Stimmungsbarometer von YouGov: Kantone uneins bei Liegenschaftssteuern – E-ID findet aktuell klare Mehrheiten

Dr. Fabian BergmannResearch Consultant - Social Research
Dr. Verena MackDirector Social Research, Real Estate & Industries
Dr. Michèle KaufmannSenior Research Consultant
September 02, 2025, 11:00 vorm. GMT+0

Das YouGov Schweiz Stimmungsbarometer zu den eidgenössischen Abstimmungen am 28. September 2025

YouGov Schweiz präsentiert im folgenden Artikel die Ergebnisse der zweiten Abstimmungsumfrage. Dafür wurden zwischen dem 12. und 25. August 3'476 Personen aus unserem Online-Panel befragt. Das erste Stimmungsbild wurde vor etwas mehr als einem Monat, zwischen dem 8. und 14 Juli 2025, erhoben.

Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze – Summary

Die Zustimmung zu Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften ist im Vergleich zu unserer ersten Umfrage im Juli deutlich gesunken – von 58 auf 53 Prozent. Angesichts der statistischen Unsicherheit der Schätzung (Konfidenzintervall) könnte die Vorlage aktuell nun sogar abgelehnt werden: Die untere Schätzgrenze liegt bei 49 Prozent.

Anders präsentiert sich das Bild zum E-ID-Gesetz. Hier ist die Zustimmung im Vergleich zur ersten Umfrage im Juli nur leicht gesunken, von 63 auf 60 Prozent. Auch unter Berücksichtigung der statistischen Unsicherheit deutet dies derzeit klar auf eine Annahme des Gesetzes hin.

Neu ist, dass YouGov Schweiz auch kantonale Stimmungsbilder veröffentlicht:

  • Bei den Liegenschaftssteuern ist das Resultat in 14 von 26 Kantonen offen. Hier scheinen zwei parallele Dynamiken die Zustimmungswerte zu drücken: Insbesondere in den Kantonen mit tiefer Wohneigentumsquote und in solchen mit einem hohen Zweitwohnungsanteil ist der Ausgang der Abstimmung aktuell besonders knapp.
  • Bei der E-ID zeichnet sich hingegen eine breite Zustimmung über alle Kantone hinweg ab. Besonders hoch ist sie in Zürich, Bern und Basel-Stadt, also den Kantonen mit den grössten Metropolen.

Was steckt hinter dem geplanten Abstimmungsverhalten? YouGov Schweiz präsentiert zusätzlich zum ersten Mal eine Natural Language Processing (NLP) Analyse der offenen Begründung zur Abstimmungsabsicht. Hierdurch können die abstimmungsentscheidenden Themen aus Sicht der Bevölkerung identifiziert werden.

Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften: Die Begründungen für ein Ja oder Nein fallen vielfältig aus und spiegeln die Komplexität des Themas wider. Einig ist man sich zwar, dass sich jene, die sich eine Zweitliegenschaft leisten können, hierauf auch Steuern zahlen sollen. Doch während Befürworterinnen und Befürworter die Steuer als angemessene Kompensation betrachten – insbesondere unter Eigenheim- und Eigentumsbesitzenden – sorgen sich die Gegnerinnen und Gegner um Steuerausfälle. Sie erachten das bestehende System mit Eigenmietwert als gerechter. Zusätzlich sorgen sich die Gegnerinnen und Gegner darum, dass nötige Renovierungs- und Sanierungsmassnahmen bei Liegenschaften nicht mehr durchgeführt werden, da mit der Abschaffung des Eigenmietwerts diese steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden können.

E-ID: Die wichtigsten Gründe für ein Ja liegen in den Erwartungen, dass die E-ID alltägliche Prozesse vereinfachen und einen logischen Schritt in der fortschreitenden Digitalisierung darstellen wird. Wer sie hingegen als eine Massnahme mit Potenzial für staatliche Überwachung wahrnimmt oder Sorge um den Datenschutz hat, lehnt die E-ID sehr wahrscheinlich ab.

