Body Shaming: Einmal Opfer, immer Opfer?

Melanie Berger-DinkelMarketing Manager
Januar 08, 2020, 2:00 nachm. GMT+0

Eine aktuelle YouGov-Umfrage in Deutschland und sieben europäischen Nachbarländern zeigt, welche Erfahrungen die Menschen mit dem Thema Body Shaming gemacht haben.

Wessen Körper nicht der Norm entspricht, wird beleidigt oder diskriminiert – nach eigenen Angaben haben diese Erfahrung schon ein Drittel der Menschen in den befragten Ländern Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Norwegen, Schweden und Spanien gemacht. Deutschland liegt mit 25 Prozent unter dem Durchschnitt; wo hingegen vier von zehn Finnen angeben, Opfer von Body Shaming geworden zu sein. Betrachtet man die Aussagen bezüglich der Häufigkeit solcher Angriffe, steigen die Zahlen an. Aufgrund von körperlichen Auffälligkeiten beschimpft zu werden, ist für die Betroffenen in der EU (36 Prozent) kein einmaliges Phänomen: schon mehr als zehnmal wurden sie Opfer von Body Shaming. Für die deutschen Body-Shaming-Opfer zeigt sich ein ähnliches Bild bei der Häufigkeit von Angriffen auf ein und dieselbe Person – ein Drittel (34 Prozent) wurde vielfach beleidigt. Besonders auf Betroffene in Spanien scheint der Ausspruch „Einmal Opfer, immer Opfer“ zuzutreffen, die Mehrheit (45 Prozent) wurde bereits über zehnmal aufgrund ihres Körpers beleidigt. Die Mehrheit der finnischen Body-Shaming-Opfer hingegen gibt an, derartige Beschimpfungen zwei bis fünf Mal durchgemacht zu haben (34 Prozent).

In den meisten Fällen sind die Täter dem Opfer bekannte Personen

Die Betroffenen werden am häufigsten von Personen aus ihrem sozialen Umfeld negativ aufgrund ihrer Äußerlichkeiten beurteilt. 44 Prozent der deutschen Body-Shaming-Opfer werden von Bekannten, Arbeits- oder Vereinskollegen wegen ihres Körpers angegangen. In Spanien (55 Prozent), Italien (53 Prozent) und Finnland (49 Prozent) kommen die Täter deutlich häufiger aus diesem Personenkreis. Seltener hingegen werden Body-Shaming-Opfer in Norwegen (35 Prozent) und Schweden (37 Prozent) von ihnen bekannten Personen beschimpft. In überraschend vielen Fällen stammen die Verantwortlichen der Demütigungen aus dem Freundes- und Familienkreis, wobei es auch hier deutliche Unterschiede zwischen den Ländern gibt. Wird in Deutschland jedes fünfte Body-Shaming-Opfer von Freunden (20 Prozent) oder Angehörigen (18 Prozent) aufgrund von Körperlichkeiten angegangen, werden in Norwegen knapp ein Drittel der Betroffenen von Ihren Freunden aufgrund ihres Aussehens beschämt (35 Prozent). Im Vergleich zu den anderen befragten Ländern (19 Prozent) sind in Schweden (23 Prozent) die Opfer häufiger den Beschimpfungen durch Verwandte ausgesetzt; in Italien mit 14 Prozent dafür am seltensten.

Projizieren die Täter nur die eigene Unsicherheit auf Andere?

Dem täglichen Schönheitsdruck können wir uns nur schwer entziehen – doch sind daraus resultierende (falsche) Selbstbilder die Ursache, dass man zum Täter wird und andere Menschen aufgrund ihres Körpers beleidigt oder diskriminiert? Fragt man die Menschen in Europa danach, ist die Antwort ob die eigenen Unsicherheit ein Grund für die Diskriminierung sein könnte eindeutig ja: Im Länderschnitt sieht eine Mehrheit (44 Prozent) in einem geringen Selbstbewusstsein der Täter den Auslöser. Die zweithäufigste genannte Ursache ist die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper (30 Prozent). Für die Betroffenen spielt der Gruppendruck eine Rolle, warum Personen, die den Schönheitsidealen nicht entsprechen, von anderen Menschen deshalb beleidigt werden. Für 24 Prozent der befragten Menschen in Europa ist dies ursächlich für Body Shaming: Alle in einer Gruppe beschimpfen eine bestimmte Person, also macht man mit. Italiener und Finnen sehen darin sogar den häufigsten bzw. zweithäufigsten Grund.

Body Shaming: Bekanntes Phänomen aber wenig populärer als Begriff

Wenn die Beurteilung von Personen ausschließlich anhand derer Äußerlichkeiten stattfindet, ist das nicht nur unangebracht, sondern Body Shaming. Die Ergebnisse zeigen, dass Body Shaming ein Phänomen ist, das viele Menschen schon betroffen hat, die Begrifflichkeit aber nur wenigen bekannt ist – ganz gleich ob Opfer, Täter oder unbeteiligte Personen. Daher sollte bei der Ansprache, zum Beispiel bei Hilfsangeboten für Betroffene, darauf geachtet werden Body Shaming zu erklären: Beleidigung oder Diskriminierung aufgrund des eigenen Körpers sind Body Shaming und inkorrekt. Ein Fünftel der Deutschen hat den Begriff schon gehört und kennt auch dessen Bedeutung (19 Prozent) – Menschen aufgrund ihres Körpers zu beschämen. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung (47 Prozent) jedoch kennt weder den Ausdruck noch weiß sie wofür er steht. Wenige Berührungspunkte scheinen die älteren Altersgruppen mit dem Thema zu haben: Unter den über 55-Jährigen ist nicht mal einem von zehn (7 Prozent) der Ausdruck und seine Bedeutung bekannt. Wo hingegen die Hälfte aller 18- bis 24-Jährigen Deutschen (50 Prozent) Body Shaming als Bezeichnung, andere Menschen wegen ihres Körper zu attackieren, kennen. Auch die Herkunft und das soziale Umfeld der Menschen scheinen die Bekanntheit von Body Shaming zu bestimmen. So wissen ein Viertel (26 Prozent) aller Deutschen mit Migrationshintergrund über den Begriff und was sich dahinter verbirgt Bescheid, vs. 18 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund. Überraschend sind die Ergebnisse im Hinblick auf Personen, die bereits Opfer von Body Shaming geworden sind: ein Drittel aller, die schon einmal aufgrund ihres Körpers beleidigt oder diskriminiert wurden, ist der Begriff gänzlich unbekannt (36 Prozent). Lediglich ein Drittel aller persönlich Betroffenen (33 Prozent) kennt den Ausdruck Body Shaming und was damit gemeint ist. Unter Denjenigen, die bisher nicht solchen Anfeindungen ausgesetzt waren, ist der Mehrheit - nicht ganz überraschend – Body Shaming kein Begriff (50 Prozent vs. 14 Prozent Kenner). In Spanien ist der Begriff Body Shaming weitgehend unbekannt (72 Prozent), während nur ein Viertel der Dänen (36 Prozent) nichts mit dem Ausdruck anfangen kann.

Auf Basis des YouGov Omnibus wurden 9.206 Personen ab 18 Jahren zwischen April und Mai 2019 in Dänemark (n=1.039), Finnland (n=1.007), Frankreich (n=1.024), Deutschland (n=2.064), Italien (n=1.030), Norwegen (n=1.008), Spanien (n=1.017) und Schweden (n=1.017) befragt. Nach der Frage über die Bekanntheit des Begriffs Body Shaming wurde den Befragten dieser erklärt bevor die Befragung fortgeführt würde.

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