Bei den Themen, über die in Deutschland nicht ehrlich gesprochen wird, steht Migration nur an zweiter Stelle.
Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten wurde viel geschrieben über das neue Zeitalter des Populismus. Die Wahl des Rechtspopulisten wurde genau wie die Entscheidung der Briten für den Brexit als Ohrfeige für die politischen Eliten und Medien verstanden. Etwa ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl zeigt eine aktuelle YouGov-Umfrage, dass viele Deutsche denken, dass es auch hierzulande politische Tabuthemen gibt, über die nicht ehrlich gesprochen wird. Acht von zehn Deutschen (79 Prozent) stimmen dieser Aussage zu.
Die Zustimmung ist sogar recht resolut: 43 Prozent stimmen „voll und ganz zu“, dass es in Deutschland Themen gibt, über die in der öffentlichen Debatte nicht ehrlich gesprochen wird und 36 Prozent stimmt „eher zu“. Nur eine kleine Minderheit lehnt die Aussage ab. Doch obwohl im Zuge der Wahl von Donald Trump viel über wütende weiße Männer geschrieben wurde, gibt es bei der Frage kaum Unterschiede zwischen Männern und Frauen in der Zustimmung (81 Prozent zu 77 Prozent).
Die Wahlergebnisse der US-Präsidentenwahl hatten gezeigt, dass vor allem ältere Amerikaner für Trump gestimmt hatten. Besonders bei diesem Aspekt des „Phänomen Trump“ Alter lassen sich Unterschiede bei der Zustimmung feststellen. Auch in Deutschland gibt es signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Befragte zwischen 45 und 54 Jahren, sowie der Generation 55+ sind häufiger „voll und ganz“ der Ansicht das der politische Diskurs in Deutschland ist unehrlich, als junge Deutsche zwischen 18 und 24 Jahren, bzw. die Altersgruppe zwischen 25 und 34 Jahren. Während die Älteren der Aussage mit 45 beziehungsweise 47 Prozent voll zustimmen, tun die jungen Befragten das nur mit 31 beziehungsweise 38 Prozent.
Im letzten Jahr waren die Migration von mindestens 400.000 Kriegs- oder Armutsflüchtlingen nach Deutschland der wichtigste Punkt auf der politischen Agenda. Das Thema findet sich zwar ganz oben auf der Liste der Befragten, doch für sie ist das Top Thema ein anderes: Die soziale Spaltung Deutschlands. Auf Platz eins der Themen, die von den Befragten als Themen genannt werden, über die es keine ehrliche Diskussion gibt, stehen mit 67 Prozent „soziale Probleme“, direkt dahinter folgt „Armut“ mit 66 Prozent. Auch dieses Thema hatte Donald Trump im Wahlkampf angesprochen, vor allem aber der Herausforderer von Hillary Clinton in den Vorwahlen der Demokraten, Bernie Sanders. Doch direkt dahinter folgen die ähnlichen Themen, Migration, Asylrecht und Integration. Offenbar ist dieser Themenkomplex weiterhin ein Feld bei dem die Deutschen wenig Ehrlichkeit wahrnehmen. Hinter den beiden Themenkomplexen folgt der Rechtsextremismus.
Andere Themen wie Bildung jedoch werden nicht Wissenschaft, Sexualität und Religion sind die Themen, bei denen die öffentliche Debatte als am ehrlichsten eingeschätzt wird.
Übrigens: Das einzige Thema bei dem es einen signifikanten Unterschied zwischen den 18 und 24-Jährigen und allen anderen Altersgruppen gibt ist Sexualität. 30 Prozent der jugendlichen Deutschen findet, das darüber nicht ehrlich gesprochen wird, aber nur 14 Prozent in der Generation 55+.
In unserem nächsten Artikel zum Themenbereich nächste Woche wird die Zufriedenheit der Deutschen mit den Leitmedien Thema sein.
Auf Basis des YouGov Omnibus wurden 2054 Personen im Zeitraum vom 11. bis 13. Oktober 2016 repräsentativ befragt.
Foto: Lauren Hurley/PA Wire/PA Images