Die Auswirkungen des United Airlines-Skandals

Lisa InhoffenMarketing Manager
April 21, 2017, 8:21 vorm. GMT+0

Um die US-Fluggesellschaft United Airlines tobt aktuell ein Shitstorm in den digitalen Medien. Grund ist das gewaltsame Entfernen eines Fluggastes mit gültigem Flugticket aus einem überbuchten Flugzeug. Wie lange der Imageschaden anhalten wird, bleibt abzuwarten.

Der betroffene Fluggast, David Dao, war trotz gültigem Ticket von drei Sicherheitsleuten brutal aus der überbuchten Maschine von United Airlines entfernt worden, nachdem er sich geweigert hatte freiwillig auszusteigen. Dies bezeugt ein mit dem Smartphone aufgenommenes Video, das millionenfach aufgerufen wurde. Besonders Chinesen empörten sich in den sozialen Netzwerken und warfen United Rassismus gegenüber Dao vor, der angegeben hatte Chinese zu sein.

Vor dem Abflug hatte die Fluggesellschaft vier Passagiere gesucht, die freiwillig auf ihren Platz verzichten würden. Geboten hatte sie Prämien von bis zu 800 Dollar und eine kostenlose Übernachtung in einem Hotel. Da sich jedoch niemand meldete, loste United die vier Passagiere zufällig aus. Drei akzeptierten, Dao weigerte sich mit der Begründung er sei Arzt und könne einen wichtigen Patiententermin nicht verpassen. Mittlerweile bereitet er gegen United Airlines Klage vor.

United Airlines hat in den USA das schlechteste Brandindex-Ergebnis seit 10 Jahren

Der Vorfall hat deutliche Auswirkungen auf das Image des Unternehmens. Das wird durch einen Blick auf den Buzz des YouGov-Markenmonitors BrandIndex deutlich. Dieser Wert zeigt an, wie positiv oder negativ ein Unternehmen in der öffentlichen Diskussion wahrgenommen wird. United verlor innerhalb einer Woche 59.8 Scorepunkte auf einer Skala von -100 bis +100, wobei 0 für eine ausgewogene Wahrnehmung steht. Mit einem Buzz-Score von -65.4 hat United am 18. April 2017 den tiefsten Stand seit zehn Jahren erreicht. Am 19. April hat sich der Buzz-Score schon minimal verbessert, was ein erstes Anzeichen dafür ist, dass die Talsohle für United überwunden wurde. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie lang es dauern wird, bis sich United von diesem Debakel erholt hat.

Im Vergleich liegt der durchschnittliche Buzz der amerikanischen Airlines zwischen 1 und 3. In Deutschland bei -0.5 bis 1.5. Starke Auswirkungen des United-Desasters auf den Buzz der anderen Airlines in Amerika sind nicht erkennbar. Der Buzz-Score des United-Konkurrenten Delta Airlines beispielswiese zeigt einen leichten Rückgang, hat sich jedoch schnell wieder erholt.

Trotzdem reagierte Delta: Die Fluglinie erhöhte ihre Prämien für Passagiere, die freiwillig auf ihren Platz in einem überbuchten Flieger verzichten. Bis zu 10.000 Dollar sollen Reisende in Zukunft von Delta erhalten – damit so ein Desaster wie bei United Airlines nicht passiert.

Globale Auswirkungen?

Auch in Großbritannien verlor United in der vergangenen Woche laut dem YouGov-BrandIndex 41.0 Scorepunkte und erreichte einen Buzz-Score von -46.5. Ebenfalls einen leichten Verlust erlitt die Fluggesellschaft American Airlines, sie verlor 8.2 Scorepunkte und hat derzeit einen Buzz-Score von -9.3.

Auf das Image der Fluggesellschaften in Deutschland hat sich der United-Skandal im BrandIndex bisher nicht ausgewirkt. Die Werte von Gesellschaften wie Condor und Lufthansa sind stabil. Obwohl Lufthansa Mitglied bei der gleichen Luftfahrtallianz ist wie United, Star Alliance.

United muss in den sozialen Medien schneller und angemessen reagieren

Deutlich ist, dass durch den Vorfall die öffentliche Aufmerksamkeit auf United Airlines gerichtet ist. Im Interview mit dem amerikanischen Finanz- und Analyseunternehmen Morningstar sagte Ted Marzilli, Globaler CEO Data Products YouGov, dass sich United mehr auf die Kommunikationsstrategie in den sozialen Medien konzentrieren müsse. Wenn United dort an Reaktionsgeschwindigkeit aufhole, könne es dem Imageschaden entgegenwirken und eventuell eine Wende des Shitstorms herbeiführen.

Er vergleicht die jetzige Situation von United mit der vom Konkurrenten Delta im letzten Sommer 2016, als die Airline durch Computerabstürze mehre Flüge nicht starten konnte. Damals brach die positive Wahrnehmung von Delta um 27 Scorepunkte ein. Delta konnte jedoch durch einige Maßnahmen sein Image in weniger als einem Monat wieder herstellen: Umbuchungsgebühren wurden erlassen und gestrandete Passagiere mit Wasser versorgt.

Doch Marzilli weist auf den großen Unterschied hin: Delta konnte damals die Schuld auf die Technik schieben. Bei United handelt es sich um massives menschliches Versagen.

Mehrheit der Deutschen und Briten gegen Überbuchung

Zusätzlich hat der Vorfall Aufmerksamkeit auf ein Vorgehen gelenkt, was jede Fluggesellschaft nutzt: Das Überbuchen von Flügen. Die Gesellschaften wollen eine maximale Auslastung ihrer Maschinen garantieren, um günstigere Flugpreise anbieten zu können. Meist stimmt diese Kalkulation, doch hin und wieder werden Passagiere aufgefordert, von dem Flug zurückzutreten – und erhalten dafür Ersatzflüge plus Prämien. Dass ein Passagier so brutal entfernt wurde wie im Fall von United Airlines, kam bisher in der Branche noch nicht vor. Erste Reaktionen zeigt das Hochsetzen der Prämien für freiwilligen Rücktritt vom Flug bei der Airline Delta.

Durch den Vorfall sind Konsumenten weltweit für das Thema Überbuchung sensibilisiert worden. Sowohl die Mehrheit der Deutschen als auch der Briten ist laut einer YougGov-Studie der Meinung, dass Fluggesellschaften nicht mehr Tickets verkaufen sollten, als Sitzplätze zur Verfügung stehen. 78 Prozent der Deutschen geben an, dass Überbuchungen nicht möglich sein sollten, bei den Briten waren es 71 Prozent. Jeder zehnte Deutsche hingegen findet, dass Überbuchungen möglich sein sollten, bei den Briten ist es jeder siebte.

Auf Basis des YouGov Omnibus wurden 1336 Personen ab 18 Jahren am 12.04.2017 in Deutschland und 3614 Personen ab 18 Jahren am 11.04.2017 in Großbritannien repräsentativ befragt.