Drei Tage vor der Bundestagswahl 2025 steigt die Spannung: Wie viele und welche Parteien werden in den Bundestag einziehen? Während das Rennen zwischen CDU/CSU, AfD, SPD und Grüne um das beste Zweitstimmenergebnis läuft, werden die Ergebnisse jener Parteien, die um den Einzug in den Bundestag kämpfen, die Bundestagswahl entscheiden. Denn abhängig davon, wie viele Parteien in den neuen Bundestag einziehen, werden Koalitionen aus zwei Parteien möglich oder nicht möglich sein.
Das finale YouGov MRP-Wahlmodell zur Bundestagswahl 2025 schätzt die Wahlabsicht für jeden Wahlkreis (Erststimme), jedes Bundesland (Zweitstimme) und für ganz Deutschland (Zweitstimme) zum Ende des Bundestagswahlkampfs. Auf Basis der Wahlabsicht schätzt das MRP-Wahlmodell die wahrscheinliche Sitzverteilung im 21. Bundestag. Das finale MRP-Wahlmodell basiert auf Interviews mit 9.281 Wahlberechtigten, die im Zeitraum 7. bis 19. Februar 2025 geführt wurden.
So ist die Lage bei den Zweitstimmen auf Bundesebene:
Das YouGov MRP-Wahlmodell sieht CDU/CSU bei den Zweitstimmen vorn. Aktuell kommen CDU/CSU auf 29,9 Prozent (+ 0,9 Prozentpunkte im Vergleich zum YouGov MRP-Wahlmodell vom 6. Februar 2025). Die AfD sieht das Wahlmodell bei 19,7 Prozent (- 0,2 Prozentpunkte). Die SPD kommt auf 15,6 Prozent (+ 0,3 Prozentpunkte). Auf Rang vier folgen die Grünen mit 12,7 Prozent (- 0,7 Prozentpunkte).
Im Wettbewerb zwischen CDU/CSU, AfD, SPD und Grünen gibt es also wenig Veränderungen im Vergleich zum YouGov MRP-Wahlmodell vom 6. Februar 2025. Veränderungen gibt es dafür bei den kleineren Parteien: Die Linke schätzt das Modell jetzt auf 7,5 Prozent, das sind 2,1 Prozentpunkte mehr als noch vor 2 Wochen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW: 4,6 Prozent, - 0,6 Prozentpunkte) und die FDP (4,5 Prozent, + 0,4 Prozentpunkte) würden aktuell an der Fünf-Prozenthürde scheitern und nicht in den Bundestag einziehen. Sonstige Parteien vereinen 5,7 Prozent der Zweitstimmen auf sich.
Die MRP-Methode erlaubt auch, die Wahrscheinlichkeit, mit der Die Linke, das BSW und die FDP in den neuen Bundestag einziehen, zu berechnen. In unserem finalen Modell überspringt Die Linke in mehr als 95 Prozent aller Simulationen die Fünf-Prozenthürde. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Die Linke in den Bundestag einzieht, höher als 95 Prozent ist. Für das BSW schätzen wir die Wahrscheinlichkeit, in den Bundestag einzuziehen, auf rund 20 Prozent, für die FDP auf rund 10 Prozent.
Wir fragen unsere Panel-Mitglieder nach jeder Wahl, ob sie zur Wahl gegangen sind und wenn ja, für welche Partei sie gestimmt haben. Diese Antworten speichern wir in unserer Datenbank. Wir können diese Daten mit den Antworten, die uns unsere Panel-Mitglieder im Februar 2025 zu ihrer Wahlabsicht geben, verknüpfen. Da wir für das MRP-Wahlmodell eine sehr große Stichprobe befragen, können wir Wanderungen von Wählerinnen und Wählern von der Bundestagswahl 2021 zur aktuellen Wahlabsicht im Februar 2025 nachvollziehen. Die SPD hat im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 vor allem Wählerinnen und Wähler an CDU/CSU, die Grünen und die AfD verloren. Die Linke kann bei ihrem aktuellen Höhenflug besonders Wählerinnen und Wähler von SPD und den Grünen von sich überzeugen.

