Bahlsen erntete wiederholt Kritik für die Benennung der „Afrika“-Schokowaffeln. Jetzt scheint es, als gehe das Unternehmen gestärkt aus der neuesten Kontroverse hervor.
Es war eine Situation, in der man eigentlich nur verlieren kann. Am Valentinstag hatte Bahlsen auf Instagram ein Foto gepostet, das mit Schokolade überzogene Waffeln bewirbt, die unter dem Namen „Afrika“ verkauft werden. In den Kommentaren wurde die Namensgebung als rassistisch eingestuft. Bahlsen, in sozialen Medien schon öfter mit dem Vorwurf konfrontiert, hatte eine Standard-Antwort parat: „Der Name Afrika wurde ausgewählt, weil Afrika der größte Produzent von Kakaobohnen auf der Welt ist.“ Zudem sei das Produkt schon seit 60 Jahren unter diesem Namen auf dem Markt. Doch die Kritik ebbte nicht ab. YouGov-Daten zeigen überraschende Auswirkungen auf die Marke.
Das feinste Messinstrument im YouGov-BrandIndex, unserem Markenmonitor, ist in solchen Situationen der Buzz. In täglichen repräsentativen Studien fragen wir Verbraucher, ob sie über die Marke zuletzt eher Positives oder Negatives gehört haben. Rund um den Valentinstag bekam Bahlsen hier deutlich mehr Positiv-Nennungen, während die Negativ-Nennungen stagnierten. Insgesamt stieg der Buzz also. Vor wenigen Tagen befand sich Bahlsens Buzz sogar auf dem höchsten Stand der letzten zwölf Monate, wobei seit Anfang März wieder ein Absinken zu beobachten ist. Ob es sich hierbei um einen Trend oder nur um eine Normalisierung handelt, wird sich im Laufe der nächsten Tage zeigen.
Kunden würden auch Leibniz kaufen
Der Tiefpunkt lag im Mai 2019, als Verena Bahlsen eine Kontroverse auslöste, weil sie behauptet hatte, dass Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkriegs im Unternehmen ihrer Familie gut behandelt und bezahlt worden waren. Daraufhin veränderten sich die Positiv-Nennungen im Buzz nur wenig, während ein starker Anstieg der Negativ-Nennungen ausschlaggebend für einen insgesamt fallenden Buzz war.
Für Bahlsen sind solche Entwicklungen nicht ungefährlich. Zwar sind Bahlsen-Kunden der Marke einigermaßen treu, aber sie ziehen fast genauso oft beispielsweise Ritter Sport in Betracht. Besonders oft kommen für sie auch Lindt oder Milka infrage. Aber auch Leibniz, eine Tochtermarke von Bahlsen, steht bei mehr als zwei von fünf Bahlsen-Kunden hoch im Kurs – und steht Bahlsen in den Augen der Verbraucher bei BrandIndex-Dimensionen wie Qualität, Kundenzufriedenheit und Gesamtimage in nichts nach. Dementsprechend wichtig ist es, darauf zu achten, dass potenzielle Image-Probleme des Mutterkonzerns nicht auf die Leibniz abfärben.
„Afrika“ bekommt neuen Namen
Bahlsen-Kunden ist es wichtig, dass Marken Prinzipien haben. Das zeigt eine Analyse aus YouGov-Profiles, unserem Zielgruppen-Segmentierungs-Tool. Sie legen auch häufiger als Durchschnittsverbraucher Wert darauf, dass Marken in ihrer Kommunikation und ihrem Handeln Haltung zeigen und Verständnis für alltägliche Herausforderungen.
Das anfängliche Aussitzen des Kritiker-Ansturms war für Bahlsen keine gute Option. „Eure Meinungen und die Kritik nehmen wir sehr ernst“, schrieb das Unternehmen mittlerweile im geänderten Instagram-Post. „Um zu vermeiden, dass unser Produkt Assoziationen mit Rassismus hervorruft, arbeiten wir bereits an einer Umbenennung.“ Bis heute wird der Post stark kommentiert – zuletzt allerdings verstärkt von Kritikern der Umbenennung. Der Konflikt mag also noch nicht beendet sein. Wir werden sehen wie der Buzz reagiert und ob sich die „Afrika“-Affäre mittel- und langfristig auf das Markenimage auswirkt.
Das liegt ab dem 7. April in der Hand des neuen Bahlsen-Chefs Phil Rumbol. Der kommt aus der Werbebranche und sollte somit die Verflechtungen von Social Media, Markenimage und Kundenbeziehungen kennen.
So erschienen auf Wirtschaftswoche online.
Foto: dpa