Die deutsche Justiz macht im NSU-Prozess in den Augen vieler keine gute Figur. Dass Beate Zschäpe ihr Schweigen bricht, scheint etwas wahrscheinlicher als im Januar.
Momentan ist einer der umfangreichsten Gerichtsprozesse der deutschen Nachkriegsgeschichte in der Sommerpause. Seit fast zwei Jahren werden vor dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München die Taten des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU) verhandelt. Der Hauptangeklagten Beate Zschäpe werden unter anderem die Mittäterschaft in zehn Mordfällen, besonders schwere Brandstiftung, und die Mitgliedschaft in und die Gründung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.
Doch das Interesse an dem Fall scheint in der Öffentlichkeit zu sinken, während die deutsche Justiz in den Augen vieler keine gute Figur macht. Das ist das Ergebnis einer aktuellen YouGov-Umfrage. Dabei gab jeder vierte Befragte (25 Prozent) an, den Prozess „immer“ oder „häufig“ zu verfolgen, 46 Prozent verfolgen ihn „manchmal“. An 29 Prozent geht der Prozess hingegen vollständig vorbei. Im Januar, als die Frage schon einmal gestellt wurde, hatten mit 24 Prozent etwas weniger Befragte angegeben, den Prozess gar nicht zu verfolgen.
Jene Befragten, die den Prozess zumindest manchmal verfolgen, wurden auch um eine Einschätzung gebeten, ob der bisherige Verlauf des NSU-Prozesses für das Ansehen der deutschen Justiz eher gut oder eher schlecht war. Zuletzt hatte der Prozess unter anderem aufgrund eines Antrags der Hauptangeklagten für Aufregung gesorgt, in dem sie drei ihrer vier Verteidiger das Mandat entziehen lassen wollte.
Dass der bisherige Verlauf des Prozesses gut für das Ansehen der deutschen Justiz war, glaubt nur ein Bruchteil (5 Prozent) der Befragten, die den Prozess verfolgen. Mehr als die Hälfte von ihnen (52 Prozent) ist hingegen der Meinung, dass der bisherige Prozess schlecht für das Ansehen der Justiz war. Besonders weit verbreitet ist diese Meinung dabei unter den Wählern der Linkspartei. Fast drei Viertel von ihnen (72 Prozent) sagen, dass die Justiz bislang eine schlechte Figur macht.
Wie geht es weiter?
Als einer der Gründe für das Misstrauen zwischen der Hauptangeklagten und ihren Verteidigern gilt die bisherige Prozesstaktik. Denn bislang hat Beate Zschäpe noch kein Wort zu ihrer Verteidigung gesagt. Die meisten (68 Prozent) Deutschen, die den Prozess verfolgen, glauben, dass das auch im restlichen Prozess so bleibt. Nur jeder Siebte (13 Prozent) ist anderer Meinung. Allerdings: Der Anteil derer, die glauben, dass Zschäpe doch noch ihr Schweigen bricht, hat sich seit Januar verdoppelt. Damals glaubten dies nämlich nur 7 Prozent der Befragten.
Auf Basis des YouGov Omnibus wurden 1320 Personen im Zeitraum vom 31. Juli bis 7. August 2015 repräsentativ befragt.
Fotos: Matthias Schrader/AP/Press Association Images