Mehrheit sieht Erhöhung der Rentenbezüge als wichtigstes Ziel staatlicher Politik
Die Mehrheit der Berufstätigen sieht sich im Alter nicht mehr abgesichert, besonders in Berlin / Stärkere Unterstützung betrieblicher Altersvorsorge gefordert / Absicherung im Alter zählt für 79 Prozent der Berufstätigen zu den wichtigsten drei Zielen
70 Prozent aller Ruheständler in Deutschland beklagen die Höhe der gesetzlichen Renten als nicht angemessen und rund sechs von zehn Ruheständlern geben eine gewachsene Angst beim Thema Altersvorsorge an. Damit hat sich dieser Wert gegenüber dem Vorjahr nochmals verschlechtert. Und auch 61 Prozent der Erwerbstätigen erklären inzwischen, dass sie sich nicht mehr ausreichend für den Ruhestand abgesichert sehen, insbesondere vor dem Hintergrund der schon seit Jahren andauernden Niedrigzinsen. Es fordern daher drei Viertel aller Ruheständler (75 Prozent) und zwei Drittel aller Erwerbstätigen (66 Prozent), erhöhte Rentenbezüge als wichtigstes Ziel staatlicher Politik in Deutschland zu setzten – deutlich vor anderen Zielen wie etwa vermehrten Bildungsangeboten oder einer verbesserten Gesundheitsversorgung.
Das sind die Ergebnisse des AXA Deutschland-Report zu Ruhestandsplanung und –management, die durch das internationale Marktforschungs- und Beratungsinstitut YouGov ermittelt wurden. Der Deutschland-Report erfasst und vergleicht repräsentativ in allen 16 Bundesländern die Einstellungen und Verhaltensweisen von Berufstätigen und Ruheständlern.
Forderung nach Unterstützung der betrieblichen Altersversorgung
Gefragt nach der Bewertung aktueller politischer Ideen und Maßnahmen im Bereich der Altersvorsorge zeigen Berufstätige und Ruheständler laut AXA Report eine hohe Übereinstimmung. So bewerten 86 Prozent der Rentner und Pensionäre sowie 73 Prozent der Berufstätigen es als „sehr gut“ oder „gute“ Idee, wenn Berufsanfänger automatisch in eine betriebliche Altersversorgung einbezogen werden. Völlig einig sind sich beide Gruppen bei der Frage, ob der Staat die betriebliche Altersversorgung insgesamt stärker fördern sollte: Drei Viertel aller Erwerbstätigen (74 Prozent) und auch Ruheständler (75 Prozent) halten das für gut oder sehr gut. Dr. Patrick Dahmen, Mitglied des Vorstands im AXA Konzern: „Eine verbesserte betriebliche Altersversorgung kann in Deutschland wirksam zur Lösung der Vorsorgeproblematik beitragen. Wir sehen die aktuellen Pläne der Bundesregierung daher insgesamt positiv. Hierdurch wird diese Form der Vorsorge für Geringverdiener attraktiver gestaltet.“
Ruhestands-Skepsis wächst, besonders in Ostdeutschland
Überraschend stark haben sich verglichen zum Vorjahr die Erwartungen an den Ruhestand in Deutschland eingetrübt. Gingen die Berufstätigen 2016 zu 40 Prozent davon aus, dass sich ihre Lebensqualität im Ruhestand verschlechtern wird, erwartet das jetzt mit 56 Prozent die Mehrheit. Offenbar spielen die Niedrigzinsen dabei eine Rolle: So fragen sich inzwischen die Erwerbstätigen mehrheitlich, ob die private Altersvorsorge überhaupt noch sinnvoll ist (51 Prozent, Vorjahr 47 Prozent). Dies deutlich stärker in Ost- als ins Westdeutschland (58 Prozent zu 47 Prozent), wobei Berlin mit 65 Prozent den bundesweiten Spitzenwert erreicht.