Das MRP-Modell schätzt Ergebnisse auf Basis von Befragungsdaten, Daten zur Bevölkerungsstruktur und Ergebnissen früherer Wahlen. Die Ergebnisse sind mit Unsicherheit verbunden. Wir berichten deshalb hier, neben der zentralen Schätzung, auch die unteren und oberen Werte des Bereiches, in dem das MRP-Modell mögliche Ergebnisse für jede Partei schätzt. Wir weisen Dezimalstellen aus, da sie einen Unterschied für die Projektion der Zusammensetzung des Bundestags machen.
So steht das Rennen um die Wahlkreise:
Das YouGov MRP-Wahlmodell zeigt die Wahlabsicht für die Erststimme in allen Wahlkreisen. Aktuell würde die CDU in 150 Wahlkreisen die meisten Erststimmen gewinnen. 145 dieser Wahlkreise liegen in westdeutschen Bundesländern, 5 Wahlkreise im Osten der Republik. Die CSU liegt aktuell in allen 47 Wahlkreisen in Bayern vorn. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 würde die Union damit 51Wahlkreisen mehr gewinnen.
Die AfD führt in 47 Wahlkreisen, das sind 33 mehr als bei der Bundestagswahl 2021. Alle Wahlkreise, in denen das MRP-Wahlmodell die AfD aktuell in Führung sieht, liegen in ostdeutschen Bundesländern.
SPD und Grüne lassen auf Wahlkreisebene Federn, und zwar stärker als beim Zweitstimmenanteil. Die SPD liegt momentan in 44 Wahlkreisen vorn. Das sind 76 Wahlkreise weniger als bei der Bundestagswahl 2021. Die Grünen haben momentan gute Chancen, 7 Wahlkreise zu gewinnen, 9 Wahlkreise weniger als 2021.
Die Linke liegt aktuell in 4 Wahlkreisen vorn und hätte damit tatsächlich das Ziel der Mission „Silberlocke“ erreicht, allerdings anders als geplant. Mehr dazu unten.
In diesen 72 Wahlkreisen ist es besonders knapp:
Unser MRP-Wahlmodell weist aktuell 72 Wahlkreise als „Unentschieden“ aus – das bedeutet, dass der Vorsprung der bzw. des aktuell Führenden weniger als 5 Prozentpunkte beträgt.
56 der Wahlkreise, für die das MRP-Wahlmodell im Moment keine eindeutige Tendenz ausweist, liegen in den westdeutschen Bundesländern, 16 Wahlkreise in den ostdeutschen Bundesländern.
In 29 dieser umkämpften Wahlkreise liegt aktuell die SPD vorn. 11 dieser Wahlkreise liegen in Nordrhein-Westfalen, darunter auch die Wahlkreise „Duisburg II“, „Oberhausen – Wesel III“, „Mülheim – Essen I“, „Essen II“, „Recklinghausen I“, „Gelsenkirchen“, „Unna I“ und „Hamm – Unna II“ aus der Herzkammer der deutschen Sozialdemokratie, dem Ruhrgebiet. Kandidatinnen und Kandidaten der SPD stehen dort in hartem Wettbewerb mit Kandidatinnen und Kandidaten von CDU und AfD.
Rund 27 der Wahlkreise, in denen das MRP-Wahlmodell aktuell die CDU vorn sieht, sind noch unentschieden. Die meisten dieser Wahlkreise würde die CDU von der SPD (zurück-) gewinnen. Dazu zählen auch SPD-Hochburgen wie „Dortmund I“ oder die bislang grünen Wahlkreise „Münster“, „Frankfurt am Main II“ und „Karlsruhe“.