Insgesamt ist das Informationsniveau zu beiden Vorlagen seit Juni deutlich gestiegen. Gaben damals weniger als 40 Prozent an, Medienberichte zu den Themen gelesen zu haben, sind es mittlerweile 56 Prozent. Dennoch fühlen sich weiterhin weniger als ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer (sehr) gut zu den beiden Vorlagen informiert.

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Ausführliche Ergebnisse: für Wissenshungrige, Interessierte und Personen mit Tiefgang

Um was geht es in den nächsten Abstimmungen?

Am Sonntag, den 28. September 2025, entscheiden die stimmberechtigten Schweizerinnen und Schweizer über die Einführung der kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften und des E-ID-Gesetzes. Ersteres ist Teil einer Verfassungsreform zur Besteuerung von Wohneigentum, die es Kantonen ermöglichen würde, eine neue Objektsteuer auf Zweitwohnungen zu erheben. Die Abstimmung ist mit der geplanten Abschaffung des Eigenmietwerts verknüpft – wird der Bundesbeschluss abgelehnt, fällt die gesamte Reform. Das E-ID-Gesetz sieht die Einführung einer staatlich herausgegebenen elektronischen Identität (E-ID) vor, die es ermöglichen soll, sich online auszuweisen – etwa bei Behördengängen, Bankgeschäften oder anderen digitalen Diensten.

Wie hat sich das Stimmungsbild zu den Abstimmungsvorlagen im letzten Monat verändert? 

Die Abstimmungskampagnen haben spürbar Fahrt aufgenommen – das zeigt sich in der zunehmenden Medienberichterstattung. Inzwischen gibt mehr als die Hälfte der Befragten an, Berichte zu den beiden Vorlagen gelesen zu haben.

Zustimmung zu Liegenschaftssteuern deutlich unter Druck

Während im Juli noch eine klare Mehrheit für die Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften sprach (58 Prozent Ja / eher Ja-Stimmen), ist die Zustimmung nun auf 53 Prozent gesunken. Das Nein-Lager legte im gleichen Zeitraum von 25 auf 31 Prozent zu. Der Anteil Unentschiedener oder Personen ohne Angabe ist mit -1 Prozentpunkt nahezu stabil geblieben.
Angesichts der statistischen Unsicherheit könnte die Vorlage sogar abgelehnt werden: Die untere Schätzgrenze liegt aktuell bei 49 Prozent.

E-ID weiterhin klar auf Kurs

Stabiler präsentiert sich die Ausgangslage beim E-ID-Gesetz. Die Zustimmung ist lediglich leicht zurückgegangen – von 63 auf 60 Prozent. Gleichzeitig ist das Nein-Lager um 4 Prozentpunkte auf 30 Prozent gewachsen. Auch hier blieb der Anteil der Unentschlossenen oder Personen ohne Angabe mit -1 Prozentpunkt nahezu unverändert. Trotz dieser leichten Verschiebungen deutet die aktuelle Schätzung weiterhin klar auf eine Annahme hin.

Momentaufnahme mit Signalwirkung

Die Ergebnisse zeigen: Während die E-ID nach wie vor breite Zustimmung geniesst, gerät die Liegenschaftssteuer zunehmend ins Wanken. Ob sich dieser Trend im weiteren Verlauf der Abstimmungskampagne verstärkt oder abschwächt, bleibt abzuwarten. Eine detaillierte Beschreibung der verwendeten Modellierungsmethode (MRP – Mehrebenen-Regressionsmodell mit Poststratifikation) findet sich im Abschnitt Methodische Erläuterungen.

Erstmals Schätzungen der Abstimmungsabsichten auf kantonaler Ebene

Dank des MRP-Modells und der Daten der aktuellen Umfrage ist es uns möglich, erstmalig auch auf kantonaler Ebene zu schätzen, wie die Abstimmungen aktuell ausgehen würden. Das Schätzmodell berücksichtigt dabei kantonale Charakteristika, nutzt jedoch die Gesamtheit der Befragungsdaten, um die aktuelle Abstimmungsabsichten in jedem Kanton zu schätzen. Das ermöglicht es, auch für Kantone mit geringer Bevölkerungsgrösse Ergebnisse auszuweisen.

