Eine aktuelle YouGov-Umfrage in sieben europäischen Ländern zeigt: Franzosen, Briten und Finnen haben im Vergleich zu Deutschen und Dänen eine niedrigere Toleranzgrenze.
Seit Harvey Weinstein von dutzenden Frauen vorgeworfen wurde, sie sexuell belästigt zu haben, ist das Thema in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden. Vor allem in den sozialen Medien gab es unzählige Nachrichten unter dem Hashtag #MeToo. Frauen teilten dort ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung. Teilweise ist diese klar zu definieren, doch viele Aspekte sind sehr individuell. Was der eine als schmeichelhaft empfindet, sieht der andere als sexuelle Belästigung, das zeigen auch die Ergebnisse einer aktuellen YouGov-Umfrage in sieben europäischen Ländern.
So sind sich die Befragten aller Länder bei vielen Aspekten einig: Fast alle sind der Meinung, dass es sexuelle Belästigung ist, wenn ein Mann versucht, einer Frau unter den Rock zu fotografieren. Auch beim Entblößen von Genitalien und einer Aufforderung zu sexuellen Gefälligkeiten verstehen Deutsche, Briten, Franzosen, Schweden, Dänen, Finnen und Norweger gleichermaßen keinen Spaß. Einer Frau an den Po zu fassen oder sie gar zu kneifen, ist ebenfalls in allen Ländern ein No-Go.
Da hört der Spaß auf: In Großbritannien und Finnland bitte keine Sexwitze erzählen
Bei anderen Aspekten heißt es jedoch: Andere Länder, andere Sitten. Beispielsweise beim Antanzen auf Partys oder in Clubs. Für vier von fünf Briten (82 Prozent) ist es sexuelle Belästigung, wenn ein Mann eine Frau auf einer Party mit Köperkontakt antanzt. In Frankreich (71 Prozent), Schweden und Norwegen (beide 73 Prozent) sind es zehn Prozentpunkte weniger. In Deutschland (50 Prozent) und Finnland (53 Prozent) definieren dies nur die Hälfte der Befragten als sexuell übergriffig.
Die größten Unterschiede gibt es beim Thema Humor. Wenn Männer gegenüber einer Frau Witze mit sexuellem Inhalt machen, stört das nur jeden sechsten (17 Prozent) Dänen. Von den Deutschen (35 Prozent) und Schweden (38 Prozent) wäre immerhin jeder Dritte empört. Die größten Probleme hätten anzügliche Witzeerzähler in Großbritannien (69 Prozent) und Finnland (67 Prozent).
Auch sehr unterschiedlich kommt es an, wenn ein Mann einer Frau auf die Brüste schaut. In Großbritannien (50 Prozent), Frankreich (51 Prozent) und Finnland (47 Prozent) hält dies die Hälfte für sexuell belästigend. In Deutschland (29 Prozent), Dänemark (26 Prozent) und Finnland (30 Prozent) sind die Befragten deutlich weniger empfindlich.
Was meist als schmeichelhaft empfunden wird sind Bemerkungen von Männer, wenn sie Frauen attraktiv finden. Auch die Fragen nach einem Date wird als harmlos eingestuft. Und Zuzwinkern ist in den meisten Fällen auch erlaubt. Eine Ausnahme sind die Franzosen, von ihnen findet knapp jeder Vierte (23 Prozent), dass dies durchaus als sexuelle Belästigung gelten kann.
Doch nicht nur die Nationen unterscheiden sich in ihren Definitionen von sexueller Belästigung. Auch im Geschlechtervergleich gibt es verschiedenen Auffassungen. In vielen Punkten sind sich deutschen Frauen und Männer einig. Doch beispielsweise beim auf die Brüste schauen unterscheiden sich die Ansichten. So hält dies jede dritte Frau (36 Prozent) für sexuelle Belästigung, jedoch nur jeder fünfte Mann (22 Prozent). Umgekehrt halten es Frauen (42 Prozent) für weniger bedenklich als Männer (48 Prozent), wenn ein Mann einer Frau seinen Arm um die Taille legt.
Für den aktuellen YouGov Eurotrack wurden insgesamt 8.490 Personen im Oktober 2017 repräsentativ zum Thema sexuelle Belästigung befragt: In Deutschland wurde die Befragung auf Basis des YouGov Omnibus durchgeführt.