Die AfD führt in 7 umkämpften Wahlkreisen. In allen 7 Wahlkreisen, in denen das MRP-Modell aktuell die Grünen in Führung sieht, sind die Rennen noch knapp. Und auch in 2 der Wahlkreise, in denen wir aktuell den höchsten Erststimmenanteil bei Die Linke sehen, sind noch unentschieden.
So ist der Stand bei der Mission „Silberlocke“:
Lange Zeit sah es in diesem Wahlkampf danach aus, als würde Die Linke an der Fünf-Prozenthürde scheitern. Deshalb hatte die Partei die Mission „Silberlocke“ ausgerufen: Mit Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch sollten drei erfahrene und prominente Linke-Politiker 3 Wahlkreise direkt gewinnen und den Einzug in den Bundestag über die Grundmandatsklausel sichern: Sollte Die Linke 3 Wahlkreise gewinnen, würde sie mit ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einziehen, selbst wenn sie die Fünf-Prozenthürde verfehlte.
Das YouGov Wahlmodell vom 6. Februar 2025 sah Gregor Gysi im Wahlkreis 83 „Berlin – Treptow-Köpenick“ und Bodo Ramelow im Wahlkreis 192 „Erfurt – Weimar – Weimarer Land II“ vorn. Auch das aktuelle Modell schätzt, dass beide ihre Wahlkreise gewinnen werden. Im Wahlkreis 83: „Berlin – Treptow-Köpenick“ führt weiterhin Gregor Gysi klar mit 38 Prozent vor Michael Gleichmann (AfD, 18 Prozent) und Dustin Hoffmann (CDU, 15 Prozent). Bodo Ramelow führt im umkämpften und prominent besetzten Wahlkreis 192 „Erfurt – Weimar – Weimarer Land II“ mit 32 Prozent mit 7 Prozentpunkten vor Alexander Claus (AfD) mit 25 Prozent. Carsten Schneider (SPD) käme auf 10 Prozent, Katrin Göring- Eckardt auf 5 Prozent der Erststimmen.
Der dritte Wahlkreis der Silberlocken ist Wahlkreis 14: „Rostock – Landkreis Rostock II“, hier kämpft Dietmar Bartsch um ein Direktmandat. Das MRP-Wahlmodell sieht ihn aktuell mit 24 Prozent der Erststimmen auf Rang zwei knapp hinter Steffi Burmeister (AfD, 26 Prozent), Katrin Zschau (SPD, 20 Prozent) und Michael Ebert (CDU, 17 Prozent) folgen auf den Rängen drei und vier.
Aber die Silberlocken bekommen Unterstützung aus den Wahlkreisen 152: „Leipzig II“ und 85: „Berlin-Lichtenberg“. Im Wahlkreis 152: „Leipzig II“ liegt Sören Pellmann mit 24 Prozent knapp vor Dietmar Link (CDU, 21 Prozent) und Christoph Neumann (AfD, 20 Prozent). Im Berliner Wahlkreis 85: „Berlin-Lichtenberg“ liegt Ines Schwerdtner (23 Prozent) hauchdünn vor Beatrix von Storch von der AfD (22 Prozent).
Was das für mögliche Koalitionen heißt:
Auf Basis der zentralen Schätzung des YouGov Wahlmodells würden 6 Parteien in den Bundestag einziehen: CDU/CSU mit 220 Sitzen (+ 13 Sitze gegenüber dem im Vergleich zum YouGov MRP-Wahlmodell vom 6. Februar 2025), AfD mit 145 Sitzen (+ 3 Sitze), SPD mit 115 Sitzen (+ 6 Sitze), die Grünen mit 94 Sitzen (- 1 Sitze) und die Linke mit 55 Sitzen (+ 18 Sitzen). Zudem erhält der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) einen Sitz.
Mit dieser Sitzverteilung sind insgesamt drei Koalitionen rechnerisch möglich. Gemeinsam kämen CDU/CSU und SPD in einer Große Koalition auf 335 Sitze - für eine Mehrheit im neuen Bundestag werden 316 Sitze notwendig sein. Im Vergleich zum YouGov MRP-Wahlmodell vom 6. Februar würden Union und SPD somit eine stabilere Mehrheit erreichen (+ 19 Sitze).
