Die Pandemie war ein Booster fürs Online-Shopping. Was nicht zum täglichen Bedarf gehört, wurde häufiger online als offline gekauft. Ob zu erwarten ist, dass sich das mit dem Ende der Lockdowns wieder ändert?
Normalität wünschen wir uns wahrscheinlich alle, aber auch wenn sie in vielen Lebensbereichen gerade allmählich zurückkehrt, hat die Pandemie vieles für immer verändert. Eine neue Normalität entsteht, und eine Branche, in der noch sehr offen ist, wie diese Normalität aussehen wird, ist der Einzelhandel. Geschlossene Geschäfte und Abstandsgebote haben zu einem Online-Shopping-Boom geführt. Ob Verbraucher sich dabei an eine neue Art des Einkaufens gewöhnt haben und was sie am Einkaufen in Geschäften vermissen, darauf gibt ein YouGov-Studie Antworten.
Im Januar und Februar 2021 haben wir Verbraucher in 17 Märkten zu ihren Einkaufsgewohnheiten in den vorangegangenen drei Monaten befragt. Jetzt liegen die umfangreichen Ergebnisse in Form des YouGov International Retail Report vor. Im Durchschnitt haben 81 Prozent der Befragten angegeben, online eingekauft zu haben. Nicht-essenzielle Waren wie Kleidung, Bücher oder Elektronik wurden häufiger online gekauft als in Ladengeschäften. Dabei ist der Covid-Effekt unübersehbar: In Ländern mit strengeren Beschränkungen ist die Schere zwischen Online- und Offline-Käufern größer. Mit am weitesten auseinander geht sie in Deutschland: 46 Prozent der Befragten haben Nicht-Essentielles im Laden gekauft, 74 Prozent online. In Australien hingegen war die Zahl der Offline-Käufer höher als die der Online-Shopper.
Wird das Online-Business langfristig davon profitieren? Oder werden die während des Lockdowns neu gewonnen Kunden nun alle wieder in die Läden in ihrer Umgebung gehen? Nur 29 Prozent der Befragten nennen Social Distancing als einen Grund, online einzukaufen. 47 Prozent hingegen sagen, es sein einfacher, online einzukaufen und 57 Prozent nennen die Lieferung nach Hause als wichtigen Vorteil. Als nachteilig werden am häufigsten Lieferkosten genannt, und auch längere Lieferzeiten halten Kunden vom Online-Shopping ab. Ein schwerwiegender Nachteil ist, dass man die Produkte nicht anfassen oder anprobieren kann, gepaart mit unzureichenden Umtauschmöglichkeiten.
Von diesen globalen Durchschnittswerten weichen die Deutschen in einigen interessanten Aspekten ab. Viel häufiger als andere – auch ihre europäischen Nachbarn – sehen deutsche Verbraucher es als Vorteil, dass sich Produkte online leichter miteinander vergleichen lassen. Es ist hierzulande der am zweithäufigsten genannte Online-Vorteil. Viel seltener als andere sehen Deutsche es als Vorteil, dass sich online mit Sonderangeboten Geld sparen lässt. Datenschutzbedenken haben Deutsche auch deutlich seltener als Verbraucher in Frankreich, Polen und vor allem Spanien, wo doppelt so viele Menschen wie bei uns sich um die Sicherheit ihrer Daten beim Online-Shopping sorgen. Noch größer sind diese Bedenken in Schwellenländern.
Für das Einkaufen im Laden spricht aus Sicht der meisten Verbraucher (62 Prozent), dass sie dort direkt mit dem Produkt interagieren können. Häufig wird auch die Geschwindigkeit der Kaufabwicklung genannt – schließlich kann man die gekauften Produkte direkt mitnehmen. Hoffnung kann der Offline-Handel auch daraus schöpfen, dass der häufigste Grund, ihn zu meiden, tatsächlich Social Distancing war. Allerdings findet es ein knappes Drittel der Verbraucher auch generell unpraktisch, in Geschäfte zu gehen.
Wiederum sehen Deutsche es teilweise etwas anders. Die Geschwindigkeit ist für sie eher kein Grund, im Laden zu kaufen. Stattdessen nennen sie häufiger als Vorteil, dass sie offline mit anderen Menschen zusammen einkaufen gehen können. Als häufigstes Hindernis gilt ein Mangel an Geschäften in der Nähe.
Ob Menschen lieber online oder offline einkaufen hängt von einigen weiteren Faktoren ab, unter anderem der Produktkategorie. Details dazu lassen sich in der kostenlosen Studie hier nachlesen.
Klar ist, dass nicht alle Ladenlokale mit demselben Kundenaufkommen rechnen können wie vor der Pandemie, und dass nicht alle Online-Shops an ihre Umsätze während der Pandemie anknüpfen werden können. Aber die Vorlieben und Vorbehalte der Verbraucher unterscheiden sich selbst in benachbarten Märkten teilweise stark. Deshalb kommt es jetzt vor allem darauf an, die eigene Zielgruppe gut zu kennen, um Strategien für die neue Normalität nach der Pandemie zu entwickeln.
So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.