Fans der Fußballnationalmannschaft können sich eher als die Gesamtbevölkerung vorstellen, Produkte der Sponsoren zu kaufen. Doch viele Marken schöpfen dieses Potenzial noch gar nicht aus.
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Dass Profi-Fußball mit viel Geld zu tun hat – daran haben sich die meisten inzwischen wohl gewöhnt. Und so richtig schlimm scheint das auch niemand zu finden, wie die Auswertung von Daten aus unserem Zielgruppen-Analyse-Tool YouGov Profiles zeigt. Nur jeder fünfte Befragte findet es „eher“ oder „sehr“ negativ, wenn Unternehmen beim Fußball als Sponsoren auftreten. Den weit größeren Teil stört Werbung wohl einfach nicht, vielleicht ist ihnen aber auch bewusst, dass hochklassiger Fußball in der Regel nicht ohne die teuren Spieler (und Trainer) zu haben ist. Also auch nicht ohne das Geld der Sponsoren.
Und so lässt sich jeder Profi-Fußballverein irgendwie sponsern. Die großen Clubs wie Bayern München, Real Madrid und Manchester City treten dabei inzwischen international auf. In gewisser Weise nehmen die Nationalmannschaften eine besondere Stellung ein, in Deutschland allen voran die Männer-Fußballnationalmannschaft des DFB. Im Vergleich zu Vereinsmannschaften spielt die deutsche Nationalmannschaft nämlich für ein ganzes Land, und nicht nur für die jeweiligen Fans eines Clubs. Allein deshalb sollte für Unternehmen die Nationalmannschaft als Werbeträger von besonderem Interesse sein.
Nivea Men führt die Liste an
Ein Blick in die Daten mit Profiles zeigt: Die Werbung funktioniert. Diejenigen, die Wettbewerbe der Fußball-Nationalmannschaft verfolgen, können sich eher vorstellen, Produkte bestimmter Marken zu kaufen als die Gesamtbevölkerung. Besonders von der Werbung profitieren die Marken Nivea Men, Adidas, Deutsche Telekom, McDonald‘s, Allianz, Commerzbank und Bitburger – allesamt aktuelle oder ehemalige Sponsoren der DFB-Auswahl.
Dass Nivea Men diese Liste anführt, ist nicht verwunderlich, denn diejenigen, die die Wettbewerbe der Nationalmannschaft verfolgen, sind eher männlich, genauer: 57 Prozent. Was sie sonst noch auszeichnet: Die meisten von ihnen haben eine Lehre oder einen vergleichbaren Abschluss, sind mindestens 55 Jahre alt, haben keine eigenen Kinder und leben städtisch. Aber: Die Nationalmannschaft-Fans sind immer noch häufiger verheiratet als der Durchschnittsdeutsche und verdienen häufiger mehr als 3000 Euro netto im Monat.
Für aktuelle Partner wie Adidas, die Deutsche Telekom, Commerzbank und Rewe scheint das die richtige Zielgruppe zu sein. Eine andere Marke dagegen hat sich vom Sponsoring inzwischen verabschiedet: Hugo Boss. Die Nationalmannschaft steht damit derzeit ohne Mode-Ausstatter da. Hugo Boss konzentriere sich nach eigenen Angaben jetzt auf internationale Klubmannschaften wie Bayern München, Paris Saint-Germain und Real Madrid.
Check24, Amazon und Bosch wären passende DFB-Partner
Das ist einerseits nachvollziehbar, denn aktuell nennen die potenziellen Käufer von Hugo-Boss-Kleidung diese Vereine bemerkenswert häufiger als Lieblingsverein als die deutsche Gesamtbevölkerung. Hugo Boss scheint damit die richtige Zielgruppe zu treffen.
Andererseits: Diejenigen, die die Wettbewerbe der Nationalmannschaft verfolgen, zeigen ein ebenfalls höheres Interesse an Hugo Boss als der deutsche Durchschnitt. Hugo Boss hatte mit der Nationalmannschaft also tendenziell schon den richtigen Werbepartner gefunden.
Für wen die DFB-Auswahl sonst noch als Werbepartner interessant sein könnte:
- Unter den Nationalmannschaft-Fans befinden sich relevant mehr Kunden des Vergleichsportals Check24 als unter der Gesamtbevölkerung. Falls Check24 eine Werbezielgruppe sucht: Die Nationalmannschaft-Fans könnten interessant sein. Ähnliches gilt für Amazon und Ikea.
- Noch keine Kunden, aber: Unter den Nationalmannschaft-Fans ist das Kaufinteresse ausgeprägter als in der Gesamtbevölkerung, etwa für die Marken Voltaren, Bosch, Ramazzotti und Nordsee.
Die Analyse zeigt, dass das Potenzial des DFB zum Ausbau des Netzwerkes an Werbepartnern mit den bestehenden Kooperationen bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Und, dass sich das Sponsoring der Nationalmannschaft auch für Marken lohnt, die zunächst nicht auf dem Radar erscheinen.
In diesem Zusammenhang fiebere ich schon der Werbekampagne entgegen, die es schafft, das scheinbar obligatorische Schokobrötchen beim Fußballerfrühstück durch ein Fischbrötchen zu ersetzen.
So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.
Foto: dpa