Finales Stimmungsbarometer von YouGov Schweiz: Zustimmung zu den Liegenschaftssteuern fällt unter 50 Prozent – E-ID findet noch immer eine Mehrheit

Dr. Fabian BergmannResearch Consultant - Social Research
Dr. Michèle KaufmannSenior Research Consultant
Dr. Verena MackDirector Social Research, Real Estate & Industries
September 17, 2025, 9:59 vorm. GMT+0

Das aktuelle und finale YouGov Schweiz Stimmungsbarometer zu den eidgenössischen Abstimmungen am 28. September 2025

YouGov Schweiz präsentiert im folgenden Artikel die Ergebnisse der dritten und letzten Umfrage zu den bevorstehenden Abstimmungen. Dafür wurden im Zeitraum vom 3. bis 16. September 3'404 Personen aus unserem Online-Panel befragt. Das erste Stimmungsbild wurde zwischen dem 8. und 14. Juli, das zweite Stimmungsbild zwischen dem 12. und 25. August erhoben.

Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze – Summary

Die Zustimmung zu den Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften und damit zur Abschaffung des Eigenmietwerts ist weiter gesunken – von 53 Prozent im August auf aktuell 49 Prozent. Damit wird eine Ablehnung der Verfassungsänderung wahrscheinlicher.

Auch die bisherige Mehrheit für die Einführung der E-ID ist deutlich kleiner geworden. Sie sank von 60 Prozent im August auf aktuell 55 Prozent. Auch unter Berücksichtigung der statistischen Unsicherheit der Schätzung (Konfidenzintervall) würde das Gesetz zum jetzigen Zeitpunkt angenommen werden. Jedoch liegt auch hier die untere Schätzgrenze mit 51.6 Prozent nur knapp über den 50 Prozent, die für eine Annahme notwendig sind.

Erneut veröffentlicht YouGov Schweiz kantonale Stimmungsbilder:

  • In 7 von 26 Kantonen besteht aktuell keine Mehrheit für die Liegenschaftssteuer und damit auch nicht für die Abschaffung des Eigenmietwerts. In weiteren 7 von 26 Kantonen besteht hingegen eine Mehrheit für die Liegenschaftssteuer und damit für die Abschaffung des Eigenmietwerts und in 12 Kantonen ist das Resultat weiterhin offen.
  • Für die Einführung der E-ID würden hingegen in 16 von 26 Kantonen momentan mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten stimmen, während in 10 von 26 Kantonen das Resultat offenbleibt. Es zeigt sich daher auch eine deutliche Veränderung in der kantonalen Stimmungslage der E-ID. Im August waren die Stimmberechtigten noch in allen Kantonen mehrheitlich für die Einführung der E-ID. Die höchsten Zustimmungswerte liegen weiterhin in Zürich und Basel-Stadt, sowie neu in Zug. In Bern hat die E-ID etwas stärker an Zustimmung verloren.

Insgesamt hat sich der Fokus und die Aufmerksamkeit bezüglich der Abstimmungen seit Juli verschoben. Mittlerweile finden die Schweizerinnen und Schweizer die Abstimmung über die Liegenschaftssteuern genauso wichtig wie die Abstimmung zur E-ID und fühlen sich über beide Themen gleich gut informiert.

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Ausführliche Ergebnisse

Um was geht es in den nächsten Abstimmungen?

Am Sonntag, den 28. September 2025, entscheiden die stimmberechtigten Schweizerinnen und Schweizer über die Einführung der kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften und des E-ID-Gesetzes. Ersteres ist Teil einer Verfassungsreform zur Besteuerung von Wohneigentum, die es Kantonen ermöglichen würde, eine neue Objektsteuer auf Zweitwohnungen zu erheben. Die Abstimmung ist mit der geplanten Abschaffung des Eigenmietwerts verknüpft – wird der Bundesbeschluss abgelehnt, fällt die gesamte Reform. Das E-ID-Gesetz sieht die Einführung einer staatlich herausgegebenen elektronischen Identität (E-ID) vor, die es ermöglichen soll, sich online auszuweisen – etwa bei Behördengängen, Bankgeschäften oder anderen digitalen Diensten.

Wie hat sich das Stimmungsbild zu den Abstimmungsvorlagen in den letzten Wochen verändert?

Nicht nur die Arbeit der Kampagnen hat in den letzten Wochen weiter Fahrt aufgenommen, auch die Stimmbevölkerung beschäftigt sich zunehmend mit den beiden Themen. Mittlerweile ist es nur noch eine kleine Minderheit, die bisher noch gar nicht mit den Inhalten der Vorlagen in Kontakt gekommen ist.

