Köln, 04.07.2016. Mit zunehmender Vernetzung des Alltags werden auch telematik- und verhaltensmessungsbasierte Policen für Versicherer interessanter. Die qualitative Studie „Produktinnovationen in der Assekuranz“ des internationalen Marktforschungs- und Beratungsinstituts YouGov zeigt hier eine grundlegende Offenheit für auf Telematik und Verhaltensmessung basierende Versicherungsangebote bei deutschen Verbrauchern. Um entsprechende Produkte erfolgreich zu vermarkten und die Akzeptanz bei Kunden zu erhöhen, ist es für Versicherer wichtig, die psychologischen Motive der Zielgruppe zu verstehen und bei der Produktentwicklung zu berücksichtigen. So wird das Thema Telematik mit den Bedürfnissen nach Sicherheit und Entlastung in Verbindung gebracht, während die Verhaltensmessung eher die Bedürfnisse nach Kontrolle und Belohnung anspricht. Im Versicherungskontext wird Telematik dort akzeptiert und als nützlich erachtet, wo es um Schadenprävention, schnelle Hilfe im Schadenfall oder Hilfestellungen bei Beeinträchtigungen im Alltag geht. Beispiele hierfür sind automatische Unfallmeldedienste, Assistenzsysteme für chronisch Kranke oder Smart-Home-Lösungen. Wird Telematik hingegen als Kontrolle des eigenen Verhaltens wahrgenommen, reagieren Konsumenten deutlich kritischer. Für die Studie wurde von Mai bis Juni 2016 eine dreiwöchige Market Research Online Community mit 50 Versicherungsentscheidern und –mitentscheidern durchgeführt. Rund um die Bereiche Mobilität und Kfz, Wohnen, Gesundheit, Altersvorsorge und Biometrie wurden Bedürfnistrends der Konsumenten exploriert und aktuelle Produktinnovationen evaluiert.
Kunden wollen die Kontrolle – auch über ihre Daten
Die tiefergehende Analyse der qualitativen Ergebnisse zeigt, dass verhaltensbasierte Versicherungstarife in Konsumenten starke Ambivalenzen und Konflikte auslösen. Grundsätzlich erscheint die Belohnung eines risikoarmen Verhaltens gerecht und stärkt den Glauben an eine kontrollierbare Welt. Gleichzeitig aber sucht man Versicherungsschutz gerade für die Fälle, die unkontrollierbar sind. Kurzfristig erscheinen Boni, wie zum Beispiel Beitragsrabatte, reizvoll. Langfristig befürchten die Befragten allerdings in Situationen zu kommen, in denen negative Folgen für sie unabwendbar sind. „Dahinter steht ein mangelndes Vertrauen gegenüber dem Versicherer, sich selbst und der eigenen Zukunft“, sagt Jutta Rothmund, Senior Consultant bei YouGov. „Auf Seiten der Versicherer befürchten die Verbraucher, dass die erfassten Daten zu Ungunsten der Versicherten genutzt werden. Beispielsweise indem Versicherer Leistungsansprüche durch Verweis auf Fehlverhalten, wie etwa riskanten Fahrstil oder gesundheitswidriges Verhalten, zurückweisen und sich so aus der Verantwortung ziehen“. Dieses grundlegende Misstrauen lässt sich durch detaillierte Information zu Datenschutz und -nutzung nicht vollständig auflösen, zumal diese Informationen eher überfordernd und abstrakt erscheinen. „Für die Akzeptanz verhaltensbasierter Tarife ist es wichtig, dass Versicherungsnehmer die Kontrolle über ihre Daten haben und aktiv darüber entscheiden können, welche Daten sie dem Versicherer wann bereitstellen“.
Die richtige Form der Bonifizierung wählen
Neben ihrem Misstrauen in die Versicherungsbranche sind die Versicherten skeptisch, ob das honorierte Verhalten langfristig aufrechterhalten werden kann. „Gerade die Generation Y sieht sich in einer Welt des stetigen gesellschaftlichen und technischen Wandels, die jederzeit neue Chancen und Erkenntnisse eröffnen und jederzeit eine flexible Verhaltensanpassung erfordern kann“, sagt Rothmund weiter. „Unsere Studie zeigt, dass Angebote, die klar definierte und befristete Verhaltensmaßnahmen bonifizieren, beispielsweise die Teilnahme an Präventionskursen oder einer dreimonatigen Fahrstilanalyse, deutlich attraktiver sind als Tarifmodelle, die auf eine kontinuierliche Verhaltensmessung und Bonifizierung angelegt sind. Eine schnellere, häufigere und über monetäre Vorteile hinausgehende Belohnung schafft gerade auch bei Jüngeren stärkere Anreize, als eine langfristige Bonifizierung“, so Rothmund.
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