Starke Gewinne für die AfD, SPD unter Druck - Das Thema "Migration" ist für fast alle Wählerinnen und Wähler das wichtigste Thema

Lea KönigshofenResearch Executive
Januar 29, 2025, 5:00 vorm. GMT+0

Zur Wahlabsicht in der vierten Kalenderwoche des Jahres 2025 und Veränderungen bei den wichtigsten Themen

In der YouGov Sonntagsfrage, die vom 24. bis zum 27. Januar 2025 und damit nach der Messerattacke von Aschaffenburg vom 22. Januar und Friedrich Merz‘ Ankündigung vom 24. Januar, eigene Anträge im Bundestag auch mit Zustimmung der AfD zu verabschieden zu wollen, erhoben wurde, ist die Union weiterhin stärkste Kraft mit 29 Prozent. Die Union gewinnt damit im Vergleich zur Vorwoche einen Prozentpunkt dazu, bleibt allerdings weiterhin in allen Messungen der Wahlabsicht im Januar 2025 stabil unter der 30-Prozentmarke.

Die AfD gewinnt vier Prozentpunkte dazu und würde derzeit von 23 Prozent der Wahlberechtigten gewählt. Dies ist seit Januar 2024 der höchste Wert für die AfD. Die SPD würden nach aktuellen Ergebnissen 15 Prozent der Wahlberechtigten wählen, dies bedeutet einen Rückgang von vier Prozentpunkten im Vergleich zur Vorwoche. Nach den Zugewinnen in der ersten Januarhälfte, die die SPD bis auf 19 Prozent steigen ließen, ist dies ein deutlicher und statistisch signifikanter Rückgang. Damit sind die Sozialdemokraten nun wieder auf dem Niveau von Dezember angelangt. Ebenfalls einen Rückgang verzeichnet Bündnis 90 / Die Grünen: Mit zwei Prozentpunkten Verlust landen die Grünen bei derzeit 13 Prozent.

Auch bei den kleineren Parteien gibt es leichte Veränderungen zur Vorwoche: Die FDP würden aktuell 3 Prozent der Wahlberechtigten wählen, was einen Prozentpunkt Verlust bedeutet. Damit würden die Liberalen weiterhin an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern und den Einzug ins Parlament verpassen. Die Linke gewinnt einen Prozentpunkt dazu und landet bei 5 Prozent. 6 Prozent der Wahlberechtigten würden für das Bündnis Sahra Wagenknecht stimmen. Beide Parteien, Linke und BSW, würden also nach aktuellem Stand in den Bundestag einziehen. 5 Prozent entfallen zudem auf sonstige Parteien.

Das ist das Ergebnis der aktuellen YouGov-Sonntagsfrage, für die 1.781 Personen unter 2.110 wahlberechtigten Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmern ihre Wahlabsicht abgegeben haben. Die Wahlabsicht gehört laut DSGVO zu den sensiblen personenbezogenen Daten und darf daher in YouGov-Umfragen übersprungen werden. Die Befragung fand zwischen dem 24.01. und 27.01.2025 statt.

Wichtigste Themen – Migration hat momentan höchste Relevanz

Seit über einem Jahr ist das Thema Einwanderung und Asylpolitik das wichtigste Thema, um das sich nach Meinung der Wahlberechtigten die deutschen Politikerinnen und Politiker kümmern sollten – in den aktuellen Ergebnissen ist der Wert mit einem Zuwachs von 13 Prozentpunkten auf 36 Prozent jedoch noch einmal deutlich angestiegen (Vergleich Vorwoche: 23 Prozent). Dies überrascht angesichts der aktuellen Präsenz des Themas Migration in der Öffentlichkeit in Folge des Messerangriffs eines psychisch-kranken Afghanen auf eine Kindergartengruppe in Aschaffenburg, wenig.

Neu ist allerdings, dass das Thema Migration nun bei Wählerinnen und Wählern fast aller Parteien auf dem ersten Platz der wichtigsten Themen rangiert. Bis zur letzten Woche war der Wert noch deutlich von Wählerinnen und Wählern der AfD getrieben, und Personen, die bei der nächsten Bundestagswahl entweder für die Union oder die SPD stimmen wollen, gaben Wirtschaft als wichtigstes Thema an. In dieser Woche nennen Befragte aus diesen Gruppen nun ebenfalls Migration als wichtigstes Thema (Wählerinnen und Wähler der Union: 40 Prozent, Wählerinnen und Wähler der SPD: 21 Prozent).

Lediglich unter Wählerinnen und Wählern der Grünen spielt Migration weiterhin eine klar untergeordnete Rolle, hier sind die Werte im Vergleich zur Vorwelle und im deutlichen Kontrast zu den anderen Wählergruppen, gleichgeblieben: Nur 7 Prozent sehen Einwanderung als das wichtigste Thema, um das sich deutsche Politikerinnen und Politiker derzeit kümmern sollten. Für Personen, die bei der nächsten Bundestagswahl für die Grünen stimmen wollen, ist weiterhin Umwelt- und Klimaschutz das wichtigste Thema (38 Prozent).

Annahmen zu Migration spalten

Das Thema „Migration“ ist für fast alle Wählerinnen und Wähler das wichtigste politische Thema - allerdings unterscheiden sie sich darin, wie sie über dieses Thema denken. Die Frage, ob Migration eine Belastung für den Wohlstand in Deutschland darstellt oder sogar nötig ist, um den Wohlstand in Deutschland zu sichern, spaltet die Wahlberechtigten. Insgesamt sehen 38 Prozent der Befragten Zuwanderung in Deutschland eher als Belastung, während allerdings mit 34 Prozent beinahe genauso viele Befragte der Meinung sind, dass Einwanderung für den Erhalt des Wohlstandes in Deutschland notwendig sei.