Wichtig ist dabei zu betonen, dass es sich um Schätzungen handelt. Das heisst, die Ergebnisse sollten nicht als exakte Prognose für jeden einzelnen Kanton missverstanden werden. Vielmehr erlauben sie, Muster zu untersuchen und aufzudecken, worin sich manche Kantone ähneln und andere unterscheiden. Wir differenzieren dabei zwischen Kantonen mit unsicherer Schätzbasis und Kantonen, bei denen die Schätzung zu keinem eindeutigen Ergebnis kommt. Ersteres bedeutet, dass aufgrund der verfügbaren Datenbasis und Modelperformanz für bestimmte Kantone die Schätzung mit besonderer Vorsicht zu geniessen ist. Zweiteres hingegen bedeutet, dass in einem Kanton das geschätzte Ergebnis nicht eindeutig über oder unter der 50%-Grenze für die Annahme einer Vorlage liegt.

Ein Blick auf die kantonalen Schätzungen, wie aktuell über die Liegenschaftssteuern abgestimmt würde, zeigt für 14 von 26 Kantonen kein eindeutiges Ergebnis, während für den Kanton Obwalden die Schätzbasis als unsicher einzuordnen ist. Somit entspricht in den meisten Kantonen die kantonale Stimmung auch dem nationalen Gesamtbild.

Insbesondere in den Westschweizer Kantonen Waadt, Genf und Neuenburg liegt der Punktschätzer – das heisst, der Wert mit der höchsten Wahrscheinlichkeit – sogar bei weniger als 50%, während er im Kanton Freiburg und im Wallis genau diese Marke trifft. In all diesen Kantonen ist jedoch weiterhin sowohl eine Annahme als auch die Ablehnung der Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften möglich. Die Kantone, in denen das geschätzte Ergebnis eindeutig über 50% beträgt, liegen hingegen allesamt in der Deutschschweiz.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch nicht nur der klassische Unterschied zwischen den Sprachregionen. Unsere MRP-Kantonsschätzungen ermöglichen darüber hinaus noch weitere, detaillierte Einblicke in die Schweizer Stimmungslagen. So ist einerseits der Ausgang in Kantonen mit den tiefsten Wohneigentumsquoten, Basel-Stadt, Genf, Zürich, Neuenburg und Waadt, noch offen. Andererseits fällt auch auf, dass die geschätzte aktuelle Zustimmung in Kantonen mit besonders hohen Anteilen an Zweitwohnungen – Uri, Jura, Wallis und Tessin – mit Ausnahme von Graubünden ebenfalls nicht eindeutig über der 50 Prozent-Marke liegt. Im Kanton Bern scheinen sich beide Muster sogar zu überschneiden, da einerseits die Stadt Bern eine tiefe Wohneigentumsquote aufweist, während im Berner Oberland ein hoher Anteil an Zweitwohnungen besteht.

Die Betrachtung der kantonal geschätzten Ergebnisse weist somit auf eine doppelte Dynamik hin, die die zögerliche Zustimmung zu den Liegenschaftssteuern erklären könnte: Zum einen profitieren Mieter/innen nicht von der Abschaffung des Eigenmietwerts und haben entsprechend weniger Anreize, der Verfassungsänderung zuzustimmen. Zum anderen profitieren Gegenden mit hohem Zweitwohnungsanteil schon im bestehenden System von Steuereinnahmen durch die Eigenmietwertbesteuerung. Hier lassen die Ergebnisse darauf schliessen, dass viele Stimmberechtigte aktuell nicht überzeugt sind, dass die neuen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften den Wegfall ausreichend kompensieren werden.

Bezüglich der Abstimmung über die E-ID zeigt sich ein gänzlich anderes Bild auf kantonaler Ebene. Hier schätzt unser MRP-Modell in allen Kantonen den aktuellen Ja-Stimmenanteil eindeutig auf mehr als 50%. Für die Kantone Appenzell Innerrhoden, Obwalden, Uri und Tessin ist die Aussagekraft der Schätzung jedoch insgesamt eingeschränkt. Nichtsdestotrotz lohnt sich auch hier ein detaillierter Blick auf die Stimmung in der politischen Landschaft der Schweiz: Die höchsten geschätzten Zustimmungswerte zur E-ID finden sich in Basel-Stadt, Bern und Zürich, den Kantonen mit den grössten urbanen Zentren der Deutschschweiz.

