) negativ (66 Prozent). Bemerkenswert ist jedoch, dass 16 Prozent derer, die für die Union stimmen wollen, eine Regierungsbeteiligung der AfD als (eher) positiv bewerten. Im Januar lag der Wert noch bei 11 Prozent.

Eine tatsächliche Koalitionsregierung aus CDU/CSU und AfD halten 61 Prozent der deutschen Wahlberechtigten für unwahrscheinlich. Interessant ist dabei: Wählerinnen und Wähler der Union halten einen solchen Zusammenschluss für deutlich unwahrscheinlicher (77 Prozent) als Wählerinnen und Wähler der SPD (62 Prozent) und der Grünen (54 Prozent). Offensichtlich haben die Ereignisse der letzten Woche im liberalen Lager Zweifel daran geweckt, dass die CDU/CSU weiterhin zur Brandmauer steht.

Diese Umfrage wurde von YouGov Deutschland als Eigenstudie auf Basis des YouGov Omnibus Politik durchgeführt. Die Daten dieser Befragung basieren auf Online-Interviews mit Mitgliedern des unternehmenseigenen YouGov Panels. Die Mitglieder des Panels haben der Teilnahme an Online-Interviews zugestimmt. Für diese Befragung wurden im Zeitraum 31.01. bis 04.02.2025 insgesamt 2.503 Personen in einer repräsentativen Stichprobe, quotiert nach Alter, Geschlecht, Region, Wahlverhalten, Bildung und politisches Interesse, befragt. Die Stichprobe bildet die Wahlberechtigten Deutschlands ab 18 Jahren hinsichtlich dieser Quotenmerkmale ab.

Die Ergebnisse samt einer Erklärung der Methodik stehen hier kostenlos zur Verfügung.

Das YouGov Wahlmodell zur Bundestagswahl 2025 finden Sie hier.

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