Sinkende Sparleistung, in Berlin haben die meisten unzureichend vorgesorgt
Die monatlichen Sparraten der Berufstätigen zur privaten Altersvorsorge sind im Schnitt um gut 16 Prozent gegenüber 2016 gesunken. In Niedersachsen geben mit 51 Prozent die wenigsten Berufstätigen an, sich nicht ausreichend für den Ruhestand abgesichert zu sehen, mit Abstand hält auch in dieser Hinsicht dagegen Berlin den bundesweiten Negativ-Rekord: Drei Viertel der Befragten sehen hier ihre bisherige Altersvorsorge als nicht ausreichend an (74 Prozent, Bundesdurchschnitt: 61 Prozent). „Gleichwohl sind 43 Prozent der Erwerbstätigen bereit, sich für eine bessere finanzielle Ausstattung im Alter bei ihren heutigen Ausgaben einzuschränken – in Niedersachsen sind es gar 52 Prozent der Erwerbstätigen“, so Patrick Dahmen.
Fehlendes Geld und zu wenig staatliche Hilfen hindern an stärkerer Vorsorge
Als Hauptgrund, selbst nicht stärker in die eigene Altersvorsorge zu investieren, geben 57 Prozent der Erwerbstätigen ein „zu geringes Einkommen und Vermögen“ an. Am zweithäufigsten genannt wird „unzureichende Unterstützung beim Thema, z.B. in Form staatlicher Förderung“ (21 Prozent). Auf Rang drei liegt „mangelnde Kenntnis bzw. Aufklärung zum Thema“ (11 Prozent). Nur 8 Prozent sagen, dass sie „lieber in Konsum als Sparanlangen“ investieren. „Auch die Einschätzungen der Berufstätigen decken sich laut AXA Report stark mit denen der Ruheständler“, so Patrick Dahmen. Und in seinem weiteren Punkt herrscht Übereinstimmung: Gefragt nach dem richtigen Alter, in dem das Vorsorgesparen beginnen sollte, nennen Erwerbstätige ein Alter von 25 Jahren und heutige Ruheständler von 24 Jahren. Tatsächlich haben die Berufstätigen selbst damit erst im Alter von 31 Jahren begonnen, die heutigen Rentner mit 32 Jahren.
Große regionale Unterschiede bei Einstellungen zu Altersvorsorge
Für 79 Prozent der Erwerbstätigen ist die finanzielle Absicherung im Ruhestand eines der drei wichtigsten Ziele, 13 Prozent nennen das sogar als wichtigstes Ziel. Zwischen den Bundesländern gibt es aber große Unterschiede. So nennt etwa in Brandenburg nur jeder zwanzigste Berufstätige die finanzielle Absicherung im Ruhestand als wichtigstes Ziel (5 Prozent). In Bayern sagen das vier Mal mehr der Erwerbstätigen (21 Prozent). Auch sind in Brandenburg nur 35 Prozent bereit, sich für eine verbesserte finanzielle Ausstattung im Ruhestand heute dazu einzuschränken. Neue Staatsschulden für erhöhte Rentenzahlungen aufzunehmen, lehnen die Berufstätigen bundesweit mehrheitlich ab. Nur in NRW ist eine relative Mehrheit (47 Prozent) unter ihnen dafür.
„Die Angst vor einer Verschlechterung der Lebensqualität im Alter hat sich im Vergleich zu Vorjahr nochmals erhöht, und die Hoffnung und Erwartung an die gesetzliche Rente sind massiv gestiegen. Die momentan breite öffentliche Debatte um die Altersvorsorge im Vorfeld der drei Landtagswahl und der Bundestagswahl hat zusammen mit der Niedrigzinsphase zumindest das Problembewusstsein bei Rentnern wie Erwerbstätigen weiter geschärft“, analysiert Patrick Dahmen, „ Altersvorsorge muss somit zwingend neben der gesetzlichen Versorgung auch die betriebliche und private Versorgung umfassen.“
Über den AXA Deutschland-Report
Der AXA Deutschland-Report zu Ruhestandsplanung und –management wurde durch insgesamt 3.296 Online Interviews erhoben. Befragt wurden repräsentativ in allen 16 Bundesländern Erwerbstätige und Ruheständler. Die Ergbnisse wurden zudem bevölkerungsrepräsentativ gesamtgewichtet zur Ableitung bundeweiter Aussagen. Die Befragung wurde im Februar 2017 durch das internationale Marktforschungs- und Beratungsinstitut YouGov durchgeführt.
Weitere Ergebnisse und Informationen finden Sie hier.
Bild: dpa
Quelle: AXA/YouGov