Während es bezüglich der Liegenschaftssteuern also mehrere Dynamiken gibt, die die Abstimmungsabsichten in den Kantonen prägen, scheint bei der E-ID vor allem der Stadt-Land Unterschied ein relevanter Faktor zu sein.

Jenseits der Prozentwerte: Wie NLP das Warum sichtbar macht

Um zu verstehen, warum die Bevölkerung sich für oder gegen eine Vorlage ausspricht, wurden die Teilnehmenden der Umfrage gebeten, ihre Abstimmungsabsicht in einer offenen Antwort zu begründen. Diese Texte haben wir mittels Natural Language Processing (NLP) ausgewertet. Mit der Methode können Themenfelder identifiziert, ihre Nennhäufigkeit erfasst und ihr Einfluss auf Zustimmung bzw. Ablehnung quantifiziert werden. Ergänzend machen Netzwerkanalysen sichtbar, wie zentrale Begriffe innerhalb dieser Themen miteinander verknüpft sind und welche Argumentationsstränge daraus entstehen. So ergeben sich aus freien Antworten strukturierte Einsichten über Motive und Prioritäten – inklusive seltener, aber besonders wirksamer Argumente.

Haupttreiber für und gegen die Liegenschaftssteuern

Bei den Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften trägt im Zustimmungslager vor allem die Idee der Kompensation: Wenn der Eigenmietwert entfällt, soll eine Abgabe auf Zweitliegenschaften den Ausgleich schaffen. Die Ablehnung speist sich vor allem aus der Befürchtung von Steuerausfällen. Ergänzend treten Renovierungen und die Instandhaltung von Immobilien als ablehnungsfördernde Punkte auf: Zwar werden sie seltener genannt, entfalten aber, wenn sie vorkommen, einen deutlichen Einfluss – verbunden mit der Sorge, dass Unterhalt und Sanierungen weniger attraktiv oder schwerer finanzierbar würden. Insgesamt prallen zwei Gerechtigkeitsverständnisse aufeinander: Ausgleich über eine neue Abgabe versus Zweifel an ihrer finanziellen Wirkung und ihren Nebenfolgen.

Das Portfolio zur Liegenschaftssteuer und zur E-ID stellt die offenen Antworten entlang zweier Dimensionen dar: Auf der X-Achse zeigen wir die Wirkung als Treiber – Themen rechts wirken zustimmungsfördernd, Themen links ablehnungsfördernd, Werte nahe null sind für die Entscheidung wenig richtungsweisend. Die Y-Achse zeigt die Häufigkeit, also wie oft ein Thema spontan genannt wird. Die Grösse der Kreise kombiniert beides (Grösse des Themas × Treiberstärke) und markiert damit besonders prägende Inhalte. So lässt sich das Diagramm intuitiv lesen: grosse Kreise rechts sind starke Pro-Treiber, grosse Kreise links starke Contra-Treiber. Weit rechts oder links, aber tief stehende Punkte sind selten, wirken jedoch sehr stark, wenn sie vorkommen.

In den Begründungen der Idee zur Kompensation der Steuer stehen damit verknüpfte Vorstellungen von Gerechtigkeit und Vermögensverteilung im Vordergrund. Diese Interpretation wird durch Begriffe wie «reich, besitzen, leisten, besteuern und bezahlen» getragen. Der Detailausschnitt zeigt die tragenden Verbindungen innerhalb dieses Clusters: Menschen beziehen sich auf konkrete Besitzverhältnisse (Zweitliegenschaften/Zweitwohnung, besitzen), die finanzielle Leistungsfähigkeit (leisten, reich) und die Legitimation der Abgabe (besteuern, bezahlen). Die dicken Linien markieren jene Begriffspaare, die besonders häufig gemeinsam genannt werden; grössere Knoten stehen für häufigere Begriffe. Insgesamt ergibt sich ein konsistentes Narrativ: Wer sich eine Zweitliegenschaft leisten kann, soll über eine Steuer einen spürbaren Beitrag leisten – als Kompensation und zur Wahrung der Gerechtigkeit.

