Bibliotheken sind laut den Deutschen wichtig, doch nur wenige sind Mitglied

Oktober 22, 2020, 7:41 vorm. GMT+0

Bücher oder E-Books? Krimi oder Gedicht? Eine aktuelle YouGov-Studie zum Tag der Bibliotheken (24. Oktober) in Kooperation mit dem SINUS-Institut klärt Fragen rund um das Thema Lesen und Büchereien

In zwei Tagen findet der alljährliche Tag der Bibliotheken statt. Der Tag soll die Aufmerksamkeit auf die rund 10.000 Bibliotheken in Deutschland lenken und auf ihr umfangreiches Angebot neugierig machen. Etwa jeder Sechste (16 Prozent) ist aktuell Mitglied einer öffentlichen Bibliothek, weitere 37 Prozent waren es früher einmal. Dabei sind deutlich mehr Deutsche von der Bedeutung der Bibliotheken überzeugt. So sagen drei Viertel (75 Prozent) der Bevölkerung, dass Bibliotheken als Kultur- und Bildungseinrichtung unverzichtbar seien. Ältere Befragte stimmen dieser Aussage häufiger zu als jüngere: 84 Prozent der 60- bis 69- Jährigen finden Bibliotheken unverzichtbar, unter 18- bis 29- Jährigen sagen dies nur zwei Drittel (66 Prozent). Weiterhin würden es 58 Prozent schade finden, wenn ihre öffentliche Bibliothek vor Ort schließen müsste.

Andere Beschaffungsmöglichkeiten, fehlende Infrastruktur und Kosten hemmen Bibliotheksnutzung

Was sind mögliche Gründe für die Nichtnutzung einer öffentlichen Bibliothek? Für die Mehrheit aller Befragten (57 Prozent) ist es attraktiver, ein Medium bei Interesse zu kaufen, als es in einer Bibliothek auszuleihen. 40 Prozent leihen ein Medium lieber im Freundes-, Familien- oder Kollegenkreis aus als in einer Bücherei. Auch in der Infrastruktur besteht aus der Sicht einiger Deutscher Aufholbedarf: 29 Prozent sagen, dass die Öffnungszeiten dieser Einrichtungen nicht zu ihrer frei verfügbaren Zeit passen, und 27 Prozent geben an, keine öffentliche Bibliothek in ihrer wohnlichen Nähe zu haben.

Die Hälfte der Österreicher war noch nie Bibliotheksmitglied

Österreicher ticken ähnlich wie Deutsche, wenn es um Bibliotheken geht. Das hat der SINUS-Partner INTEGRAL Marktforschung herausgefunden. So sind Bibliotheken für 71 Prozent der Österreicher als Kultur- und Bildungseinrichtung unverzichtbar (Deutschland: 75 Prozent). Allerdings ist die Zahl derjenigen Österreicher, die noch nie Mitglied einer öffentlichen Bibliothek waren, höher (51 Prozent vs. 44 Prozent in Deutschland).

In Büchereien werden am häufigsten Bücher ausgeliehen, andere Medien deutlich weniger

Mit Abstand am häufigsten werden Bücher in einer Bibliothek ausgeliehen: 80 Prozent der Deutschen, die jemals Mitglied in einer Bibliothek waren, machen diese Angabe. Befragte im Alter von 60 bis 69 Jahren sagen dies am häufigsten (85 Prozent). Für ein Fünftel aller Befragten (19 Prozent) sind es DVDs oder Blu-Rays, für 16 Prozent CDs, für jeweils 11 Prozent Hörbücher und Zeitschriften. 9 Prozent geben an, üblicherweise E-Books ausgeliehen zu haben.

Die Mehrheit der Deutschen greift zum gedruckten Buch, nur wenige finden Lesen langweilig

Generell bewerten die Deutschen Lesen als eine positive Sache. So gibt eine knappe Mehrheit der Deutschen (55 Prozent) an, gerne Bücher zu lesen. Etwa genauso viele (57 Prozent) würden gerne mehr Bücher lesen, aber ihnen fehlt die Zeit dazu, und mehr als jeder Vierte (28 Prozent) liest manche Bücher sogar mehrmals. Nur 15 Prozent aller Deutschen finden Lesen explizit langweilig. Für die Lektüre greifen Deutsche deutlich häufiger zum gedruckten Buch als zum E-Book: 61 Prozent lesen nur bzw. eher gedruckte Bücher, während 10 Prozent eher bzw. ausschließlich E-Books lesen.

Sachbücher, Kriminalromane und Fantasy-Bücher sind am beliebtesten

Am häufigsten haben deutsche Leser in den letzten zwölf Monaten zu Sachbüchern gegriffen (54 Prozent), gefolgt von Kriminalromanen (47 Prozent) und Science Fiction / Fantasy (30 Prozent). Am seltensten hielten die Deutschen Comics (12 Prozent), klassische Literatur (11 Prozent) und Gedichtbände in den Händen (5 Prozent).

Lebensstil und Werte erklären Begeisterung für Büchereien und Lesen

Die Affinität zu Büchereien und Lesen ist weniger vom Alter abhängig, sondern vielmehr durch die Lebenswelt einer Person geprägt – das zeigt die Ergebnisanalyse nach dem Gesellschaftsmodell der Sinus-Milieus®. Dieses Modell teilt die deutsche Gesellschaft in zehn „Gruppen Gleichgesinnter“ mit ähnlichen Werten, Lebensstilen und Verhalten ein. „Besonders die Gruppen der Liberal-Intellektuellen und Sozialökologischen sind häufiger Mitglieder von Bibliotheken und lesen überdurchschnittlich gerne und viel. Diese beiden Milieus sind in ihren Werten postmateriell geprägt und haben ein starkes Bedürfnis nach geistiger Anregung durch Bildung, Kultur und Lernen“, erklärt Dr. Silke Borgstedt, Director Research & Consulting am SINUS-Institut. Auch das Milieu der Expeditiven zeigt ein ähnliches Verhalten, das sich aber anders erklären lässt: „Diese kreative und ambitionierte Avantgarde unserer Gesellschaft ist immer auf der Suche nach kreativem Input, spontaner Abwechslung und neuen Erfahrungen“, so Borgstedt.

Auf Basis des YouGov Omnibus wurden 2.026 Personen in Deutschland ab 18 Jahren vom 24. bis 30. September 2020 anhand standardisierter Online-Interviews befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.

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