YouGov-Umfrage aus dem August 2024 unter Wahlberechtigten in Sachsen, Thüringen und Brandenburg anlässlich der anstehenden Landtagswahlen im September
Im September 2024 finden in den drei neuen Bundesländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg Landtagswahlen statt. Laut aktuellen Prognosen kann die AfD bei allen drei Wahlen mit hohen Ergebnissen rechnen.
Wer sind die Wählerinnen und Wähler der Alternative für Deutschland in den drei ostdeutschen Bundesländern? Die Ergebnisse einer aktuellen YouGov-Umfrage, durchgeführt zwischen dem 09. und 16. August 2024 unter 1.898 wahlberechtigten Personen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen, geben wertvolle Einblicke über Befragte, die bei der nächsten Landtagswahl für die AfD stimmen wollen.
Zunächst zeigen die Ergebnisse, dass die AfD unter männlichen Befragten etwas beliebter ist: 58 Prozent der Befragten, die bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg für die AfD stimmen möchten, sind männlich, während 42 Prozent weiblich sind. In Hinblick auf die Altersstruktur scheint die potenzielle Wählerschaft der AfD verstärkt im mittleren Alter zu sein: 43 Prozent der Befragten mit AfD-Wahlintention sind 40 bis 59 Jahre alt. Dies liegt deutlich über der Gesamtbevölkerung in diesen Bundesländern, hier fallen 37 Prozent in diese Altersgruppe. Jüngere Befragte in der Altersgruppe von 18 bis 39 Jahren machen 22 Prozent der potenziellen AfD-Wählerinnen und Wähler aus (Gesamtbevölkerung: 26 Prozent), Ältere über 60 Jahre 36 Prozent (Gesamtbevölkerung: 43 Prozent).
Auffällig ist zudem ein Unterschied im Bildungsniveau. Unter allen Befragten in den drei Bundesländern hat rund jeder Vierte einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss (26 Prozent), unter den Befragten, die für die AfD stimmen möchten, sind es nur 15 Prozent. Das persönliche Nettoeinkommen der potenziellen AfD-Wählerschaft ähnelt, in verschiedene Einkommensgruppen eingeteilt, jedoch dem Durchschnitt der Befragten in Sachsen, Brandenburg und Thüringen sehr stark, beispielsweise haben in beiden Gruppen 21 Prozent ein persönliches Nettoeinkommen von 2.000 bis 3.000 Euro pro Monat.
Befragte mit AfD-Wahlabsicht wohnen außerdem etwas häufiger in einem ländlichen Umfeld: Ein Drittel von ihnen (33 Prozent) beschreiben ihr Wohnumfeld als ländlich (Gesamtbevölkerung in den drei befragten Bundesländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg: 29 Prozent), ein weiteres Drittel ordnet ihr Umfeld als städtisch ein (34 Prozent; Gesamtbevölkerung in den drei befragten Bundesländern: 40 Prozent). Im Schnitt beschreiben sich die potenziellen Wählerinnen und Wähler der AfD etwas häufiger als politisch interessiert: 58 Prozent geben an, stark oder sehr stark an Politik interessiert zu sein, unter allen Befragten liegt der Anteil bei 47 Prozent.
AfD mit großem Wahlpotential und Skepsis gegenüber anderen Parteien
Prinzipiell stehen Befragte mit einer AfD-Wahlintention anderen Parteien skeptisch gegenüber: Weniger als jeder Zehnte kann es sich „sicher“ oder „vielleicht“ vorstellen, bei der kommenden Landtagswahl jeweils SPD (4 Prozent), Grüne (1 Prozent), FDP (7 Prozent) oder Linke (5 Prozent) zu wählen. Auch die CDU kommt nur auf 14 Prozent. Lediglich das BSW schneidet etwas besser ab, dort gibt knapp ein Drittel an, sich eine Wahl (vielleicht) vorstellen zu können (32 Prozent).
Unter allen Befragten in Sachsen, Brandenburg und Thüringen können sich insgesamt zwei von fünf Personen (40 Prozent) vorstellen, ihre Stimme der AfD bei einer Landtagswahl zu geben. Damit liegt die AfD gleichauf mit der CDU und dem BSW, bei denen das Potential ebenfalls bei 40 Prozent liegt. Bei der AfD sticht zusätzlich heraus, dass sich Befragte dort besonders sicher sind, dass die Partei für sie infrage kommt: 28 Prozent gaben an, sich eine Wahl „sicher“ vorstellen zu können, im Vergleich zu 18 Prozent (CDU) und 17 Prozent (BSW).