Die Ablehnung speist sich vor allem aus der Befürchtung von Steuerausfällen. Viele bezweifeln, dass die neue Abgabe den Wegfall des Eigenmietwerts tatsächlich auffängt, und stellen die Systemlogik der Kompensation grundsätzlich infrage. Im Netzwerk bündelt sich dieses Narrativ um den Knoten Steuerausfälle; häufig gemeinsam genannt werden Wohneigentum, Liegenschaftssteuer, Eigenmietwert und Abschaffung – die Diskussion kreist damit um die Frage, ob die neue Steuer die entstehende Lücke wirklich schliesst. Der Detailausschnitt macht die stärksten Verbindungen sichtbar: Steuerausfälle verknüpft sich mit Wohneigentum und Liegenschaftssteuer, während Eigenmietwert und Abschaffung den systemischen Bezugspunkt bilden. Kompensation taucht zwar auf, wird semantisch jedoch relativiert («reicht nicht aus»). Eine zweite Strangbildung verbindet besteuertwiesoreich: Hier spiegelt sich die Debatte, ob beziehungsweise, dass die Besteuerung «Reicher» zwar legitim ist, dies die Ausfälle aber dennoch nicht ausgleichen kann. Insgesamt dominiert damit ein finanz- und systemlogisch begründetes Narrativ, weshalb Steuerausfälle als klarer Ablehnungstreiber wirkt.

Haupttreiber für und gegen das E-ID-Gesetz

Zustimmung zur E-ID entsteht vor allem durch den wahrgenommenen Alltagsnutzen; die E-ID wird als einfach, praktikabel und als logischer Schritt ins digitale Zeitalter verstanden (Einfaches Thema mit Zukunftsbezug, Digitales Zeitalter, Vereinfachung, Bürokratieabbau). Ablehnung wird primär von der Sorge vor Überwachung getragen, flankiert von Bedenken zu Cybersicherheit und Persönlichkeitsschutz. Insgesamt gilt: Greifbarer Nutzen überzeugt, Kontrollrisiken bremsen.

In den offenen Begründungen der Zustimmenden zeigt sich besonders das Thema «einfaches Thema mit Zukunftsbezug» als starker Treiber. Zentral steht der Begriff erleichtern, der sich eng mit Formulierungen wie vieles, sehen, privat und freiwillig verbindet. Das signalisiert einen sehr konkreten Alltagsnutzen: Die E-ID soll viele Dinge sichtbar einfacher machen, übersichtlicher und ohne Zwang funktionieren und sich reibungslos im privaten Leben einsetzen lassen. Die starken Verbindungen rund um erleichtern zeigen, dass Befürwortende weniger über Technik sprechen als über spürbare Vereinfachungen – schnellere Prozesse, weniger Hürden und ein Schritt, der ohnehin in eine digitale, zukunftsgerichtete Verwaltung führt. Insgesamt entsteht das Bild einer Lösung, die praktisch, freiwillig und alltagsnah ist; genau diese Kombination trägt die Zustimmung.

In den offenen Begründungen der Ablehnenden bündeln sich die Antworten unter dem Leitmotiv « Überwachung ». Ausgehend von Überwachungsstaat verdichten sich starke Verbindungen zu E-ID und Digitalisierung; von dort führt die Argumentationslinie weiter zu elektronischen Verfahren sowie den Knoten Sicherheit und sicher. Diese Kette zeigt, wie die E-ID als Türöffner für stärkere Kontrolle gelesen wird: Digital = elektronisch nachverfolgbar = potenziell überwachbar. Datenschutz erscheint im Detailausschnitt als Prüfstein innerhalb dieses Themas mit dem Fokus der Skepsis, ob Schutzversprechen im Zusammenspiel mit einer zentralen digitalen Identität tatsächlich genügen. Insgesamt entsteht ein geschlossenes Thema, nach dem die E-ID nicht als praktische Erleichterung interpretiert wird, sondern als Einfallstor für potenzielle staatliche Überwachung.

