Nachdem auf einem Aldi-Parkplatz eine Tankstelle eröffnet hat, bei der tatsächlich ausschließlich getankt werden kann, wollen andere nachziehen. Eine ausreichend große potenzielle Kundengruppe gibt es jedenfalls.
Es gibt Tankstellen, die nicht nur Tankstellen sind, sondern große Auto-Service-Stationen mit Waschanlage und Staubsaugerangebot, Spielplatz für die Kinder und einem Verkaufsraum, der den Vergleich mit einem mittelgroßen Supermarkt nicht scheuen muss – das Komplettpaket also.
Demnächst soll es in Deutschland nun auch genau das Gegenteil geben: Reduziert aufs Wesentliche, nämlich Kraftstoff in den Tank füllen. Sonst nichts. Nicht einmal einen Mitarbeiter gibt es dort, bezahlt wird per Karte. Und das Ganze auf dem Parkplatz eines Supermarktes. Tanken vor oder nach dem Wocheneinkauf. Während sich bei dem einen Konzept die Tankstelle um den Supermarkt erweitert, ist es hier genau umgekehrt.
Hohes Kundenpotenzial
Vor einigen Wochen hat die erste Tankstelle dieser Art auf dem Parkplatz einer Aldi-Süd-Filiale eröffnet. Das Hauptargument hier zu tanken: Der niedrigere Liter-Preis als bei herkömmlichen Tankstellen. Zwar wird Aldi die Tankstelle nicht selbst betreiben, Aldi verpachtet Teile des Grundstücks (bisher zum Beispiel in Ludwigsburg und Stuttgart) an die österreichische Tankstellenmarke OMV, doch die Verbindung zu Aldi entsteht beim Kunden automatisch.
Ob das Konzept „Tankstelle auf dem Supermarkt-Parkplatz“ aufgeht, wird sich zeigen. Aus Sicht des Kundenpotenzials hat Aldi Süd jedoch schon mal die richtige Entscheidung getroffen, wie unser Zielgruppen-Analyse-Tool YouGov Profiles zeigt: 45 Prozent der aktuellen Aldi-Süd-Kunden können sich nämlich „auf jeden Fall“ vorstellen, auf dem Supermarktparkplatz zu tanken. Das ist nicht nur generell eine große Zielgruppe, wenn man bedenkt, dass einige Menschen gar nicht mit dem Auto einkaufen. Das ist auch mehr als der Anteil in der Gesamtbevölkerung. Anders formuliert: Die Aldi-Süd-Kunden können es sich tendenziell eher vorstellen beim Supermarkt zu tanken als die Deutschen im Schnitt. Es scheint das einfache Prinzip „Wenn man schon mal da ist“ zu greifen. Tanken, weil die Gelegenheit günstig ist.
Interessiert sind auch Kunden anderer Supermärkte
Nehmen wir diese 45 Prozent als Größenordnung, dürfte es noch für weitere Supermärkte eine Option sein, über das Konzept „Tanken vor/nach dem Einkauf“ nachzudenken. Denn ähnlich interessiert zeigen sich die Kunden von Real, Lidl, Kaufland und Penny. Ein bisschen verhaltener äußern sich die von Rewe, Edeka und Netto.
Wenn Discounter auf ihrem Parkplatz eine Tankstelle einrichten, an der lediglich per EC-Karte getankt werden kann und es sonst nichts zu kaufen gibt, sollte man meinen, der Kraftstoff sei dort besonders günstig. Und tatsächlich ist das auch einer der Hauptgründe, warum Menschen Interesse am Tanken auf einem Supermarktparkplatz haben und den uns YouGov Profiles liefert: Niedrige Preise. Ein weiterer (nicht ganz so wichtiger): Zeitersparnis.
Sinnvolle Symbiose
Dass der Preis eine wichtige Rolle spielt, zeigt auch eine andere Untersuchung – und zwar die, inwiefern sich die Kunden verschiedener Tankstellen vorstellen können, demnächst auf dem Aldi- oder Lidl-Parkplatz zu tanken. Das Ergebnis ist nicht überraschend. Kunden von teureren Tankstellen mit umfassendem Service, etwa Aral, zeigen tendenziell etwas weniger Interesse an den Discount-Tankstellen als etwa Kunden von Jet, Star, OMV und Total (diesen Marken wird im BrandIndex ein besonders gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bescheinigt).
Das alles zeigt: Das Interesse an günstigem Kraftstoff ohne Zusatzleistungen wie Autowäsche und Kiosk ist vorhanden – und Lebensmittel-Discounter und günstige Tankstellen scheinen hier eine sinnvolle Symbiose eingehen zu können.
So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.