Blickt man auf die einzelnen Wählergruppen, wird noch deutlicher, wie uneins sich die Menschen in Deutschland bei diesem Thema wirklich sind. Unter Wählerinnen und Wählern der Union sind mit 34 Prozent noch ganz knapp mehr Befragte der Ansicht, Zuwanderung sei notwendig, als der Ansicht, Zuwanderung sei eine Belastung für den Wohlstand (31 Prozent). Unter Befragten der AfD ist die Sache wenig überraschend sehr klar: Über zwei Drittel der Personen, die angeben, bei der nächsten Bundestagswahl für die AfD stimmen zu wollen, sehen Zuwanderung als Belastung für den Wohlstand (77 Prozent), nur 8 Prozent sehen Einwanderung als notwendig zur Wohlstandssicherung an. Auch unter Wählerinnen und Wählern des BSW wird Zuwanderung bekanntermaßen kritisch gesehen: 38 Prozent sehen Migration eher als Belastung, 23 Prozent als notwendig.

Anders sieht es bei Wählerinnen und Wählern der Mitte-Links Parteien aus: Unter Befragten, die für die SPD stimmen wollen, gibt die Hälfte an, Zuwanderung sei notwendig für den Erhalt unseres Wohlstands (50 Prozent). Noch ausgeprägter ist diese Sichtweise bei Befragten, die für die Grünen stimmen wollen: Mit 68 Prozent findet eine deutliche Mehrheit, dass Migration für den Erhalt des Wohlstandes in Deutschland notwendig sei.

Die Fallzahlen lassen keine Auswertung für die FDP und Links-Partei zu. Die Frage wurde auf einer 11-er Skala abgefragt. Für diese Auswertung wurden die Kategorien 0-3 (Eher Belastung für den Wohlstand), 4-6 (Mitte) und 7-11 (Eher notwendig für den Erhalt des Wohlstandes) zusammengefasst.

Wirtschaft bleibt wichtiges Wahlkampfthema

Obwohl das Thema „Migration“ die öffentliche Diskussion bestimmt, bleibt das Thema „Wirtschaft“ wichtig für Wählerinnen und Wähler. Mit 12 Prozent verbleibt Wirtschaft weiterhin auf Platz 2 der wichtigsten Themen in Deutschland (Vergleich Vorwoche: 19 Prozent).

Dass Wirtschaft auch weiterhin im Wahlkampf eine große Rolle einnimmt, zeigt auch die Frage danach, welche Themen für Wahlberechtigte für die Wahlentscheidung Relevanz haben: Insgesamt geben über zwei Drittel der Wahlberechtigten an, dass das Thema Wirtschaft für ihre Wahlentscheidung entweder sehr (33 Prozent) oder sogar äußerst wichtig (35 Prozent) sei. Äußerste Relevanz hat das Thema vor allem für Wählerinnen und Wähler der Union (46 Prozent), des BSWs (43 Prozent) und von AfD (42 Prozent), aber auch Wählerinnen und Wähler der SPD schätzen das Thema insgesamt als sehr relevant ein.

Zustimmung zu Koalition zwischen Union und AfD steigt

Der Vorstoß von Kanzlerkandidat Friedrich Merz zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der AfD beim Thema Migration hat in den vergangenen Tagen für viel Gesprächsstoff gesorgt. Ob der Schlingerkurs der Union in Bezug auf die Brandmauer in den nächsten Wochen eher helfen oder schaden wird, ist derzeit noch nicht beantwortbar. Aber die Zustimmung zu einer Koalition zwischen CDU/CSU und AfD ist gestiegen: Während im Dezember noch 26 Prozent eine solche Koalition eher / voll und ganz befürworten würden, liegt der Wert aktuell bei 31 Prozent.

Die beliebteste Koalition mit gerade einmal 41 Prozent Befürwortung ist weiterhin die Große Koalition – die Kombination aus Union und SPD. Im Vergleich zu Dezember hat die Beliebtheit allerdings weiter abgenommen (Vergleich Dezember 2024: „Befürworte ich eher / voll und ganz“ 46 Prozent). Die von der Union bevorzugte Partnerschaft mit der FDP – sofern die FDP den Einzug in den Bundestag schafft – würden derzeit 31 Prozent der Befragten (eher) befürworten (Dezember: 32 Prozent).

Diese Umfrage wurde von YouGov Deutschland als Eigenstudie auf Basis des YouGov Omnibus Politik durchgeführt. Die Daten dieser Befragung basieren auf Online-Interviews mit Mitgliedern des unternehmenseigenen YouGov Panels. Die Mitglieder des Panels haben der Teilnahme an Online-Interviews zugestimmt. Für diese Befragung wurden im Zeitraum 24. bis 27.01.2025 insgesamt 2.110 Personen in einer repräsentativen Stichprobe, quotiert nach Alter, Geschlecht, Region, Wahlverhalten, Bildung und politisches Interesse, befragt. Die Stichprobe bildet die Wahlberechtigten Deutschlands ab 18 Jahren hinsichtlich dieser Quotenmerkmale ab.

Die Ergebnisse samt einer Erklärung der Methodik stehen hier kostenlos zur Verfügung.

Das YouGov Wahlmodell zur Bundestagswahl 2025 finden Sie hier.

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Foto: Christoph Reichwein/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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