Über beide Themen hinweg zeigt sich ein wiederkehrendes Muster: Zustimmung entsteht, wenn der wahrgenommene, alltagsnahe Nutzen klar erkennbar ist (Kompensation beim Wegfall des Eigenmietwerts; unkomplizierte, digitale Prozesse). Ablehnung entsteht, wenn zentrale System- oder Prinzipienfragen offenbleiben (Reicht die Kompensation wirklich? Droht Überwachung?) oder wenn potenzielle Nebenwirkungen ins Gewicht fallen (Renovierungen/Instandhaltung). NLP hilft, diese Motive aus offenen Antworten zu extrahieren, ihre Vernetzung sichtbar zu machen und ihren Einfluss zu quantifizieren. So werden freie Texte interpretierbar und zu einer robusten Grundlage, um Argumentationsfelder zu verstehen, Schwerpunkte zu setzen und Kommunikation gezielt auszurichten.

Wahrgenommene Wichtigkeit der Abstimmungen, Informationsniveau und Komplexität

Die veränderte Einstellung der Schweizerinnen und Schweizer bezüglich der Liegenschaftssteuern zeigt sich auch, wenn es darum geht, als wie wichtig das Thema wahrgenommen wird, und inwieweit die Befragten sich bereits darüber informiert haben. So geben mittlerweile 55% an, die Abstimmung über die Liegenschaftssteuern sei ihnen persönlich (sehr) wichtig. Bei der Abstimmung über die E-ID liegt dieser Anteil bei 58%. Auch fühlen sich mittlerweile 28% (Liegenschaftssteuern) respektive 30% (E-ID) gut bis sehr gut über die bevorstehenden Abstimmungen informiert. Dies lässt sich insbesondere darauf zurückführen, dass die Themen stärker in den Medien wahrgenommen werden. Zudem ist insbesondere im Falle der Liegenschaftssteuern auch der Anteil der Schweizerinnen und Schweizer, die in privaten Diskussionen über die Abstimmung sprechen, deutlich gestiegen (von 21% im Juli auf 32% im August). Dennoch wird die Abstimmung über die Liegenschaftssteuern weiterhin von mehr Befragten (57%) als (sehr) komplex wahrgenommen als die Vorlage zum E-ID-Gesetz (32%).

Insgesamt fügen sich die Ergebnisse des neuen Stimmungsbarometers von YouGov zu den eidgenössischen Abstimmungen am 28. September zu einem erkenntnisreichen Gesamtbild. Während sich die Zustimmungswerte und Einstellungen gegenüber der E-ID im Vergleich zum Juli nur leicht verändert haben, ist die öffentliche Meinung hinsichtlich der Abstimmungen über die Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften viel dynamischer. Trotz der Komplexität des Themas ist es in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich wichtiger geworden. Gleichzeitig ist es auch öfter Bestandteil von privaten Diskussionen in der Schweizer Stimmbevölkerung. Diese gesteigerte Aufmerksamkeit trägt dazu bei, dass sich die Abstimmungsabsicht im Vergleich zum Juli deutlich verändert hat. Würde zum jetzigen Zeitpunkt abgestimmt, wäre der Ausgang deutlich offener als noch vor einem Monat.

Es bleibt daher spannend, wie sich die öffentliche Meinung in den letzten vier Wochen vor den Abstimmungen am 28. September entwickelt. Bleibt es bei der deutlichen Zustimmung zum E-ID-Gesetz? Nimmt der Ja-Anteil zu den Liegenschaftssteuern weiter ab, sodass die Verfassungsänderung schlussendlich doch abgelehnt wird, oder gelingt es dem Lager der Befürworterinnen und Befürworter den Trend zu stoppen und eine Mehrheit der Stimmbevölkerung zu überzeugen? Um diese Fragen zu beantworten, wird YouGov Schweiz die Stimmungen weiterhin eng begleiten und mit Hilfe seines Online-Panels und innovativer Methoden laufend erfassen.

Die Resultate der Befragung vom Juli finden Sie hier.

