Große Energieversorger sind bei Verbrauchern nicht sonderlich beliebt. Vattenfall zeigt exemplarisch, wie schwierig der Weg zum Öko-Image ist.
Strom ist längst nicht mehr gleich Strom. Verbrauchern ist es heutzutage auch wichtig, woher die Elektronen kommen, die ihre Geräte antreiben. Das zeigt der YouGov-Markenmonitor BrandIndex eindeutig: An der Spitze unserer Gesamtwertung deutscher Energieversorger liegen drei Öko-Strom-Marken. Zumindest nach Meinung derjenigen, die die jeweilige Marke kennen, sind EWS Schönau, Naturenergie und NaturWatt die Versorger mit dem besten Image. Dieses Marktumfeld erschwert es Großkonzernen und (ehemaligen) staatlichen Energieversorgern zunehmend, bei Verbrauchern zu punkten. Das zeigt sich besonders am Beispiel Vattenfall, einem der größten Energieversorger Europas.
Eigentlich steckt das Öko-Image schon im Namen, denn Vattenfall bedeutet nichts anderes als Wasserfall. In seinem Heimatland Schweden betreibt der Staatskonzern dementsprechend auch gigantische Wasserkraftwerke. In Großbritannien hat er gerade einen neuen Windpark eröffnet und betreibt insgesamt mehr als 1.000 Windkraftanlagen. Doch in den Augen der Verbraucher scheint das nicht zu genügen, um die fossile Energieerzeugung oder die Stromerzeugung aus Kernenergie vergessen zu machen. In den Ländern, in denen wir täglich Verbraucher zu ihrer Meinung zu Vattenfall und anderen örtlichen Energieversorgern befragen, liegt das Unternehmen jeweils am unteren Ende der BrandIndex Rangliste – in Deutschland noch hinter RWE, EnBW und Eon.
In Brandenburg beliebter
Soweit zum Gesamtimage. Besonders interessant ist aber ein differenzierterer Blick. Dabei zeigt sich, dass Vattenfall etwa in Schleswig-Holstein eher schlecht abschneidet. Dort plagt sich das Unternehmen mit dem Abbau des Atomkraftwerks Brunsbüttel und muss beispielsweise einen Ort zur Lagerung von Brennelementen finden. Viel positiver wird das Unternehmen hingegen von Verbrauchern aus Brandenburg bewertet. Dort baut Vattenfall Braunkohle ab. Das ist wohl ein Grund, weshalb Vattenfall als Arbeitgeber aus Brandenburg bessere Noten erhält als vom Durchschnitt der deutschen Verbraucher. Diese Arbeitgeber-Wertung fließt zusammen mit einem ebenfalls besseren Gesamteindruck sowie anderen Werten wie Qualität, Preis-Leistungs-Verhältnis und Kundenzufriedenheit in den Gesamt- bzw. Indexwert ein.
Allerdings ist Vattenfall dabei, die Braunkohle-Reviere in der Lausitz zu verkaufen. Man ist sich mit einem tschechischen Investor einig. Das wiederum trägt zum negativen Gesamtimage des Unternehmens in der schwedischen Heimat bei. In unserer Kategorie Buzz, die anzeigt, wie positiv oder negativ eine Marke im Gespräch ist, steckt Vattenfall in Schweden tief im roten Bereich der Skala. Die Verbraucher dort – als Bürger und Steuerzahler quasi Anteilseigner des Staatskonzerns – sind offenbar nicht glücklich mit dem Verkauf, weil dadurch die weitere Ausbeutung der Braunkohle-Vorkommen wahrscheinlich wäre. Eine Schließung der Tagebaue wäre aus ihrer Sicht wohl die bessere, weil klimafreundlichere Option.
Hohe Aufmerksamkeit ist Vattenfall sicher
Auch in Dänemark hat Vattenfall es schwer. Zwar will das Unternehmen dort den größten Offshore-Windpark des Landes bauen, doch die Dänen bewerten fast alle anderen Energieversorger des Landes besser als Vattenfall.
Es ist nicht leicht, aus einem staatlichen Energieversorger einen modernen Ökostrom-Lieferanten zu machen. Und schließlich kommt immer noch die Hälfte der von Vattenfall verkauften Energie aus fossilen Trägern. Doch gegenüber vielen anderen Unternehmen hat Vattenfall einen großen Vorteil: Es wird wahrgenommen. Jeder fünfte deutsche und jeder dritte schwedische Kenner der Marke Vattenfall sagt, er habe kürzlich etwas über die Marke gehört. Dies ist mit die höchste Aufmerksamkeit im Energiesektor, d.h. Bekanntheit ist nicht das Problem. Nur ändert man ein negatives Image auch mal nicht so einfach über Nacht und durch eine nette Imagekampagne mit emotionalen Bildern und Spots. Es ist eben nicht nur „Einfach Energie“, wie das Unternehmen propagiert. Vattenfall hat aber die Chance, die hohe Bekanntheit zu seinen Gunsten zu nutzen. Die Marke wird wahrgenommen. Und das ist schon mal die erste Voraussetzung auch Gehör zu finden.
So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.
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