Die chinesische Elektronikmarke Xiaomi baut ihre Präsenz in Deutschland aus – unter anderem durch Kooperationen mit MediaMarkt und Saturn. Mehr Verbraucher kaufen die Marke, aber der ganz große Sprung ist bisher ausgeblieben.
Zugegeben, besonders weit aus dem Fenster gelehnt haben wir uns nicht, als wir vor einem Jahr vorhergesagt haben, dass Xiaomi 2020 in Deutschland stark an Bekanntheit gewinnen wird. Wie groß der Zuwachs ist, ist aber trotz der Vorhersagbarkeit des Trends beeindruckend: Vor einem Jahr war Xiaomi 22 Prozent der Deutschen ein Begriff, heute haben 37 Prozent schon von der Marke gehört. Vor dem Hintergrund, dass wegen der Pandemie physische Präsenz mit Ladenlokalen eine geringere Rolle gespielt haben dürfte, ist das umso imposanter. Andere Dimensionen aus dem BrandIndex, dem YouGov-Markenmonitor, deuten allerdings darauf hin, dass Xiaomi noch Überzeugungsarbeit zu leisten hat.
Zwar steht die Marke für mehr Verbraucher als zuvor für ein positives Preis-Leistungs-Verhältnis und mehr Menschen haben generell einen positiven Eindruck von ihr. Auch sehen wir steigende Zahlen für das Kaufinteresse, und der Anteil der Verbraucher, die kürzlich tatsächlich ein Xiaomi-Produkt gekauft haben, hat sich innerhalb eines Jahres von vier Prozent auf sechs Prozent fast verdoppelt. Aber das scheint allein der steigenden Bekanntheit und Verfügbarkeit der Marke geschuldet zu sein. Denn betrachten wir dieselben Dimensionen nicht für die Gesamtbevölkerung, sondern werten nur Angaben von Menschen aus, die die Marke kennen, dann stagnieren die Werte: Vor einem Jahr konnten sich etwa 25 Prozent der Kenner der Marke vorstellen, ein Xiaomi-Produkt zu kaufen, heute liegt der Wert ein paar Prozentpunkte darunter.
Mit weiter steigender Bekanntheit drohen diese Werte weiter zu fallen, wenn Xiaomi neu gewonnene Markenkenner nicht gleichzeitig von den Vorzügen der Marke überzeugen kann. Der Wert könnte sich also in Richtung von HTC (13 Prozent Kaufinteresse unter den Markenkennern) oder etwa in Richtung des Samsung Galaxy (36 Prozent) entwickeln.
Dabei soll ein Ausbau der Zusammenarbeit mit MediaMarkt und Saturn helfen. Wo bisher vor allem Xiaomi-Smartphones zu finden waren, sollen in Zukunft auch Smart-Home-Komponenten, Gaming-Produkte und Haushaltsgeräte wie Kochplatten und Luftreiniger Kunden für die Marke gewinnen. Einen ersten Eindruck davon bietet Xperion, ein Shop-in-Shop-Konzept, das Saturn in Köln präsentiert. Von dort sollen sich Xiaomi-Flächen auf alle 423 Märkte von MediaMarktSaturn in Deutschland ausbreiten.
Wo sich die Zielgruppen von Saturn und Xiaomi überschneiden, zeigt unser Tool YouGov Profiles. Für beide Marken interessieren sich vor allem Männer mit einem überdurchschnittlichen Einkommen. Einen spürbaren Unterschied gibt es in der Altersstruktur: Saturn-Kunden sind etwas älter als Xiaomi-Kunden oder Verbraucher, für die Xiaomi infrage kommt.
Wer bei Saturn kauft, zeigt vergleichsweise hohes Kaufinteresse für Xiaomi. Immerhin zehn Prozent der Saturn-Kundschaft können sich den Kauf eines Xiaomi-Gerätes vorstellen, fünf Prozent haben schon eins. Samsung, Apple und auch Huawei sind aber wie in der Gesamtbevölkerung auch unter Saturns Kunden deutlich begehrtere Smartphone-Marken.
Mit Podcasts die Zielgruppe erreichen
Will Xiaomi mehr Verbraucher in Deutschland überzeugen, gibt YouGov Profiles Hinweise, wie das am besten gelingen kann. Entsprechend der jüngeren Altersstruktur, geben sieben Prozent der Xiaomi-Käufer und -Kaufinteressenten an, dass sie für Werbung in Podcasts empfänglich seien. In der Gesamtbevölkerung liegt dieser Wert bei nur drei Prozent. Auch Werbung auf Videoplattformen nehmen die potenziellen Xiaomi-Kunden verstärkt wahr. Das gilt auch für andere digitale Werbekanäle. Bisher erreicht Xiaomi nur 17 Prozent der Markenkenner mit Werbung. An kürzlich wahrgenommene Werbung für Huawei hingegen kann sich mehr als jeder fünfte Kenner dieser Marke erinnern.
Wenn wir eine Prognose fürs nächste Jahr wagen sollen, dann kann es für Xiaomis Bekanntheit eigentlich nur weiter steil aufwärtsgehen. Es ist möglich, dass die Marke in einem Jahr in Deutschland bekannter ist als etwa HTC. Ein breiteres Produktportfolio dürfte auch dafür sorgen, dass mehr Menschen Xiaomi-Geräte kaufen. Aber wie stark dieser Zuwachs ausfallen wird, dürfte immer stärker von anderen Dimensionen im BrandIndex abhängen: Werte wie Qualität, Kundenzufriedenheit und Weiterempfehlungsbereitschaft gewinnen für das Wachstum der Marke in Deutschland an Relevanz.
So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.