Methodische Erläuterungen

Die oben präsentierten Resultate basieren auf einer Umfrage, die die YouGov Schweiz AG (ehemals LINK Marketing Services AG) als Eigenstudie mittels Online-Interviews unter den Mitgliedern des unternehmenseigenen Schweizer YouGov Panels durchgeführt hat. Die Mitglieder des Panels sind aktiv rekrutiert und haben der Teilnahme an Online-Interviews zugestimmt. Für diese Befragung wurden im Zeitraum 12. bis 25. August 2025 insgesamt 3’476 Personen in einer repräsentativen Stichprobe, quotiert nach Alter, Geschlecht und Sprachregion, befragt. Die Stichprobe bildet die Grundgesamtheit der stimmberechtigten Bevölkerung der Schweiz ab 18 Jahren hinsichtlich dieser Quotenmerkmale ab. Die präsentierten Werte der aktuellen Abstimmungsabsicht wurden mittels MRP-Modellierung berechnet, alle anderen abgebildeten Daten sind gewichtete Werte. Die Gewichtung basiert auf den Variablen Alter, Geschlecht, Sprachregion, Erwerbstätigkeit und Haushaltsgrösse. Bei einer fünfprozentigen Irrtumswahrscheinlichkeit liegt der Stichprobenfehler bei ±1.66 Prozent.

MRP-Modellierung:

Die Schätzung der Abstimmungsabsichten erfolgte mit einem sogenannten Mehrebenen-Regressionsmodell mit Poststratifikation (MRP). Dabei wird in einem statistischen Verfahren die Beziehung zwischen einer Vielzahl von Merkmalen potenzieller Abstimmungsteilnehmerinnen und -teilnehmer und ihrer Präferenzen – d.h., ob sie bei einem Abstimmungsthema (aktuell eher) mit ja oder nein abstimmen würden – geschätzt. Das Modell identifiziert so unterschiedliche Gruppen der Stimmbevölkerung, für die die Wahrscheinlichkeit, mit ja oder nein zu stimmen, berechnet wird. Als Gruppen berücksichtigen wir die verschiedensten Kombinationen aus Alter, Geschlecht, Bildungsabschluss, Parteipräferenz und Kanton.

Zunächst wird die Teilnahmewahrscheinlichkeit an den Referenden für alle kombinierten Gruppen geschätzt. Anschliessend folgt eine Schätzung des Abstimmungsverhaltens der Gruppen bei den Referenden. Für Gruppen, für die nur wenige Beobachtungen zur Verfügung stehen, kann die Mehrebenenregression die Schätzung durch die Daten von ähnlichen Gruppen verstärken. Die Vorhersage auf Gruppenebene wird mit Hilfe der bekannten Bevölkerungsanteile (Daten des BFS Schweiz) und der vorhergesagten Teilnahmewahrscheinlichkeit auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet.

Wie bei jeder Messung mit Befragungsdaten ist die MRP-Modellierung der Abstimmungsabsicht mit Unsicherheit behaftet. Daher geben wir für die Ja-Anteile jeder Abstimmung «Konfidenzintervalle» an, denn die Ja-Anteile sind schlussendlich ausschlaggebend, ob eine Vorlage angenommen oder abgelehnt wird. Das Konfidenzintervall soll mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent den wahren Anteil einschliessen. Einfach ausgedrückt – wenn auch in der Sprache der frequentistischen Statistik nicht ganz exakt – ist zu beachten, dass der wahre Wert mit grösserer Wahrscheinlichkeit näher in der Mitte des Intervalls liegt als an dessen Rändern.

Mit der MRP-Modellierung der Abstimmungsabsichten möchten wir einen Beitrag zur grösseren Vielfalt und Transparenz in der Meinungsforschung leisten. Neben den inhaltlichen Erkenntnissen, die unsere Analysen der Öffentlichkeit bieten, präsentieren wir einen neuen Vergleichswert, der es ermöglicht, verschiedene Umfrageansätze und deren Ergebnisse besser einzuordnen. Wir sind uns bewusst, dass MRP-Modelle bei der Analyse von Abstimmungsumfragen in der Schweiz einen relativ neuen methodischen Ansatz darstellen. Wir arbeiten stetig daran, unsere Methoden zu prüfen und zu verbessern. Als empirisch arbeitende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fühlen wir uns dazu verpflichtet, innovative Methoden einzusetzen und zu testen, um die Messung von politischen Präferenzen und politischer Stimmung zu verbessern und Ergebnisse zur Verfügung zu stellen, die zeigen, was die Welt denkt.

Hier Kontakt aufnehmen für politische Umfrage-Updates.

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