Ablehnung der Liegenschaftssteuern wird wahrscheinlicher

Schon zwischen Juli und August sank die Zustimmung zu den Liegenschaftssteuern von 58 auf 53 Prozent. Aktuell sind es sogar nur noch 49 Prozent, die der Verfassungsänderung zustimmen würden. Gleichzeitig wuchs das Nein-Lager von 31 Prozent im August auf nun 40 Prozent, während der Anteil noch Unentschlossener um 5 Prozentpunkte sank.
Angesichts der statistischen Unsicherheit ist es jedoch noch nicht eindeutig, dass die Abschaffung des Eigenmietwerts abgelehnt wird. Die obere Schätzgrenze liegt aktuell bei 53 Prozent, sodass auch eine knappe Annahme weiterhin ein möglicher Abstimmungsausgang ist. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass weniger als die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer mit Ja stimmen in den letzten Wochen deutlich gestiegen.

Weiterhin Mehrheit für Einführung der E-ID

Auch bei der E-ID wächst das Nein-Lager seit Juli stetig, allerdings weniger stark von 25 Prozent (Juli) auf 31 Prozent (August) zu nun 36 Prozent. Derzeit würde dennoch eine Mehrheit von 55 Prozent für die Annahme des Gesetzes stimmen.

Obwohl dies nach einer relativ komfortablen Mehrheit klingt, sollte zusätzlich die statistische Unsicherheit berücksichtigt werden. Die untere Schätzgrenze liegt bei etwa 52 Prozent. Ausserdem sind derzeit knapp 9 Prozent der Befragten noch unentschlossen, wie sie abstimmen werden.

Spannende Momentaufnahme

Die Ergebnisse zeigen: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Abschaffung des Eigenmietwerts an der Urne scheitert, ist in den letzten Monaten kontinuierlich gestiegen. Bei der E-ID zeichnet sich derzeit zwar eine klare Zustimmung ab, dennoch bleibt offen, ob das Ja-Lager seinen Vorsprung bis zum 28. September behaupten kann – oder ob es am Ende auch hier knapp wird.

Eine detaillierte Beschreibung der verwendeten Modellierungsmethode (MRP – Mehrebenen-Regressionsmodell mit Poststratifikation), auf der unsere Schätzungen basieren findet sich im Abschnitt Methodische Erläuterungen.

Differenzierte Insights dank Schätzung der Abstimmungsabsichten auf kantonaler Ebene

Wie auch schon mit den Daten aus der Erhebung vom August, können wir dank des MRP-Modells erneut auf kantonaler Ebene schätzen, wie die Abstimmungen aktuell ausgehen würden. Dabei werden kantonale Charakteristiken berücksichtigt, gleichzeitig jedoch die Gesamtheit der Befragungsdaten genutzt, um die momentanen Abstimmungsabsichten in allen Kantonen zu schätzen. So können wir auch für Kantone mit geringer Bevölkerungsgrösse Ergebnisse ausweisen.

Wichtig ist dabei zu betonen, dass es sich um Schätzungen handelt. Das heisst, die Ergebnisse sollten nicht als exakte Prognose für jeden einzelnen Kanton missverstanden werden. Vielmehr erlauben sie, Muster zu untersuchen und aufzudecken, worin sich manche Kantone ähneln und andere unterscheiden. Wir differenzieren dabei zwischen Kantonen mit unsicherer Schätzbasis und Kantonen, bei denen die Schätzung zu keinem eindeutigen Ergebnis kommt. Ersteres bedeutet, dass aufgrund der verfügbaren Datenbasis und Modelperformanz für bestimmte Kantone die Schätzung mit besonderer Vorsicht zu geniessen ist. Zweiteres hingegen bedeutet, dass in einem Kanton das geschätzte Ergebnis nicht eindeutig über oder unter der 50%-Grenze für die Annahme einer Vorlage liegt.

Ein Blick auf die kantonalen Schätzungen zur Abstimmung über die Liegenschaftssteuern zeigt: In 7 von 26 Kantonen liegt der Anteil der Befürwortenden mittlerweile klar unter 50 Prozent. In weiteren 7 Kantonen überwiegt hingegen die Zustimmung zur Vorlage und damit zur Abschaffung des Eigenmietwerts. In den verbleibenden 12 Kantonen ist der Ausgang nach wie vor offen.

In Kantonen der Westschweiz inklusive Wallis zeichnet sich ein deutliches Nein zu den Liegenschaftssteuern ab. Doch reicht die klare Ablehnung wie auch die Unsicherheit über den Ausgang weit über die klassische Sprachgrenze hinaus: So ist ein Nein auch im Kanton Basel-Stadt sehr wahrscheinlich. In beispielsweise Zürich und Schaffhausen ist eine Annahme zwar nicht ausgeschlossen, doch auch hier liegen die aktuellen Zustimmungswerte unter den erforderlichen 50 Prozent.