Wenig Hinweise auf reine Protestwahl bei potenzieller AfD-Wählerschaft
Nach wichtigen Einflussfaktoren für ihre Wahlabsicht gefragt, geben drei von fünf Befragten (60 Prozent) aus der Gruppe der potenziellen AfD-Wählerschaft an, dass sie mit ihrer Wahlentscheidung ihre Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation zeigen wollen. Beinahe ebenso viele (59 Prozent) nannten ihre Überzeugung von den Inhalten der AfD als Grund für ihre Wahl (Mehrfachauswahl war möglich).
Die Befragten sollten außerdem angeben, welcher Partei sie bei elf verschiedenen Themenbereichen jeweils die größte Kompetenz zuschreiben würden. Hier fiel auf, dass die AfD-Unterstützerinnen und -Unterstützer die einzigen waren, die ihrer Partei in jedem einzelnen Themenbereich mehrheitlich, also zu über 50 Prozent, die größte Kompetenz zusprachen. Ähnlich eindeutig war nur die Meinung derer, die bei der kommenden Landtagswahl für die CDU stimmen wollen. Diese Befragten sprachen zwar auch immer ihrer Partei am meisten Kompetenz zu, dies war aber insgesamt weniger eindeutig. Beim Thema Umwelt- und Klimaschutz hielten beispielsweise 52 Prozent der potenziellen Wählerinnen und Wähler der AfD ihre Partei für die kompetenteste, während es bei Anhängerinnen und Anhängern der CDU 42 Prozent waren. (Anmerkung: Die Gruppe derjenigen, die angeben, bei den kommenden Landtagswahlen die FDP wählen zu wollen, wurde hier und im weiteren Verlauf des Texts nicht berücksichtigt, da die Stichprobe deutlich unter 100 Personen umfasste.)
Es ist wenig überraschend, dass das Thema Einwanderung und Asylpolitik für die potenzielle AfD-Wählerschaft die höchste Relevanz hat: 76 Prozent von ihnen sehen dies als eines der wichtigsten Themen in Deutschland an, wobei bis zu drei Themen angegeben werden können. Nach dem einen wichtigsten Thema gefragt, um das sich Politikerinnen und Politiker kümmern sollten, geben fast zwei Drittel der AfD-Anhängerschaft (65 Prozent) Einwanderung und Asylpolitik an. Unter allen Befragten in den drei Bundesländern liegt der Anteil bei 35 Prozent. Bundesweit liegt der Wert aktuell bei 27 Prozent (YouGov-Befragung vom 16. bis 20. August 2024).
Positionen zu gesellschaftlichen Themen: Meinung zu Mindestlohn am wenigsten eindeutig
Um die Standpunkte der potenziellen AfD-Wählerschaft bei verschiedenen gesellschaftlichen Fragestellungen herauszuarbeiten, wurden in einer Serie von Fragen Positionen auf entgegengesetzten Polen einer Skala abgefragt. Die Ergebnisse zeigen etwa, dass sich AfD-Anhängerinnen und -Anhänger beim Thema Klimawandel besonders kritisch zeigen: So geben 75 Prozent der potenziellen AfD-Wählerschaft eher an, dass das Wirtschaftswachstum vor der Bekämpfung des Klimawandels Vorrang haben sollte. In der Gesamtbevölkerung in den drei Bundesländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg liegt dieser Anteil bei 46 Prozent. Auch beim Thema Einwanderung ist die Position eindeutig: Acht von zehn Befragten aus der Gruppe der potenziellen AfD-Wählerinnen und -Wähler sind eher der Ansicht, dass Zuwanderung eine Belastung für den Wohlstand darstellt (81 Prozent). Lediglich 6 Prozent vertreten die Gegenposition, dass Zuwanderung nötig ist, um Arbeitskräfte und den Wohlstand zu sichern.
Weniger einig waren sich die AfD-Anhängerinnen und -Anhänger beim Thema Mindestlohn. Obwohl es momentan die offizielle Position der AfD ist, dass der Mindestlohn nicht erhöht werden sollte, finden etwa zwei von fünf AfD-Unterstützerinnen und -Unterstützern (42 Prozent), dass der Mindestlohn eher zu niedrig ist und die Lebenshaltungskosten derzeit nicht deckt. 33 Prozent sind dagegen eher der Meinung, dass der Mindestlohn nicht erhöht werden sollte und eine Erhöhung der Wirtschaft schaden würde.
