Wie steht die Schweizer Bevölkerung zur Einigung im Zollstreit mit den USA?

Dr. Fabian BergmannResearch Consultant - Social Research
Dezember 01, 2025, 7:26 vorm. GMT+0

Das YouGov-Stimmungsbarometer zeichnet ein kontinuierliches Bild der öffentlichen Meinung

Seit der Einführung der 39 Prozent Zölle Anfang August schien der Konflikt um Schweizer Exporte in die USA festgefahren. Am 14. November gab der Bundesrat jedoch bekannt, mit der US-Administration eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung geschlossen zu haben, nach der der Zollsatz auf 15 Prozent gesenkt werden solle.

Wie aber blickt die Schweizer Bevölkerung auf diese Einigung und wie hat sich ihre Haltung im Verlauf des Konflikts verändert? Genau hier setzt das Stimmungsbarometer von YouGov Schweiz mit drei Befragungen an. Es bietet einen umfassenden, datenbasierten Einblick in die Dynamik der öffentlichen Meinung während der zentralen Phasen des Zollstreits.

Drei Erhebungen, ein fortlaufendes Bild

Wir haben die Stimmungslage in der Bevölkerung jeweils zum Zeitpunkt der Einführung der 39 Prozent Zölle, kurz vor Bekanntgabe der Einigung und unmittelbar danach erhoben. Diese drei Messpunkte erlauben es, sowohl stabile Grundhaltungen als auch Verschiebungen in Reaktion auf die politischen Entscheidungen differenziert zu erfassen.

  • 1. Befragung vom 5.–11. August 2025 mit 1'260 Teilnehmenden
  • 2. Befragung vom 29. Oktober–4. November 2025 mit 1'227 Teilnehmenden
  • 3. Befragung vom 19.–27. November 2025 mit 1'243 Teilnehmenden

Vor der Einigung: breite Sorge um die Wirtschaft, klare Ablehnung von Zugeständnissen

Zu Beginn des Konflikts gingen zwei Drittel der Befragten davon aus, dass die 39-Prozent-Zölle der Schweizer Wirtschaft deutlich schaden würden. Lediglich 5 Prozent gingen von geringen oder keinen Auswirkungen aus. Diese Einschätzung blieb auch in der zweiten Erhebung weitgehend konstant.

Trotz dieser erwarteten wirtschaftlichen Belastung sprach sich eine deutliche Mehrheit wiederholt für einen harten Kurs der Schweiz im Zollstreit aus. 66 Prozent waren im August der Meinung, die Schweiz solle sich nicht unter Druck setzen lassen und nötigenfalls den 39 Prozent Zollsatz in Kauf nehmen. Kurz vor der Einigung waren es 68 Prozent. Die Befürwortung von Zugeständnissen, um die Zölle zu verhindern oder aufzuheben sank zwischen der ersten und zweiten Befragung von 24 auf 16 Prozent. Ebenso ging der Anteil derjenigen, die höhere Investitionen Schweizer Unternehmen in den USA als Teil einer möglichen Verhandlungslösung unterstützten von 15 auf 11 Prozent zurück.

Nach der Einigung: Stimmungsumschwung, aber weiterhin Skepsis

Nach Bekanntgabe der Absichtserklärung ist nun ein Umschwung in der Stimmungslage erkennbar. Mittlerweile sind wieder 25 Prozent der Meinung, es sei grundsätzlich gut, dass die Schweiz Zugeständnisse mache, um eine Reduzierung des Zollsatzes zu erreichen. Ein Wert, der ähnlich hoch ist wie zum Zeitpunkt der Einführung der 39 Prozent Zölle. Noch deutlicher ist die Änderung beim Thema Investitionen durch Schweizer Unternehmen in den USA. Wenn durch die Verringerung der Zölle wiederum die Schweizer Wirtschaft profitiert, fände gut ein Drittel (34 Prozent) der Befragten es gut, den USA auf diesem Weg entgegenzukommen.

Gleichzeitig gibt es jedoch auch eine stark verbreitete Skepsis innerhalb der Schweizer Bevölkerung gegenüber der aktuellen Zolleinigung. Nur 21 Prozent zeigen eine klare Unterstützung für den Deal als solchen. Über die Hälfte der Befragten (55 Prozent) ist hingegen der Meinung, die Schweiz habe sich erpressen lassen, da trotz der erwarteten Zugeständnisse der neue Zollsatz von 15 Prozent weiterhin viel höher sei als die Sätze, die vor Einführung der 39 Prozent Zölle galten.

Parteipolitische Bruchlinien: Wer unterstützt den Deal?

Ein Blick auf die politischen Lager offenbart zusätzliche Variation in der Bewertung der Zoll-Einigung. Am stärksten ist der Zuspruch mit 37 Prozent unter den FDP-Anhängerinnen und -Anhängern. Gleichzeitig ist die FDP die einzige grosse Partei, innerhalb deren Anhängerschaft der Anteil derjenigen, die die Einigung unterstützen, höher ist als der Anteil derjenigen, die die Einigung nicht unterstützen.

