Warum der Storch keine Kinder mehr bringt

YouGov
Mai 09, 2018, 9:00 vorm. GMT+0

YouGov-Umfrage zeigt: Deutsche bewerten ihr Umfeld bei steigendem Gehalt als kinderfreundlich.

Die regionalen Unterschiede in der Geburtenrate pro Frau unterliegen starken Schwankungen. Dies ergab eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB). Die größte Differenz lässt sich zwischen ländlichen Gebieten und Städten ausmachen. Kleinere Städte, wie z.B. Cloppenburg, Günzburg und Mühldorf am Inn führen das bundesweite Ranking an. Große Metropolen, wie z.B. Düsseldorf, Köln und Frankfurt belegen die hinteren Plätze. Politiker aller Couleur überboten sich im Nachgang der Ergebnisse mit familienpolitischen Forderungen: Investitionen in den Wohnungsneubau, Kindergrundsicherung, Überprüfung von Bauvorschriften und bürokratischen Hürden, Mietpreisbremse nachbessern, Mietpreisbremse abschaffen etc. Kurz: die Listen mit den Forderungen der Parteien sind lang.

Die Forderungen der Politiker bekamen dabei Rückendeckung vom Forschungsdirektor der BiB – Martin Bujard. Die Bezahlbarkeit von familienfreundlichen Wohnquartieren sei in vielen Kommunen nicht gegeben, das Angebot an Betreuungsplätzen sei unzureichend. Das Ziel scheint also klar, nur der Weg nicht. Eine aktuelle YouGov-Umfrage bestätigt dabei einzelne Aspekte der Studie: 75 Prozent der Umfrage-Teilnehmer aus Vorstädten und sogar 77 Prozent aus ländlichen Umgebungen schätzen ihren aktuellen Wohnort als kinderfreundlich ein. Stadtbewohner beurteilen ihre aktuelle Wohnsituation nur zu 62 Prozent als kinderfreundlich. 27 Prozent der Befragten aus städtischen Ballungszentren sprechen sogar von einem kinderunfreundlichen Umfeld. Besonders interessant: Die geburtenrelevante Zielgruppe der 25 bis 34 Jahre alten Teilnehmer sieht in ihrem aktuellen Wohnumfeld keine kinderfreundliche Umgebung. Jeder vierte Teilnehmer mit mindestens einem Kind gab an, dass sie ihre momentane Wohnsituation als kinderunfreundlich bezeichnen würde. Den entscheidenden Faktor für ein kinderfreundliches Umfeld sehen die Befragten in der Sicherheit des Wohnortes - 73 Prozent stimmen hier zu. 69 Prozent sehen Kinderbetreuung als Kriterium dafür, ob ein Umfeld als kinderfreundlich oder nicht zu bezeichnen ist. Die von der Politik engagiert geforderte Bezahlbarkeit des Wohnraums sehen nur 61 Prozent als Faktor für ein kinderfreundliches Umfeld an.

Ein starkes Gefälle kann bei dem verfügbaren Haushaltsnettoeinkommen festgestellt werden. Die Topverdiener unter den Befragten sprechen zu 79 Prozent von einem kinderfreundlichen Umfeld. Mit abnehmenden verfügbaren Nettoeinkommen sinkt dieser Zustimmungswert beträchtlich. Geben Teilnehmer mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 2.000 bis 3.000 Euro zu 72 Prozent an, dass sie in einem kinderfreundlichen Umfeld leben, können dies nur 60 Prozent der Teilnehmer mit einem Haushaltsnettoeinkommen von unter 1000 Euro bestätigen. Der Zustimmungswert ist somit um beinahe 20 Prozentpunkte tiefer, als bei den Topverdienern der Umfrage. Gerade für strukturschwache Regionen kann somit ein teuflischer Zyklus die Folge sein. Armut und ein Geburtenrückgang geben sich gegenseitig die Klinke in die Hand und Gebiete trocknen wirtschaftlich letztlich aus.

Auf Basis des YouGov Omnibus wurden im Zeitraum vom 06.04. – 10.04.2018 1123 Personen ab 18 Jahren repräsentativ befragt.