Trotz des verschärften Wettbewerbs war und ist die Lufthansa die beliebteste Fluglinie Deutschlands. Der YouGov Markenmonitor BrandIndex zeigt einen deutlichen Vorsprung gegenüber Emirates und Condor, die ebenfalls ein hohes Ansehen genießen.
Doch die Umbaupläne des Kranichs haben derzeit keine Chance gegenüber einem anderen Thema: der Streik. Die Piloten oder auch die Flugbegleiter haben die Arbeit schon öfter niedergelegt. Und immer war ein deutlicher Imageschaden zu erkennen. Dieser war, zum Glück für Lufthansa, allerdings bislang nie nachhaltig. Im April schrieben wir an dieser Stelle „Streiks kommen und gehen, die Kunden aber bleiben“. Das hat sich wieder bestätigt – der Index, der viele Kategorien wie etwa den allgemeinen Eindruck oder die Qualitätswahrnehmung zusammenfasst, erreichte nach dem Streik in etwa Vor-Streik-Niveau.
Die Frage bleibt: Wie stark ist die Marke Lufthansa, um kurzfristige, schwere Reputationsschäden durch Streiks aufzufangen? Bisher zeigen sich in Deutschland keine Anzeichen, dass die Streiks langfristig das Ansehen der Lufthansa schädigen. Doch ein Blick nach Frankreich zeigt: Streiks können nicht nur (kurzfristig) einer Marke schaden, sondern auch die Konkurrenz aufbauen. Und sollte sich dieser Effekt irgendwann auch in Deutschland zeigen, dann wäre das schon ein Problem für die Lufthansa, besonders vor dem Hintergrund des größer werdenden Drucks in der Branche. Es stellt sich die Frage, wie viele Streiks es noch benötigt, bis die Lufthansa ihren Vorsprung in Deutschland verloren hat.
Konkret geht es um Air France und die Wettbewerber. Air France wurde ebenfalls bestreikt, und der Imageverlust war noch heftiger als bei der Lufthansa. Die französische Airline verlor im BrandIndex seit Mitte September 16 Punkte (auf einer Skala von -100 bis +100). Im selben Zeitraum legte die Lufthansa in Frankreich um drei Punkte zu, British Airways um sieben Punkte und American Airlines um acht Punkte.
Eine ähnliche Entwicklung ist bei der Frage zu beobachten, für welche Marke sich die Verbraucher entscheiden würden, wenn sie eine entsprechende Dienstleistung in Anspruch nehmen würden. In Frankreich liegt Air France bei den Fluggesellschaften zwar immer noch vorn, doch der Abstand zur Konkurrenz ist vor allem seit dem Streik deutlich geschrumpft. Betrug er im Sommer noch teilweise über 20 Punkte, liegen zwischen Air France und Lufthansa aktuell nur noch acht Punkte. Auch British Airways und American Airlines würden heute mehr Menschen in Betracht ziehen als vor ein paar Wochen.
In Deutschland ist diese Entwicklung noch nicht zu erkennen. Die Lufthansa-Konkurrenten können nicht bemerkenswert profitieren, auch wenn Emirates seit einem Monat zwei Punkte im Index dazugewinnen konnte. Die Treue zur deutschen Fluglinie Lufthansa scheint groß zu sein. Doch wenn sich in Deutschland der Wettbewerb weiter stärkt und der Kunde ohne Einschränkungen von Lufthansa auf eine andere Fluglinie umsteigen kann, dann könnte der nächste Streik des Lufthansa-Personals die Wettbewerber stärken.
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Bild: dpa