Das YouGov Wahlmodell: Wie wir MRP bei der Messung der politischen Stimmung in Deutschland einsetzen

YouGov
Januar 16, 2025, 1:13 nachm. GMT+0

Mit dem YouGov Wahlmodell schätzen wir die Wahlabsicht für die Zweitstimme auf Bundes- und Landesebene sowie für die Erststimme auf Wahlkreisebene. Dazu setzen wir ein Mehrebenen-Regressionsmodell mit Poststratifikation ein.

Sagt das YouGov Wahlmodell das Ergebnis der Bundestagwahl 2025 vorher?

Nein, das YouGov Wahlmodell ist keine Vorhersage. Das YouGov Wahlmodell schätzt mögliche Ergebnisse, wenn die Bundestagswahl 2025 am nächsten Sonntag stattfinden würde, und unsere Daten zur Wahlabsicht das tatsächliche Wahlverhalten von Wählerinnen und Wählern akkurat abbilden würden. Es ist keine Vorhersage, wie das Wahlergebnis am 23. Februar 2025 sein wird. Wir wissen nicht, wie sich die politische Stimmung bis zum Wahltag verändern wird, aber es wäre überraschend, wenn sich der Wahlkampf bis dahin nicht in die eine oder andere Richtung verändern würde.

Wie funktioniert das YouGov Wahlmodell?

Wir verwenden im YouGov Wahlmodell ein Mehrebenen-Regressionsmodell mit Poststratifikation (multilevel regression with post-stratification: MRP). Das YouGov Wahlmodell schätzt in einem statischen Modell die Beziehung zwischen einer Vielzahl von Merkmalen potenzieller Wählerinnen und Wähler und ihrer politischen Präferenzen – in diesem Fall, für welche Kandidatin bzw. welchen Kandidaten welcher Partei (Erststimme) und für welche Partei (Zweitstimme) sie bei der Bundestagswahl 2025 stimmen würden, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. So identifiziert das YouGov Wahlmodell unterschiedliche Wählertypen, für die eine Wahrscheinlichkeit, für eine bestimmte Partei zu stimmen, geschätzt wird. Anhand von Wahl-, Struktur- und Einstellungsdaten auf Wahlkreisebene bildet das YouGov Wahlmodell die Verteilung dieser Wählertypen in jedem Wahlkreis (Erststimme) bzw. Bundesland (Zweitstimme) nach und schätzt auf dieser Basis die Wahlabsicht. YouGov hat diese Methode erfolgreich bei den britischen Unterhauswahlen 2017 und 2024 sowie bei der spanischen Parlamentswahl 2023 eingesetzt.

Ist das YouGov Wahlmodell eine Umfrage?

Nein, das YouGov Wahlmodell ist ein Mehrebenen-Regressionsmodell mit Poststratifikation (MRP), das Befragungsdaten verwendet. Bei Umfragen wird einer repräsentativen Stichprobe von Wählerinnen und Wählern eine Frage gestellt und die Ergebnisse zu dieser Frage werden nach demografischen Merkmalen aufgeschlüsselt. Das YouGov Wahlmodell verwendet eine sehr große Stichprobe von Befragungsdaten aus dem YouGov Panel, um Beziehungen zwischen den Merkmalen von Wählerinnen und Wählern und ihren Antworten auf die Frage nach ihrer Wahlabsicht zu ermitteln. Es kombiniert dann diese Beziehungen mit den Merkmalen der Wählerinnen und Wählern, die in einem bestimmten Wahlkreis lebt, um die Wahlabsicht in diesem Wahlkreis zu schätzen.

Wie viele Interviews verwendet das YouGov Wahlmodell?

Für das YouGov Wahlmodell werden wöchentlich rund 15.000 Interviews durchgeführt. Die Anzahl der Interviews pro Wahlkreis unterscheidet sich von Wahlkreis zu Wahlkreis. Wir führen aber mindestens 35 Interviews in jedem Wahlkreis durch. Natürlich können wir nicht alle Menschen in einem Wahlkreis dazu befragen, wie sie wählen würden, und ein Modell kann nicht so genaue Ergebnisse liefern wie eine umfassende Befragung in jedem Wahlkreis. Die Stichprobengröße in den einzelnen Wahlkreisen ist für das YouGov Wahlmodell nicht der entscheidende Faktor, da wir anhand der Verteilung von demografischen und Einstellungsmerkmalen auf Wahlkreisebene die Wahlabsicht für Wahlkreise modellieren. Wir verwenden dazu Daten der Bundeswahlleiterin und Strukturdaten von microm Micromarketing-Systeme und Consult GmbH.

