Grüne und CDU/CSU sind stärkste Konkurrenten, aber sprechen unterschiedliche Milieus an

Mai 07, 2021, 4:00 vorm. GMT+0

YouGov-Studie in Kooperation mit dem SINUS-Institut zur aktuellen politischen Stimmung

Köln, 07.05.2021. Vor der Bundestagswahl im September 2021 zeichnet sich derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Unionsparteien CDU/CSU und den Grünen ab. Doch wer sind die Unterstützerinnen und Unterstützer dieser Parteien? Und welche Potenziale haben die Parteien in der Bevölkerung? Diesen und weiteren Fragen ist YouGov in Kooperation mit dem SINUS-Institut in einer repräsentativen Online-Studie nachgegangen.

Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wären, würden sich 25 Prozent der deutschen Wählerinnen und Wähler für Bündnis 90/Die Grünen entscheiden. Damit überholen die Grünen ganz knapp die Unionsparteien CDU/CSU, die 24 Prozent erzielen würden. Die SPD käme auf 14 Prozent, FDP und AfD jeweils auf 11 Prozent, Die Linke auf 8 Prozent und sonstige Parteien auf 7 Prozent in der Wahlabsicht der Deutschen.

Dieses aktuelle Stimmungsbild zeigt, dass die Unionsparteien und die Grünen im bevorstehenden Bundestagswahlkampf die beiden stärksten Konkurrenten werden dürften. Hierbei konkurrieren die Parteien in Teilen um die gleichen Wählerinnen und Wähler: 30 Prozent der Unions-Wählerinnen und -Wähler geben an, sich vielleicht oder sicher vorstellen zu können, die Grünen zu wählen. Unter denjenigen, die aktuell angeben, Bündnis 90/Die Grünen zu wählen, kann sich ein Viertel (25 Prozent) vorstellen, die Union zu wählen.

Dies sind Ergebnisse einer repräsentativen Online-Studie der Data & Analytics Group YouGov in Kooperation mit dem SINUS-Institut, für die 2.021 Wahlberechtigte zwischen dem 23.04. und 26.04.2021 befragt wurden. Davon haben bei der Sonntagsfrage 1.643 Personen eine Wahlabsicht geäußert.

Grüne und CDU/CSU sprechen gegensätzliche Milieus an - Lebenswelt von Wählern erklärt Wahlentscheidung

Grüne und Unionsparteien sind die größten Konkurrenten um Wählerstimmen, haben ihre Schwerpunkte in genau entgegengesetzten Wähler-Zielgruppen: CDU/CSU überzeugen in konservativen Milieus und bei Älteren, Grüne punkten in modernen Milieus und bei Jüngeren. Das zeigt die Analyse auf Basis des Gesellschaftsmodells der Sinus-Milieus®, das die deutsche Bevölkerung vor dem Hintergrund ihrer Werte und Lebensstile in zehn Gruppen Gleichgesinnter kategorisiert.

CDU/CSU überzeugen in konservativen Milieus und bei Älteren

Die Unionsparteien (Sonntagsfrage gesamt: 24 Prozent) können vor allem in den älteren und formal niedrig gebildeten Bevölkerungsgruppen punkten (55 Jahre und älter: 27 Prozent, niedriger Schulabschluss: 30 Prozent) sowie im konservativen Lager der Gesellschaft. „Dazu gehören die Milieus der Konservativ-Etablierten, das klassische Establishment unserer Gesellschaft, mit einer 37-prozentigen Wahlabsicht für die CDU/CSU und die Gruppe der Traditionellen mit 34 Prozent, das ist die Sicherheit und Ordnung liebende ältere Generation. Im Vergleich zu früheren Milieu-Analysen zeigt sich jedoch, dass diese ehemals feste Bank der Union bröckelt“, erläutert Manfred Tautscher, Geschäftsführer des SINUS-Instituts. Weiterhin verdeutlichen die Ergebnisse nach Sinus-Milieus® das Grundproblem der Union, dass junge und modern-orientierte Wählergruppen nur wenig erreicht werden.