Bereits die Erhebungsdaten vom August zeigen, dass sich die Abstimmungslogiken je nach Kanton deutlich unterscheiden: In Kantonen mit hohen Mieterquoten – etwa Basel-Stadt – oder mit vielen Zweitliegenschaften, wie im Wallis, wird die Abschaffung des Eigenmietwerts zwar ähnlich beurteilt, jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Diese Begründungsmuster unterscheiden sich wiederum grundlegend von jenen in Kantonen, in denen weder die Mieterquote noch der Anteil an Zweitliegenschaften besonders hoch ist. Eine vertiefte Analyse zu den Hintergründen, wo und weshalb wie abgestimmt wird, finden Sie hier.

Zurzeit würden in 16 von 26 Kantonen Mehrheiten für die Annahme der E-ID stimmen, während in 10 Kantonen der Ausgang noch offen ist. Damit zeigt sich eine deutliche Verschiebung in der kantonalen Stimmungslage. Auffällig ist, dass insbesondere ländliche Kantone ohne ausgeprägte städtische Ballungszentren – etwa Glarus, Graubünden, Thurgau oder das Wallis – der E-ID skeptischer gegenüberstehen. Unsere separate Analyse legt nahe, dass die Zustimmung auf dem Land vor allem dann steigt, wenn Transparenz und Aufklärung gewährleistet sind.

Die höchsten Zustimmungswerte finden sich weiterhin in Zürich und Basel-Stadt, neu auch im Kanton Zug. In Bern hingegen hat die Vorlage zuletzt etwas an Unterstützung verloren. Für das Tessin weisen die Schätzungen zwar auf eine klare Zustimmung hin, ihre Aussagekraft ist jedoch eingeschränkt.

Liegenschaftssteuern werden zunehmend wichtiger, aber das Thema bleibt komplex

Darüber hinaus zeigen unsere Daten, dass das Thema der Liegenschaftssteuern die Schweizerinnen und Schweizer zunehmend stärker beschäftigt. So sagen nun 61 Prozent, dass die Abstimmung für sie persönlich wichtig bis sehr wichtig ist (gegenüber 55 Prozent im August).

Auch sind die allermeisten von ihnen mittlerweile mit den Inhalten der Vorlage in Kontakt gekommen, am häufigsten durch die Medien. Aber auch in privaten Gesprächen diskutieren 44 Prozent über die Liegenschaftssteuern (32 Prozent im August) und 50 Prozent fühlen sich gut informiert über die bevorstehende Abstimmung (28 Prozent im August).

Interessanterweise wird das Thema trotz, oder eher gerade wegen, der gestiegenen Aufmerksamkeit auch als komplexer wahrgenommen. Im Vergleich zum August ist der Anteil derjenigen, die die Abstimmung über die Liegenschaftssteuern als komplex bewerten von 57 Prozent auf 61 Prozent gestiegen.

Die Abstimmung über die E-ID hingegen wird von deutlich weniger Stimmberechtigten als komplex wahrgenommen (30 Prozent). Hinsichtlich der persönlichen Wichtigkeit und dem Gefühl, wie gut man bereits über die Abstimmung informiert ist, zeigen sich nun dagegen kaum Unterschiede im Vergleich zur Abstimmung über die Liegenschaftssteuern.

Mit der jüngsten Erhebung fügt sich das YouGov Stimmungsbarometer zu einem klaren Bild: Bereits vor zwei Monaten gab es bezüglich der E-ID deutlich gefestigtere Meinungen. Seitdem hat sich innerhalb der Schweizer Stimmbevölkerung die Absicht, dem Gesetz zuzustimmen, weniger stark verändert als bei den Liegenschaftssteuern und würde aktuell für eine Annahme des Gesetzes ausreichen. Sich mit dem Thema der Liegenschaftssteuern und dem damit verbundenen Eigenmietwert zu beschäftigen, haben die Schweizerinnen und Schweizer hingegen erst später begonnen. Je mehr sie sich damit auseinandergesetzt haben, desto kleiner wurde die Bereitschaft, der Verfassungsänderung zuzustimmen, sodass zum jetzigen Zeitpunkt das Rennen zwar offen ist, die Ablehnung der Liegenschaftssteuern und damit der Abschaffung des Eigenmietwerts jedoch immer wahrscheinlicher wird.

Die Resultate der Befragung vom August finden Sie hier.

