Zur Wahlabsicht der Deutschen, zu erfüllten oder enttäuschten Erwartungen der Wähler an die Koalitionsverhandlungen und zur potentiellen Zusammenarbeit mit der AfD
Die YouGov Sonntagsfrage im April zeigt Union und AfD eine Woche vor der voraussichtlichen Kanzlerwahl gleichauf mit 26 Prozent. Für CDU/CSU bedeutet dies keine Veränderung im Vergleich zum Vormonat (26 Prozent). Die AfD erzielt im Vergleich zum März-Ergebnis ein Plus von 2 Prozentpunkten (März 2025: 24 Prozent).
Bei den anderen Parteien zeigt sich derzeit wenig Bewegung: Die SPD kommt auf 14 Prozent, und verliert damit 1 Prozentpunkt zum Vormonat. Bündnis 90 / Die Grünen erhalten 12 Prozent der Stimmen – unverändert gegenüber ihrem Ergebnis der Sonntagsfrage von März sowie dem Wahlergebnis bei der Bundestagswahl 2025. Die Linke landet ebenfalls unverändert zum Vormonat bei 10 Prozent.
Auch beim Bündnis Sarah Wagenknecht ist keine Veränderung zu verzeichnen – das BSW kommt aktuell auf 5 Prozent (unverändert zum Vormonat und zum Bundestagswahlergebnis). Die FDP landet bei 4 Prozent und erzielt somit einen Prozentpunkt mehr als im März. Sonstige Parteien liegen im April bei 3 Prozent.
Das ist das Ergebnis der aktuellen YouGov-Sonntagsfrage, für die 1.987 Personen von insgesamt 2.275 wahlberechtigten Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmern ihre Wahlabsicht abgegeben haben. Die Wahlabsicht gehört laut DSGVO zu den sensiblen personenbezogenen Daten und darf daher in YouGov-Umfragen übersprungen werden. Die Befragung fand zwischen dem 25. und 28.04.2025 statt.
Wahlberechtigte in Bezug auf Erwartungen an gewählte Partei gespalten; SPD-Wählerschaft zufriedener als Unions-Wählerschaft
Neuneinhalb Wochen nach der Bundestagswahl steht nun die voraussichtliche neue Regierung aus CDU/CSU und SPD, ein 144-seitenlanger Koalitionsvertrag und der Termin für die Kanzlerwahl. Dem vorausgegangen sind ausführliche Sondierungsgespräche und Verhandlungen zwischen den Parteien. Mit Blick auf die vergangenen Wochen und das Vorgehen der einzelnen Parteien in dieser Zeit geben 37 Prozent der Wahlberechtigten an, dass ihre Erwartungen an die von ihnen gewählte Partei erfüllt wurden. Für 5 Prozent wurden die persönlichen Erwartungen sogar übertroffen. Jede und jeder Dritte (34 Prozent) gibt allerdings an, dass die persönlichen Erwartungen an die bei der Bundestagswahl 2025 gewählte Partei enttäuscht wurden.
Ein Blick auf die Wählergruppen gibt insbesondere in Bezug auf die Wählerinnen und Wähler der Koalitionspartner interessante Einblicke. Wählerinnen und Wähler der CDU/CSU sind bei dieser Frage stark gespalten: Mit 42 Prozent ist der Anteil der Enttäuschten unter allen Wählergruppen bei den Wählerinnen und Wählern der Union am höchsten. Gleichzeitig geben 39 Prozent an, ihre Erwartungen seien erfüllt worden.
Beim Koalitionspartner SPD sieht das etwas anders aus: Im Gegensatz zur Unions-Wählerschaft zeigt sich knapp die Hälfte der SPD-Wählerinnen und -Wähler zufrieden: 47 Prozent geben an, dass ihre Erwartungen an die SPD für die Zeit nach der Wahl erfüllt worden seien. Immerhin 32 Prozent drücken jedoch ebenfalls Enttäuschung aus.
[Anmerkung: Die Befragung wurde vor der Bekanntmachung der künftigen Ministerinnen und Ministern der Union durchgeführt.]
Wahlberechtigte bewerten SPD in Koalitionsverhandlungen als durchsetzungsstärker
Passend zur gespaltenen Wahrnehmung in Bezug auf die Erfüllung der eigenen Erwartungen an ihre Partei, sind sich die Wählerinnen und Wähler der Union auch uneins, welche Partei bei den Koalitionsverhandlungen am durchsetzungsstärksten aufgetreten ist. Jeweils 29 Prozent nennen hier die CDU und die SPD als durchsetzungsstärkste Kraft bei den Koalitionsverhandlungen. 10 Prozent der Unions-Wähler entfallen auf die CSU. Unter Wählerinnen und Wählern der SPD zeigt sich erneut ein etwas klareres Bild: 31 Prozent finden, die eigene Partei war am durchsetzungsstärksten. Ein Fünftel (21 Prozent) findet dagegen, die CDU habe größere Durchsetzungsstärke bewiesen, 8 Prozent die CSU.
