Von den Deutschen, die etwas von Jan Böhmermanns „Schmähgedicht“ mitbekommen haben, fand nur eine Minderheit das Gedicht unangemessen – die Mehrheit aber die Reaktionen darauf.
Deutschland diskutiert über Presse-, Meinungs- und Kunstfreiheit. Auslöser dafür: Ein „Schmähgedicht“ des Fernsehmoderators Jan Böhmermann auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Dies hatte das ZDF, auf dem Böhmermanns „Neo Magazin Royale“ unter anderem läuft, aus der Mediathek genommen, bevor sich Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich in einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu von Böhmermann distanzierte und die Staatsanwaltschaft Mainz ein Ermittlungsverfahren ankündigte (welches mittlerweile von der türkischen Regierung auch gefordert wird).
In den Augen der Deutschen hat in der gesamten Affäre der Moderator allerdings das beste Bild abgegeben. Das ist das Ergebnis einer aktuellen YouGov-Umfrage. Darin wurden jene Befragten, die angegeben hatten, etwas von der Affäre mitbekommen zu haben, gefragt, wie angemessen sie das Gedicht selbst sowie die unterschiedlichen Reaktionen darauf fanden.
Demnach fanden 48 Prozent von ihnen das Gedicht selbst „eher“ oder „voll und ganz angemessen“, 29 Prozent fanden es unangemessen. Deutlich schlechter kommen das ZDF und die Bundeskanzlerin weg: Lediglich 26 Prozent fanden die Löschung aus der Mediathek angemessen und 23 Prozent den Anruf der Kanzlerin. Jeweils zwei Drittel (66 bzw. 68 Prozent) fanden die jeweiligen Reaktionen unangemessen.
Noch unangemessener ist nach Meinung der Befragten die Aufnahme strafrechtlicher Ermittlungen: Lediglich 15 Prozent finden sie angemessen, 77 Prozent halten sie für unangemessen.
Interessant – wenn auch wenig überraschend: Von denen, die das Originalgedicht im Fernsehen oder in der Mediathek gesehen haben – immerhin jeder sechste Befragte (18 Prozent) –, sind noch einmal deutlich mehr auf Jan Böhmermanns Seite. 71 Prozent in dieser Gruppe fanden das Gedicht angemessen, 25 Prozent die Reaktion des ZDF und 20 Prozent die der Kanzlerin.
Auf Basis des YouGov Omnibus wurden 1413 Personen im Zeitraum vom 8. bis 12. April 2016 repräsentativ befragt. Um eine Bewertung der Böhmermann-Affäre wurden dabei nur jene 917 Befragten (65 Prozent) gebeten, die etwas von ihr mitbekommen hatten.
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