Kritischere Meinungen zum Gendern und Geschlechtergerechtigkeit
Eine starke Meinung haben die möglichen AfD-Wählerinnen und -Wähler beim Thema geschlechtergerechte Sprache: 86 Prozent finden (eher), dass geschlechtergerechte Sprache unnötig und schwer zu lesen ist. Zum Vergleich, unter allen Befragten in Sachsen, Brandenburg und Thüringen liegt dieser Wert bei 71 Prozent.
Zwei Drittel (66 Prozent) der Befragten mit AfD-Wahlabsicht lehnen außerdem die Aussage, dass Frauen in Deutschland aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden, (eher) ab. Damit ist die Ablehnung elf Prozentpunkte höher als unter allen Befragten in den drei Bundesländern. Dass Politikerinnen und Politiker mehr für die Gleichstellung von Männern und Frauen tun sollten, findet Zustimmung unter 42 Prozent der potenziellen AfD-Wählerschaft (Zum Vergleich: Unter allen Befragten liegt der Wert bei 58 Prozent).
Unzufriedenheit und Sorgen unter AfD-Anhängern stark verbreitet
Von den Befragten mit AfD-Wahlintention sind neun von zehn Befragten (90 Prozent) sehr unzufrieden mit der Arbeit der Ampelregierung. Unter allen Befragten liegt dieser Anteil bei 57 Prozent. Ihre jeweilige Landesregierung sieht die Wählerschaft mit AfD-Wahlabsicht nur geringfügig positiver: 55 Prozent sind sehr unzufrieden mit deren Arbeit und 33 Prozent eher unzufrieden. Ähnlich steht es um die Demokratiezufriedenheit: Neun von zehn Befragten der potenziellen AfD-Wählergruppe sind aktuell (eher) unzufrieden mit der Demokratie, wie sie in Deutschland besteht (zum Vergleich alle Befragten: 68 Prozent).
Während die möglichen AfD-Wählerinnen und -Wähler zu 63 Prozent mit ihrem eigenen Leben insgesamt ähnlich zufrieden sind wie die Befragten in den drei Bundesländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Durchschnitt (68 Prozent), machen sie sich verstärkt Sorgen um die finanzielle Situation ihres Haushalts: 55 Prozent von ihnen glauben, dass sich diese in 12 Monaten verschlechtert haben wird, unter allen Befragten glauben dies nur 38 Prozent. Zudem glauben die Sympathisantinnen und Sympathisanten der AfD mit 61 Prozent häufiger, dass die Welt in zehn Jahren ein schlechterer Ort sein wird (im Vergleich unter allen Befragten: 49 Prozent).
Geringes Vertrauen in Institutionen und Menschen
Ein wichtiger Punkt zur Beschreibung der potenziellen AfD-Wählerschaft könnte weiterhin insgesamt ein geringes gesellschaftliches Vertrauen sein. Befragte, die bei den anstehenden Landtagswahlen für die AfD stimmen wollen, vertrauen diversen Organisationen und Institutionen wie der Polizei (51 Prozent vs. 68 Prozent Gesamtbevölkerung), der Justiz (31 Prozent vs. 54 Prozent Gesamtbevölkerung), den öffentlich-rechtlichen Medien (9 Prozent vs. 35 Gesamtbevölkerung) oder dem Bundestag (7 Prozent vs. 30 Prozent) durchweg weniger als die Gesamtbevölkerung in den drei Bundesländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Die einzige Ausnahme stellen private Medien dar, denen immerhin ein Drittel (34 Prozent) voll und ganz / eher vertraut, was leicht über dem Wert der Gesamtbevölkerung in Sachsen, Brandenburg und Thüringen liegt (29 Prozent). Auch anderen Menschen im Allgemeinen vertraut die AfD-Anhängerschaft von allen potenziellen Wählergruppen am wenigsten. Während die Befragten mit SPD-Wahlintention zu 60 Prozent angeben, anderen Menschen (eher) zu vertrauen, tut dies nur jeder Dritte mit AfD-Wahlintention (33 Prozent).
Foto: Bodo Schackow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++