Drei von zehn Wahlberechtigten finden, dass nur die wenigsten der für sie relevanten Themen in den Gesprächen zur Regierungsbildung aufgegriffen wurden
Themen, die bei den Koalitionsverhandlungen viel Raum einnehmen, setzen üblicherweise Akzente für die kommende Legislaturperiode. 28 Prozent der Wahlberechtigten geben jedoch an, dass CDU, CSU und SPD in ihren Verhandlungen zur Regierungsbildung nur die wenigsten Themen aufgegriffen haben, die ihnen persönlich wichtig sind. 39 Prozent geben an, dass zumindest ein Teil der Themen, die ihnen wichtig sind, aufgegriffen wurden. Mit 9 Prozent findet nur knapp jeder zehnte Wahlberechtigte, dass die meisten Themen, die ihnen selbst sehr wichtig sind, aufgegriffen wurden. Wie zu erwarten sind die Anteile dabei unter Wählerinnen und Wählern der Union (20 Prozent) und SPD (12 Prozent) im Vergleich am höchsten - wenn auch insgesamt ebenfalls niedrig.
Ein Blick auf die Wählergruppen zeigt, dass sich die Wahlberechtigten unterschiedliche Themen präsenter in den Verhandlungen gewünscht hätten. Wählerinnen und Wähler der Grünen und Linken, die angegeben haben, dass nur die wenigsten oder nur ein Teil der für sie persönlich relevanten Themen in den Verhandlungen zur Regierungsbildung aufgegriffen wurden, hätten sich vor allem gewünscht, dass die Themen Umweltschutz und Klima, das Ungleichverhältnis zwischen Arm und Reich sowie Wohnen und Miete eine größere Rolle gespielt hätten. Wählerinnen und Wähler der AfD hätten sich gewünscht, dass die Themen Einwanderung und Asyl, Kriminalität und Rente- und Altersvorsorge mehr Raum eingenommen hätten.
Auch Wählerinnen und Wähler der Koalitionspartner Union und SPD hätten sich gewisse Themen stärker vertreten gewünscht. Unter Wählerinnen und Wählern der SPD sind das vor allem die sozialen Themen Wohnen und Miete, Schere zwischen Arm und Reich sowie Rente und Altersvorsorge. Für Wählerinnen und Wähler der Union wurden vor allem die Themen Einwanderung, Rente und Wirtschaft nicht ausreichend besprochen.
Zunehmende Akzeptanz für Zusammenarbeit mit der AfD unter deutschen Wahlberechtigten
Die AfD erzielt in der Sonntagsfrage historisch starke Ergebnisse. Gleichzeitig nimmt in Deutschland die Akzeptanz für eine potentielle Zusammenarbeit mit der AfD tendenziell zu. Unter Wahlberechtigten in Deutschland findet eine knappe Mehrheit von 53 Prozent, die Zusammenarbeit mit der AfD sollte zumindest je nach Fall in Erwägung gezogen (30 Prozent), wenn nicht sogar aktiv gesucht (23 Prozent) werden. Im Gegensatz dazu finden 40 Prozent der deutschen Wahlberechtigten, andere Parteien sollten eine Zusammenarbeit mit der AfD vollständig ausschließen.
Dies ist seit Juli 2023 (erster Messzeitpunkt dieser Frage) die bislang höchste Zustimmung zur Zusammenarbeit mit der AfD. Anfang April 2025 sprachen sich 27 Prozent für eine Zusammenarbeit je nach Fall aus, 23 Prozent waren der Meinung, die Zusammenarbeit sollte aktiv gesucht werden (Total: 50 Prozent).
Vor allem Wählerinnen und Wähler der Grünen und der Linken sprechen sich mehrheitlich für eine konsequente Ablehnung aus (77 Prozent). Unter SPD-Wählerinnen und -Wählern lehnt mit 65 Prozent ebenfalls eine Mehrheit die Zusammenarbeit ab. Allerdings sieht man auch bei Wählerinnen und Wählern dieser drei Parteien eine Annäherung: So gaben Anfang April 2025 noch jeweils deutlich mehr Befragte an, die Zusammenarbeit mit der AfD sollte vollständig ausgeschlossen werden (Wählerinnen und Wähler der Grünen: 85 Prozent / der Linken: 82 Prozent / der SPD: 75 Prozent). Weiterhin sprachen sich Anfang des Monats noch nur 16 Prozent der SPD-Wählerinnen und -Wähler dafür aus, eine Zusammenarbeit je nach Fall in Erwägung zu ziehen. Derzeit teilt rund ein Viertel der SPD-Wählerschaft diese Ansicht (26 Prozent), das ist ein Anstieg von 10 Prozentpunkten.
Wählerinnen und Wähler der Union zeigen sich weiterhin mehrheitlich offen für eine Zusammenarbeit mit der AfD: Mit 47 Prozent findet beinahe jeder Zweite, die anderen Parteien sollten eine Zusammenarbeit je nach Fall in Erwägung ziehen (Anfang April: 43 Prozent). Weitere 10 Prozent der Unions-Wählerschaft sprechen sich dafür aus, die Zusammenarbeit aktiv zu suchen (Anfang April ebenfalls 10 Prozent).
Diese Umfrage wurde von YouGov Deutschland als YouGov Surveys Eigenstudie im YouGov Omnibus Politik durchgeführt. Die Daten dieser Befragung basieren auf Online-Interviews mit Mitgliedern des unternehmenseigenen YouGov Panels. Die Mitglieder des Panels haben der Teilnahme an Online-Interviews zugestimmt. Für diese Befragung wurden im Zeitraum 25. bis 28.04.2025 insgesamt 2.275 Personen in einer repräsentativen Stichprobe, quotiert nach Alter, Geschlecht, Region, Wahlverhalten, Bildung und politisches Interesse, befragt. Die Stichprobe bildet die Wahlberechtigten Deutschlands ab 18 Jahren hinsichtlich dieser Quotenmerkmale ab.
Die Ergebnisse samt einer Erklärung der Methodik stehen hier kostenlos zur Verfügung.
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Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++