Aldi Nord braucht eine Imagepolitur, Aldi Süd nicht

Holger GeißlerBis Dezember 2017 Head of Research bei YouGov Deutschland
Oktober 04, 2016, 8:08 vorm. GMT+0

Aldi Süd und Aldi Nord machen erstmals gemeinsam Werbung im Fernsehen und Kino. Die Kampagne setzt auf Einfachheit, zum Beispiel bei der Auswahl der richtigen Lebensmittel. Gebrauchen kann die Kampagne Aldi Nord deutlich mehr als die Unternehmenssparte im Süden.

Als Aldi Anfang September verlauten ließ, dass es demnächst eine von Aldi Süd und Aldi Nord gemeinsam geplante Werbekampagne geben wird, war an einigen Stellen zu lesen, dass das besonders überraschend sei – denn Aldi hätte bis dato ja noch keine Fernsehwerbung gemacht, und auch sonst waren die Werbeaktivitäten eher eingeschränkt.

Schon richtig, aber aus Kundensicht scheint das keine sonderlich große Rolle gespielt zu haben. Der YouGov-Markenmonitor BrandIndex zeigt: In den vergangenen drei Jahren haben stets mehr als 40 Prozent der Kenner der Marke Aldi angegeben, kürzlich Werbung für den Discounter wahrgenommen zu haben, was wohl hauptsächlich an den Prospekten „Aldi aktuell“ bzw. „Aldi informiert“ gelegen hat. Aldi hat damit werbetechnisch mehr Verbraucher erreicht als zum Beispiel Rewe.

Aldi Nord hat es nötig

Trotz der hohen Werbewahrnehmung schaltet Aldi jetzt also Fernseh-, Kino- und Radiowerbung - und das auch noch in beiden Aldi-Regionen. Aldi muss in die Offensive gehen, denn der Markt ist stärker inzwischen umkämpft, vor allem die Konkurrenten Edeka und Rewe erhöhen den Druck.

Eine gemeinsame Werbekampagne von Aldi Nord und Aldi Süd ist zwar neu, aber erscheint sinnvoll. Kräfte bündeln macht fast immer Sinn. Schließlich unterscheiden sich die beiden nicht so sehr als dass nicht eine gemeinsame Markenbotschaft (in diesem Fall: „Einfach ist mehr“) kommuniziert werden könnte.

Dennoch ist es angebracht, die beiden regionalen Unternehmenteile von Aldi im Einzelnen zu betrachten. Denn dann wird schnell klar: Aldi Nord hat die neue Werbekampagne nötiger als Aldi Süd.

Da wäre zum Beispiel die Kundenzufriedenheit. Aldi Süd - betrachten wir im BrandIndex nur Bewertungen im Verkaufsgebiet Süd - sticht heraus und lässt den zweitplatzierten Lidl mit deutlichen neun Punkten Abstand hinter sich (auf einer Skala von -100 bis +100 Punkte). Im Norden ist das anders: Die Lidl- und Edeka-Kunden geben hier eine höhere Zufriedenheit an als die von Aldi Nord. Bei der Weiterempfehlungsbereitschaft und beim Preis-Leistungs-Verhältnis zeigt sich ähnliches - auch hier schneidet die Süd-Variante von Aldi deutlich besser ab als die nördliche.

Junge Verbraucher entscheiden sich für Aldi Süd

Auffällig ist auch der Unterschied bei der Frage nach der konkreten Auswahl des Lebensmittelhändlers, wenn die Verbraucher wählen müssten. Aldi Nord liegt hier hinter Edeka, Lidl, Kaufland und Rewe. Aldi Süd dagegen führt das Ranking an.

Noch deutlicher, dass Aldi Nord eine Werbe-/Imagekampagne gebrauchen kann, macht die Frage nach der konkreten Verbraucherentscheidung aufgeschlüsselt nach Alter. In Süddeutschland würden sich die Verbraucher bis 30 Jahre noch für Aldi entscheiden als die Gesamtgruppe. Bei Aldi Nord ist es genau umgekehrt: Die jüngeren Verbraucher haben weniger Interesse an Aldi Nord als die Gesamtgruppe. Kurzum: Aldi Süd kann zurzeit entspannter in die Zukunft blicken als der Norden.

Mit der neuen Werbekampagne schafft es Aldi, wahrgenommen zu werden. Mehr Verbraucher geben heute an, Werbung von sowohl Aldi Süd als auch Aldi Nord wahrzunehmen. Die Werbewahrnehmung ist seit dem 9. September um mindestens fünf Punkte gestiegen. Wäre bei dem Werbedruck auch seltsam, wenn nicht.

Warum genau es die Trennung zwischen Nord und Süd bei Aldi gibt, ist Familiengeheimnis. Eine Vision für die Zukunft wäre aber: Aldi Nord macht einfach alles so wie Aldi Süd. Und Aldi heißt dann nur noch Aldi, ohne Nord und Süd dahinter. Auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung des Online-Lebensmittelhandels scheinen regionale Gebietsaufteilungen eher hinderlich als förderlich zu sein. Vielleicht ist die erste gemeinsame Kampagne ja auch ein Fingerzeig für die Zukunft.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.

Bild: dpa