Knapp zwei Drittel der Bundesbürger würden für eine Bürgerversicherung stimmen. Bei einer Bürgerversicherung würden alle Bürger über eine gesetzliche Krankenversicherung versichert. Für die SPD besteht die Chance, bei Wählern mit diesem Thema zu punkten und ihr Profil im Bereich „soziale Gerechtigkeit“ zu schärfen.
Die SPD würde gerne eine Bürgerversicherung einführen. Dadurch wären alle Bürger über die gesetzliche Krankenversicherung versichert und die Zweiteilung in private und gesetzliche Krankenversicherung würde abgeschafft. Zusatzleistungen wären weiterhin über private Zusatzkrankenversicherungen möglich. In den Sondierungsgesprächen zu einer möglichen Großen Koalition aus CDU, CSU und SPD konnte die SPD den Vorschlag der Bürgerversicherung noch nicht durchsetzen. Innerhalb der SPD wird das Thema jedoch weiter diskutiert - die Erwartung an die Parteispitze ist, dieses Thema in den anstehenden Koalitionsverhandlungen nochmals mit aufzunehmen.
Die Mehrheit der Deutschen (61 Prozent) ist der Einführung einer Bürgerversicherung gegenüber positiv eingestellt, das zeigt eine aktuelle YouGov-Umfrage. Neben den SPD-Anhängern (72 Prozent), würden auch Wähler der Linken (75 Prozent), der Grünen (71 Prozent) und der AfD (70 Prozent) für die Einführung der Bürgerversicherung stimmen. Aber auch bei den CDU/CSU- und FDP Wählern befürworten mehr als die Hälfte (51 Prozent bzw. 53 Prozent) die Bürgerversicherung.
Hohe Zufriedenheit mit der Gesundheitsversorgung
Doch wie kommt es zu solch einer hohen Zustimmung für eine Änderung im deutschen Gesundheitssystem? Die Gesundheitsversorgung in Deutschland wird im internationalen Vergleich jedenfalls von der Mehrheit als hoch eingeschätzt (56 Prozent). Auch ein Blick auf privat und gesetzlich Versicherte zeigt, dass beide Gruppen zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit ihrer Krankenversicherung sind (83 Prozent und 85 Prozent).
Allgemein sind Privatversicherte etwas zufriedener mit der Leistung ihrer Versicherung als gesetzlich Versicherte (82 Prozent vs. 80 Prozent), jedoch deutlich unzufriedener mit den einhergehenden Kosten (55 Prozent vs. 63 Prozent). Schaut man genauer hin, zeigt sich jedoch: Ein Fünftel der Privatversicherten hat das Gefühl, regelmäßig oder bei fast jedem Arztbesuch überversorgt zu werden - also medizinische Leistungen oder Medikamente zu erhalten, die eigentlich nicht notwendig wären. Im Kontrast dazu gibt knapp ein Viertel der gesetzlich Versicherten an, regelmäßig oder bei fast jedem Arztbesuch das Gefühl zu haben, unterversorgt zu werden - also Leistungen die eigentlich nötig wären, nicht zu erhalten.
So meinen auch deutlich weniger gesetzlich Versicherte als Privatversicherte, bestmöglich versichert (62 Prozent vs. 77 Prozent) oder bestmöglich versorgt (69 Prozent vs. 79 Prozent) zu sein. Insgesamt ist die Zufriedenheit aber auch hier hoch.
Es geht um soziale Gerechtigkeit
Auf der anderen Seite empfindet über die Hälfte der Deutschen (51 Prozent) das Gesundheitssystem in Deutschland als ungerecht. Insbesondere Geringverdiener mit einem Einkommen von weniger als 1.500 Euro netto monatlich nehmen Ungerechtigkeiten im Gesundheitssystem wahr (53 Prozent), während 58 Prozent der Gutverdiener (mehr als 3.500 Euro im Monat) dies nicht tun.
Weiterhin zeigt sich, dass in Deutschland insgesamt ein vom Solidaritätsprinzip geprägtes Gerechtigkeitsempfinden in Bezug auf die Gesundheitsversorgung herrscht. So stimmen über zwei Drittel (69 Prozent) der Aussage zu „Es ist gerecht, wenn die, die mehr verdienen, die Gesundheitsversorgung derjenigen mitbezahlen, die weniger verdienen.“ Im Gegensatz dazu lehnen drei von fünf Befragten (56 Prozent) die Aussage ab, dass diejenigen, die mehr in die Kasse einzahlen auch mehr bekommen sollten.
Die große Mehrheit ist darüber hinaus der Meinung, dass der Staat dafür sorgen muss, dass jeder bekommt, was er benötigt. Die SPD könnte mit der Durchsetzung der Bürgerversicherung also bei weiten Teilen der Bevölkerung punkten, sowie sich mit ihrem Kernthema der „Gerechtigkeit“ profilieren.
Die vollständige Studie kann kostenfrei unter der Angabe von Kontaktdaten hier heruntergeladen werden: http://Political_Buergerversicherung