Auch unter den Wählerinnen und Wählern von GLP, Mitte und SVP ist die Zustimmung zum Zoll-Deal zwar deutlich höher als im linken Lager, dennoch überwiegt innerhalb der Parteianhängerschaften jeweils die Ablehnung leicht. Am kritischsten gegenüber der Einigung sind die Anhängerinnen und Anhänger von SP und Grünen. Nur 10 Prozent (SP-Anhängerschaft) bzw. 13 Prozent (Grüne) äussern Unterstützung für die getroffene Absichtserklärung.

Welche Zugeständnisse wären für die Bevölkerung akzeptabel?

In der Gesamtschau ergibt sich somit ein Bild von gemischten Gefühlen nach Bekanntgabe der Einigung im Zollstreit. Während die Einigung als Ganzes nur von einer Minderheit eindeutig unterstütz wird, stehen mehr Schweizerinnen und Schweizern Zugeständnissen an die USA nun offener gegenüber als noch kurz vor der Einigung.

Welche Gegenleistungen schlussendlich tatsächlich von der Schweiz abverlangt werden, wird sich jedoch wohl erst mit Abschluss einer verbindlichen Einigung zeigen. Unsere dritte Befragung zeigt allerdings grosse Unterschiede in der öffentlichen Bewertung möglicher Zugeständnisse durch die Schweiz. Am wenigsten vertretbar fänden es die Befragten, wenn die Schweiz US-Sanktionen, insbesondere gegen China, übernehmen müsste. Ebenfalls wenig Akzeptanz zeigen sie für jährliche verpflichtende Importe bestimmter Kontingente and Rind-, Bison- und Geflügelfleisch aus den USA.

Am ehesten vertretbar fänden die Schweizerinnen und Schweizer, wenn durch den Zoll-Deal die USA zukünftig bestimmte Industrie- und Lebensmittelprodukte zollfrei in die Schweiz exportieren dürften und wenn Schweizer Unternehmen sich verpflichten, in den nächsten drei Jahren 200 Milliarden Franken an direkten Investitionen in den USA zu tätigen. Allerdings erreicht keine der Optionen, die den Befragten präsentiert wurden, eine absolute Mehrheit, die sie eindeutig als vertretbar einstuft.

Ein Stimmungsbild im Wandel

Die drei Befragungen zeigen, wie sich die Meinungen der Schweizer Bevölkerung während des bisherigen Verlaufs des Zollkonfliktes entwickelt haben. Während eine verbindliche Einigung zwischen der Schweiz und den USA noch aussteht, lässt sich dank des YouGov Stimmungsbarometers detailliert nachvollziehen, wie die Bevölkerung die bisherigen Entwicklungen bewertet. Aktuell finden nur wenige Schweizerinnen und Schweizer den Zoll-Deals in seiner bisherigen Form unterstützenswert. Auch wenn die grundsätzliche Bereitschaft für Schweizer Zugeständnisse höher ist als vor der Einigung, stossen fast alle konkreten Vorschläge, wie die Schweiz den USA entgegenkommen könnte, mehrheitlich auf Ablehnung. Es bleibt daher spannend zu beobachten, wie sich die Stimmung in der Bevölkerung entwickelt, wenn ein verbindliches Zollabkommen zwischen der Schweiz und den USA geschlossen wird.

Zur Methode:

Die hier präsentierten Daten basieren auf Umfragen, die die YouGov Schweiz als Eigenstudien mittels Online-Interviews unter den Mitgliedern des unternehmenseigenen Schweizer YouGov Panels durchgeführt hat. Die Mitglieder des Panels sind aktiv rekrutiert und haben der Teilnahme an Online-Interviews zugestimmt. Für die Befragungen wurden in den Zeiträumen 5. bis 11. August 2025 1'260 Personen, vom 29 Oktober bis 4. November 1’227 Personen und zwischen dem 19. und 27. November 1'243 Personen in repräsentativen Stichproben, quotiert nach Alter, Geschlecht und Sprachregion, befragt. Die Stichproben bilden die Grundgesamtheit der Schweizer Wohnbevölkerung zwischen18 und 79 Jahren hinsichtlich dieser Quotenmerkmale ab.

Die präsentierten Ergebnisse der Befragungen sind gewichtete Werte. Die Gewichtungen basieren auf den Variablen Alter, Geschlecht, Sprachregion, Erwerbstätigkeit und Haushaltsgrösse. Bei einer fünfprozentigen Irrtumswahrscheinlichkeit liegt der Stichprobenfehler der Befragungen bei jeweils ±2.8 Prozent.

Die Grafiken können hier kostenfrei heruntergeladen werden.

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