Deutsche Bank - Demontage einer Marke

Holger GeißlerBis Dezember 2017 Head of Research bei YouGov Deutschland
Juni 19, 2015, 8:57 vorm. GMT+0

Die Krise der Deutschen Bank nimmt dramatische Züge an – auch hinsichtlich ihres Rufs. Doch das Negativ-Image des Unternehmens ist chronisch und tritt durch die jüngsten Turbulenzen nur noch deutlicher zutage.

von Holger Geißler, Vorstand YouGov Deutschland AG

Solche Werte sehen wir im BrandIndex wirklich selten: sämtliche Kriterien mit negativem Vorzeichen, in sechs von sieben Fällen so tief, dass ein weiteres Absinken kaum vorstellbar ist. Die Deutsche Bank hat offensichtlich nicht nur Probleme mit ihrer Führung, ihren Aktionären und Strafverfolgern, sondern auch ein ernstes Imageproblem. Sicher hängt das eine mit den anderen Problemen zusammen, doch ist die Deutsche Bank schon so lange konstant negativ in der Verbraucher-Bewertung, dass der Kern des Imageproblems woanders liegen muss.

Für den BrandIndex befragen wir beim Marktforschungsinstitut YouGov täglich eine repräsentative Stichprobe von Verbrauchern. In mehreren Kategorien bewerten sie Marken entweder positiv oder negativ, Daumen rauf oder Daumen runter. Positive und negative Stimmen gegeneinander aufgerechnet tragen wir auf einer Skala von -100 bis +100 auf. Und so schneidet die Deutsche Bank aktuell ab: Allgemeiner Eindruck -22 Punkte, Qualität -12, Preis-Leistungs-Verhältnis -20, Arbeitgeberimage -13, Weiterempfehlungsbereitschaft -22 Punkte. Einziger kleiner Lichtblick: etwa gleich viele Verbraucher geben an, dass sie als Kunde der Deutschen Bank zufrieden oder unzufrieden sind: -3 Punkte. Zusammengefasst führt das zu einem Indexwert von -15 Punkten, letzter Platz unter den von uns beobachteten deutschen Finanzinstituten und einer der schlechtesten Werte von deutschen Marken aktuell. Selbst der seit langem unbeliebte Geflügel-Produzent Wiesenhof genießt derzeit ein besseres Ansehen.

Extremwerte, Stagnation und Funkstille

Die Werte sind in ihrer Extremität eindeutig auf die Turbulenzen der vergangenen Wochen und Monate zurückzuführen. Doch die generelle negative Bewertung der Deutschen Bank ist chronisch und nichts Neues.

Aufschlussreich ist ein Vergleich mit der Commerzbank. Im Sommer vor zwei Jahren bewerteten Verbraucher sie noch in etwa gleich schlecht wie die Deutsche Bank. Doch in vielerlei Hinsicht konnte die Commerzbank seither ihr Image kontinuierlich verbessern. Beim allgemeinen Eindruck und in der Qualitätswahrnehmung hat sie inzwischen den positiven Bereich der Skala erreicht. Im einstelligen Bereich zwar, aber immerhin. Damit einher geht auch eine anhaltende Steigerung bei der Weiterempfehlungsbereitschaft.

Ein Grund könnte sein, dass die Commerzbank offenbar einen besseren Draht zu den Verbrauchern hat und sich durch Werbung intensiver um die Imagepflege bemüht. In der zweiten Jahreshälfte 2013 gaben mehr und mehr Verbraucher an, Werbung der Commerzbank wahrgenommen zu haben. Seitdem hat sich der Wert auf dem vergleichsweise hohen Niveau von 20 Prozent eingependelt. Heißt: Jeder fünfte, der die Marke Commerzbank kennt, hat in den vergangenen zwei Wochen Werbung von ihr wahrgenommen. An Werbung der Deutschen Bank können sich hingegen nur halb so viele Deutsche erinnern, und dieser Wert blieb bis zuletzt recht konstant. Die Commerzbank verändert sich und vermittelt das erfolgreich an Verbraucher (http://www.horizont.net/marketing/nachrichten/Commerzbank-Eine-Joggingrunde-in-London-fuer-das-Investmentbanking-134389), während bei der Deutschen Bank laut BrandIndex bestenfalls Stagnation herrscht.

Ein Ass hat die Deutsche Bank allerdings im Ärmel – noch. Die Postbank steht in fast jeder Hinsicht gleich gut oder besser da als die Commerzbank. Sie steckte aber auch nie so tief in der Imagekrise wie die beiden anderen Häuser und erreichte in den vergangenen Jahren durchgängig positive Indexwerte.

Foto: Michael Ottersbach/pixelio.de