Eine schwarz-blaue Koalition zwischen CDU/CSU und AfD käme auf 365 Sitze und hätte somit ebenfalls eine deutliche Mehrheit. Eine Koalition aus Union und AfD hat der Kanzlerkandidat der CDU/CSU Friedrich Merz in den vergangenen Wochen jedoch wiederholt ausgeschlossen. Zuletzt hatte er am Wochenende in der TV-Runde “Quadrell” betont, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben werde. Diese Konstellation ist somit zwar im Bereich des rechnerisch Möglichen, aber äußerst unrealistisch.
Ein Schwarz-Grüne Koalition wäre nach den Ergebnissen des Wahlmodells dagegen sehr knapp nicht möglich. Gemeinsam kommen CDU/CSU und Grüne nur auf 314 Sitze, zwei Sitze weniger als die für die Mehrheit benötigten 316 Sitze.
Auch eine rot-grüne Koalition aus SPD und Grünen reicht deutlich nicht aus, gemeinsam kommen die beiden Parteien auf 209 Sitze. Eine Rot-Rot-Grüne Koalition aus SPD, Grünen und Linken käme auf insgesamt 264 Sitze, ebenfalls zu wenig für eine Mehrheit.
Eine Regierungsbeteiligung der Grünen ist somit nur in einer Dreier-Konstellation mit CDU/CSU und SPD möglich. In einer sogenannten „Kenia-Koalition” aus Rot-Schwarz-Grün würden die Parteien auf insgesamt 429 Sitze kommen. Für eine stärkere Mehrheit im Parlament könnte es für die Koalitionspartner vorteilhaft sein, ein Dreierbündnis einzugehen. Eine solche Koalition würde aber letztendlich davon abhängen, ob die Grünen nach dem aktuellen Wahlkampf mit der Union koalieren wollen und ob umgekehrt die CSU kein Veto gegen die Grünen als Koalitionspartner einlegt. Da bereits ein Schwarz-Rotes Bündnis für die Regierungsmehrheit ausreicht, ist diese Koalition insgesamt nicht sehr wahrscheinlich.
In allen Szenarien wird der neue Bundeskanzler mit hoher Wahrscheinlichkeit Friedrich Merz heißen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Union stärkste Fraktion im 21.Bundestag werden, schätzt das YouGov MRP-Wahlmodell auf höher als 95 Prozent.
Über das YouGov Wahlmodell
YouGov befragt laufend Bürgerinnen und Bürger zu Einstellungen, Verhalten, Trends – und auch zu ihrer Wahlabsicht. Das YouGov MRP-Wahlmodell zeigt die politische Stimmung in Deutschland vor der Bundestagswahl 2025 auf Bundesebene, auf Landesebene und auf Ebene von Wahlkreisen.
Für das YouGov MRP-Wahlmodell befragen wir täglich Mitglieder unseres Panels dazu,
- welche Kandidatin bzw. welchen Kandidaten welcher Partei sie mit ihrer Erststimme („Wahlkreisstimme“) und
- welche Partei sie mit ihrer Zweitstimme wählen würden,
wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre. Diese Befragungsdaten nutzen wir als Grundlage, um mit einem statistischen Modell (ein sog. Mehrebenen-Regressionsmodell mit Poststratifikation - MRP) die Wahlabsicht für Bundes-, Landes- und Wahlkreisebene zu schätzen. Für die Modellierung der Wahlabsicht auf Wahlkreisebene verwenden wir Strukturdaten von microm Micromarketing-Systeme und Consult GmbH.
Erfahren Sie hier mehr zu unserem methodischen Vorgehen.
Das YouGov Wahlmodell zur Bundestagswahl 2025 finden Sie hier.
Foto: Martin Schutt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++