Lemonaid-Kunden achten auf Zuckergehalt

Philipp SchneiderHead of Marketing
April 12, 2021, 12:14 nachm. GMT+0

Lemonaid darf jetzt doch Limonade genannt werden, braucht aber einen besonderen Hinweis. Die Kundschaft der Marke ist wirtschaftlich interessant.

Die Geschichte erinnert ein wenig an die Posse um Ritter Sports „Cacao y nada“, die wir vor einigen Wochen hier analysiert haben. Weil nicht handelsüblicher Zucker, sondern Kakaozucker aus dem Fruchtfleisch der Kakaofrucht, als Süßungsmittel verwendet wird, dürfe die Tafel nicht Schokolade genannt werden, sagte Ritter Sport. Einen ähnlichen Konflikt mit Behörden trägt Lemonaid aus. Und auch der Limonaden-Hersteller weiß seine Auseinandersetzung um den Zuckergehalt geschickt für PR zu nutzen. Eine Analyse unserer Daten mit YouGov Profiles zeigt, dass der Zuckergehalt von Getränken für die Lemonaid-Kundschaft durchaus ein wichtiges Thema ist.

Ursprünglich sollte Lemonaid sein Produkt nicht Limonade nennen dürfen, weil es weniger als sieben Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthält. Diese Regelung wurde inzwischen zwar aufgehoben, wie die Wirtschaftswoche berichtete. Doch muss Lemonaid auf den niedrigeren Zuckergehalt hinweisen. Das hat das Unternehmen nun medienwirksam getan, indem es Flaschen mit an Zigarettenschachteln erinnernden Warnhinweisen versah: „Achtung, wenig Zucker.“

Lemonaid-Kunden würden auch Cola kaufen

Wir haben deshalb Verbraucher gefragt, ob sie beim Kauf von Limonade auf den Zuckergehalt achten. 43 Prozent sagten „ja“ oder „eher ja“. Unter jenen, die schon mindestens einmal Lemonaid gekauft haben, ist die Quote höher: Für 57 Prozent von ihnen ist der Zuckergehalt von Limonaden relevant. Viele dürften Lemonaid also gerade wegen des geringeren Zuckergehalts kaufen.

Allerdings kommt für ein gutes Drittel der Lemonaid-Käufer auch der Kauf von Coca-Cola infrage – ein leicht höherer Anteil als in der Gesamtbevölkerung, während zuckerfreie Produkte wie Coca-Cola light, Coke Zero oder Pepsi light bei Lemonaid-Affinen nicht auf gesteigertes Interesse stoßen. Stattdessen ziehen sie häufiger als Durchschnittsverbraucher andere Fruchtsaft-basierte Getränke in Betracht, etwa die Smoothies von Innocent, Bionade, Limos von Granini oder Vio Bio, sowie die Produktpalette von Adelholzener.

Bio und Fair Trade sind wichtig

Für die Lemonaid-Zielgruppe zählt also mehr als nur der Zuckergehalt. Mehr als die Hälfte der Verbraucher, die Lemonaid schon einmal gekauft haben, achten beim Einkauf auf das Bio-Siegel. 40 Prozent achten auf Fair Trade. Das sind spürbar höhere Werte als in der Gesamtbevölkerung. Dass Lemonaid-Käufer einen speziellen Ausschnitt aus der Gruppe aller Erwachsener darstellen, zeigt YouGov Profiles deutlich: Mehr als 60 Prozent von ihnen sind unter 45 Jahre alt und viele haben gleichzeitig ein überdurchschnittliches Einkommen.

Ihr Einkaufsverhalten unterscheidet sich deutlich von dem der Nicht-Lemonaid-Kunden. Sie kaufen Lebensmittel häufiger online, inklusive Kochboxen, gehen eher in Feinkostläden und meiden häufiger Supermärkte.

Mit einem „Warnhinweis“ auf „zu wenig Zucker“ aufmerksam zu machen ist clever. Das lässt sich kommunikativ gut verwerten, bei Instagram posten und fällt im Laden auf. Die bisherige Lemonaid-Kundschaft jedenfalls ist nach eigener Einschätzung sowohl online wie auch direkt in Geschäften übermäßig gut für Werbung zu erreichen. Die Kommunikation um den vermeintlichen Malus der Limo mit zu wenig Zucker sollte also zur Kundenbindung beitragen. Interessant ist es, ob die Marke mit der gewonnenen Aufmerksamkeit auch ihr Kundensegment weiter diversifizieren kann. Für Lemonaid dürfte es jetzt darum gehen, neue Kundengruppen zu adressieren, ohne die bisherige, eher eng umrissene – aber wirtschaftlich interessante – Gruppe der Bestandskunden zu verlieren.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.