Deutsche, Briten und Dänen bekommen mehr Urlaub als Arbeitnehmer in knapp 20 anderen Ländern – und nehmen auch häufiger alle freien Tage, die ihnen zustehen.
Auf dem Höhepunkt der Eurokrise war in manchen Medien nicht nur in Deutschland immer wieder die Rede von den vermeintlich faulen Südeuropäern. Dabei gehört zum Beispiel Griechenland laut OECD-Daten zu den Ländern, in denen die Menschen weltweit am meisten Arbeiten – ganz im Gegensatz etwa zu Deutschland und Großbritannien.
Wie eine YouGov-Umfrage in insgesamt 22 Ländern nun ergeben hat, liegen diese beiden Länder dafür weit vorne, wenn es um Urlaubstage geht.
In keinem der 21 anderen untersuchten Länder in Nordamerika, dem Nahen Osten, Asien, Australien und Europa geben so viele Arbeitnehmer wie in Großbritannien an, alle (64 Prozent) oder fast alle (in der Umfrage definiert als „Alle bis auf ein oder zwei Tage“, 11 Prozent) ihrer bezahlten Urlaubstage zu nehmen. Und auch bei der Anzahl der zustehenden Urlaubstage (Median*: 27) liegt Großbritannien über dem Durchschnitt der 27 Länder (11 Tage). Insgesamt ähnelt die Situation der britischen Arbeitnehmer dabei vor allem der ihrer deutschen (70 Prozent, 30 Tage) und dänischen (71 Prozent, 30 Tage) Kollegen
Amerikaner haben hingegen drastisch weniger freie Tage. Es gibt dort als einem der wenigen Orte der Welt keine gesetzliche Mindestzahl. Die Zahl der Urlaubstage wird stattdessen vom Arbeitgeber festgelegt – und eher selten abgerufen: Lediglich 44 Prozent sagen, dass sie alle oder fast alle Urlaubstsage in diesem Jahr nehmen würden. Dabei stehen ihnen im Median lediglich zwölf freie Tage zu – nur einer mehr als chinesischen und malaysischen Arbeitnehmern.
Insgesamt scheint es kaum einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Arbeitstage und dem Anteil der Arbeitnehmer, die diese auch wirklich nehmen, zu geben. Während zum Beispiel in Saudi-Arabien und Algerien die Menschen – genau wie in Dänemark und Deutschland – im Mittel 30 Urlaubstage haben, nimmt nur etwa die Hälfte (51 bzw. 48 Prozent) von ihnen auch jeden oder fast jeden freien Tag. Insbesondere in Saudi-Arabien hat dies allerdings einen Grund: 21 Prozent der saudi-arabischen Arbeitnehmer, die nicht ihren vollen Urlaub nehmen, sagen, dies liege am Druck, den ihr Boss ausübt.
Insgesamt ist der häufigste Grund, nicht alle Urlaubstage zu nehmen, allerdings, den Urlaub im nächsten Jahr durch die aufgesparten Tage zu verlängern (durchschnittlich 34 Prozent der Arbeitnehmer eines Landes, die nicht alle Urlaubstage nehmen). Nicht faul erscheinen zu wollen geben dagegen nur durchschnittlich 6 Prozent an – wobei der Anteil in China doppelt so hoch (13 Prozent) ist.
Die Umfrage wurde im September und Oktober 2015 in Ägypten, Algerien, Australien, China, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Hongkong, Indonesien, Jordanien, Libanon, Malaysia, Marokko, Norwegen, Saudi-Arabien, Schweden, Singapur, Thailand, den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten durchgeführt. In Deutschland wurden auf Basis des YouGov Omnibus 2009 erwachsene Personen im Zeitraum vom 2. bis 4. September 2015 repräsentativ befragt.
Foto: Clive Gee/PA Wire
* Der Median bezeichnet jenen Wert, der an der mittleren Stelle steht, wenn man mehrere Zahlen der Größe nach sortiert. Mehr zum Median in der Wikipedia.