Berücksichtigt das YouGov Wahlmodell alle Besonderheiten eines Wahlkreises?

Nein, aber das YouGov Wahlmodell berücksichtigt eine Vielzahl von Merkmalen, anhand derer sich Wählerinnen und Wähler mit verschiedenen politischen Präferenzen unterscheiden. Dazu zählen soziodemografische Merkmale von Wählerinnen und Wählern, Wahlverhalten bei vorherigen Wahlen, strukturelle Unterschiede zwischen Wahlkreisen sowie historische Wahlergebnisse in den Wahlkreisen. Wir können zwar nicht alle Faktoren, die für jeden einzelnen Wahlkreis wichtig sind, berücksichtigen, aber die Stichprobe, die das YouGov Wahlmodell verwendet, hilft uns, das Verhalten von Wählerinnen und Wählern an verschiedenen Orten in ganz Deutschland besser zu verstehen.

Wie präzise sind die Ergebnisse des YouGov Wahlmodells?

Sowohl die Schätzung der Sitzverteilung im neuen Bundestag als auch der Wahlabsicht auf Bundes-, Landes- und Wahlkreisebene sind mit Unsicherheit behaftet (wie jede Messung mit Befragungsdaten). Für jede Partei in jedem Wahlkreis sowie für die Gesamtzahl der Sitze für jede Partei insgesamt geben wir „Konfidenzintervalle“ an. Konfidenzintervalle stellen den Bereich dar, von dem wir glauben, dass die „wahren“ Anteile (und Sitzzahlen) mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % liegen. Bei der Bewertung der Ergebnisse muss berücksichtigt werden, dass sowohl die Anzahl der Sitze als auch die Anteile an der Wahlabsicht für alle Parteien sehr wohl höher oder niedriger als der geschätzte mittlere Wert ausfallen können.

Wer hat das YouGov Wahlmodell entwickelt?

Das YouGov Wahlmodell wurde vom Political Research Team von YouGov unter der Leitung von Dr. Patrick English entwickelt. Unser Team hat vor kurzem erfolgreich MRP-Wahlmodelle für die spanische Parlamentswahl 2023, die katalanische Parlamentswahl 2024, die britischen Kommunalwahlen 2023 und die britischen Unterhauswahlen 2024 erstellt. Die MRP-Wahlmodelle von YouGov werden mit der Open-Source-Software Stan geschrieben und geschätzt. Stan wurde an der Columbia University von Andrew Gelman und seinen Kollegen entwickelt, mit Unterstützung von YouGov und anderen Organisationen.

Warum führen wir das YouGov Wahlmodell durch?

Es wird immer schwieriger, den Ausgang von Wahlen einzuschätzen – deshalb suchen wir neben klassischen Umfragen nach neuen Methoden, um dieser Herausforderung zu begegnen. Wir sind uns bewusst, dass wir ein Risiko eingehen, in der Dynamik eines Wahlkampfes so viele Daten zu veröffentlichen. Wir fühlen uns aber als empirisch arbeitende Wissenschaftler dazu verpflichtet, innovative Methoden einzusetzen und zu testen, um die Messung von politischen Präferenzen und politischer Stimmung zu verbessern. Wir hoffen, dass sich Wählerinnen und Wähler, Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer sowie Medien dadurch ein genaueres Bild vom aktuellen Stand des Wahlkampfes machen können.

Warum sollte ich YouGov eher vertrauen als anderen Meinungsforschungsinstituten?

Während des Bundestagswahlkampfs werden auch andere Schätzungen auf Wahlkreisebene veröffentlicht werden. YouGov ist ein Pionier bei der Entwicklung und dem Einsatz von MRP-Wahlmodellen und hat diese Methode bei Wahlen in den USA, Spanien, Australien und in Großbritannien am erfolgreichsten eingesetzt. Wir sind uns jedoch bewusst, dass diese Methode neu ist, und dass jede Wahl neue Herausforderungen mit sich bringt. Methoden, die in der Vergangenheit gut funktioniert haben, funktionieren bei einer bestimmten Wahl möglicherweise nicht mehr. Wir arbeiten stetig daran, unsere Methoden zu prüfen und zu verbessern. Wir verpflichten uns, nach bestem Wissen und Gewissen der Öffentlichkeit Daten und Ergebnisse zur Verfügung zu stellen, die zeigen, was die Welt denkt.

Weitere Daten und Artikel erkunden