Die Resultate der Befragung vom Juli finden Sie hier.

Methodische Erläuterungen

Die oben präsentierten Resultate basieren auf einer Umfrage, die die YouGov Schweiz AG (ehemals LINK Marketing Services AG) als Eigenstudie mittels Online-Interviews unter den Mitgliedern des unternehmenseigenen Schweizer YouGov Panels durchgeführt hat. Die Mitglieder des Panels sind aktiv rekrutiert und haben der Teilnahme an Online-Interviews zugestimmt. Für diese Befragung wurden im Zeitraum 3. bis 16. September 2025 insgesamt 3’404 Personen in einer repräsentativen Stichprobe, quotiert nach Alter, Geschlecht und Sprachregion, befragt. Die Stichprobe bildet die Grundgesamtheit der stimmberechtigten Bevölkerung der Schweiz ab 18 Jahren hinsichtlich dieser Quotenmerkmale ab. Die präsentierten Werte der aktuellen Abstimmungsabsicht wurden mittels MRP-Modellierung berechnet, alle anderen abgebildeten Daten sind gewichtete Werte. Die Gewichtung basiert auf den Variablen Alter, Geschlecht, Sprachregion, Erwerbstätigkeit und Haushaltsgrösse. Bei einer fünfprozentigen Irrtumswahrscheinlichkeit liegt der Stichprobenfehler bei ±1.68 Prozent.

MRP-Modellierung

Die Schätzung der Abstimmungsabsichten erfolgte mit einem sogenannten Mehrebenen-Regressionsmodell mit Poststratifikation (MRP). Dabei wird in einem statistischen Verfahren die Beziehung zwischen einer Vielzahl von Merkmalen potenzieller Abstimmungsteilnehmerinnen und -teilnehmer und ihrer Präferenzen – d.h., ob sie bei einem Abstimmungsthema (aktuell eher) mit ja oder nein abstimmen würden – geschätzt. Das Modell identifiziert so unterschiedliche Gruppen der Stimmbevölkerung, für die die Wahrscheinlichkeit, mit ja oder nein zu stimmen, berechnet wird. Als Gruppen berücksichtigen wir die verschiedensten Kombinationen aus Alter, Geschlecht, Bildungsabschluss, Parteipräferenz und Kanton.

Zunächst wird die Teilnahmewahrscheinlichkeit an den Referenden für alle kombinierten Gruppen geschätzt. Anschliessend folgt eine Schätzung des Abstimmungsverhaltens der Gruppen bei den Referenden. Für Gruppen, für die nur wenige Beobachtungen zur Verfügung stehen, kann die Mehrebenenregression die Schätzung durch die Daten von ähnlichen Gruppen verstärken. Die Vorhersage auf Gruppenebene wird mit Hilfe der bekannten Bevölkerungsanteile (Daten des BFS Schweiz) und der vorhergesagten Teilnahmewahrscheinlichkeit auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet.

Wie bei jeder Messung mit Befragungsdaten ist die MRP-Modellierung der Abstimmungsabsicht mit Unsicherheit behaftet. Daher geben wir für die Ja-Anteile jeder Abstimmung «Konfidenzintervalle» an, denn die Ja-Anteile sind schlussendlich ausschlaggebend, ob eine Vorlage angenommen oder abgelehnt wird. Das Konfidenzintervall soll mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent den wahren Anteil einschliessen. Einfach ausgedrückt – wenn auch in der Sprache der frequentistischen Statistik nicht ganz exakt – ist zu beachten, dass der wahre Wert mit grösserer Wahrscheinlichkeit näher in der Mitte des Intervalls liegt als an dessen Rändern.

Mit der MRP-Modellierung der Abstimmungsabsichten möchten wir einen Beitrag zur grösseren Vielfalt und Transparenz in der Meinungsforschung leisten. Neben den inhaltlichen Erkenntnissen, die unsere Analysen der Öffentlichkeit bieten, präsentieren wir einen neuen Vergleichswert, der es ermöglicht, verschiedene Umfrageansätze und deren Ergebnisse besser einzuordnen. Wir sind uns bewusst, dass MRP-Modelle bei der Analyse von Abstimmungsumfragen in der Schweiz einen relativ neuen methodischen Ansatz darstellen. Wir arbeiten stetig daran, unsere Methoden zu prüfen und zu verbessern. Als empirisch arbeitende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fühlen wir uns dazu verpflichtet, innovative Methoden einzusetzen und zu testen, um die Messung von politischen Präferenzen und politischer Stimmung zu verbessern und Ergebnisse zur Verfügung zu stellen, die zeigen, was die Welt denkt.

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