Grüne punkten in modernen Milieus und bei Jüngeren

Der Schwerpunkt der Grünen (Sonntagsfrage gesamt: 25 Prozent) liegt genau in diesen Gruppen. „Die Grünen haben es geschafft, ihre bildungsbürgerlichen Kernmilieus zu halten, und gleichzeitig haben sie sich für andere, nämlich junge und moderne, Wählergruppen geöffnet“, fasst Tautscher zusammen. Zu den Stammwählern gehören die Milieus der Liberal-Intellektuellen (38 Prozent), die aufgeklärte Bildungselite, und die Sozialökologischen (36 Prozent), das engagierte gesellschaftskritischen Milieu. Neue Wähler werden besonders angezogen aus dem Milieu der Expeditiven (44 Prozent), die ambitionierte kreative Avantgarde, und der Hedonisten (28 Prozent), die spaß- und erlebnisorientierte moderne untere Mitte. Weiterhin sind Grüne vor allem bei Jüngeren und formal Hochgebildeten besonders stark (18-34 Jahre: 32 Prozent, hoher Schulabschluss: 34 Prozent).

Mitte der Gesellschaft ist gespalten zwischen Grüne und Union

Diese Spaltung zwischen Unions- und Grüne-Wählern zeigt sich auch in der Wahlabsicht in der Mitte der Gesellschaft. In der modernen jungen Mitte, dem Milieu der Adaptiv-Pragmatischen, konkurrieren die beiden Parteien besonders stark um Wählerinnen und Wähler. In diesem Milieu werden die Grünen mit 27 Prozent stärkste Kraft, aber die Unionsparteien liegen mit 25 Prozent knapp dahinter. In der Bürgerlichen Mitte, dem bürgerlichen Mainstream, liegen traditionell die Unionsparteien mit 25 Prozent vorne, während die Grünen in diesem Milieu 16 Prozent erreichen.

Wahlen werden nicht in der Mitte gewonnen, sondern in modernen Milieus

Obwohl die nächste Bundestagswahl erst im September 2021 stattfindet, ist sich eine knappe Mehrheit der Wählerinnen und Wähler (56 Prozent) bereits sicher, wen sie dann wählen werden.

„Wahlen werden nicht mehr in der Mitte gewonnen, sondern im Dreieck der Sinus-Milieus der Performer, Liberal-Intellektuellen und der beiden jungen Zukunftsmilieus der Expeditiven und Adaptiv-Pragmatischen. Entscheidend ist die Mobilisierung und die sowohl rationale als auch emotionale Anziehungskraft in diesen politisch interessierten und mental offenen Sinus-Milieus. Wahlentscheidend könnte sein, wer die Wanderungsströme dieser Milieus zwischen Grünen, CDU, FDP und SPD am besten für sich gewinnen kann“, sagt Norbert Schäuble, Gesellschafter des SINUS-Instituts.

SPD hat das größte Problem, Wähler zu mobilisieren

Der SPD gelingt es am wenigsten, ihr Wählerpotenzial auszuschöpfen. Das wird deutlich, wenn man die Wahlberechtigten fragt, welche Parteien sie sich grundsätzlich vorstellen können zu wählen, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre. So können sich 36 Prozent der Wahlberechtigten grundsätzlich sicher bzw. vielleicht vorstellen, die SPD zu wählen, aber laut Sonntagsfrage äußern derzeit nur 14 Prozent eine konkrete Wahlabsicht (Potenzialausschöpfung: 39 Prozent). „Die SPD findet durchaus große Sympathien in der Bevölkerung, aber sie schafft es nicht, Wählergruppen zu mobilisieren. Auch die Milieu-Analyse zeigt, dass die SPD in keiner Zielgruppe besonders stark punkten kann, was sich als Profillosigkeit interpretieren lässt“, erläutert Manfred Tautscher, Geschäftsführer des SINUS-Instituts.

Auch CDU/CSU und Grüne haben noch deutlich „Luft nach oben“, aber schöpfen ihr Wählerpotenzial bereits besser aus: 40 Prozent geben an, sich grundsätzlich vorstellen zu können, den Grünen ihre Stimme zu geben, 25 Prozent würden dies laut Sonntagsfrage aktuell tun (Potenzialausschöpfung: 63 Prozent). Das Potenzial der Unionsparteien liegt etwas geringer, denn 38 Prozent der Wahlberechtigten zeigen sich grundsätzlich offen für diese Parteien und 24 Prozent äußern in der Sonntagsfrage eine entsprechende Wahlabsicht (Potenzialausschöpfung: 63 Prozent).

Wählerpotenzial der AfD verringert sich

Die höchste Potenzialausschöpfung zeigt sich bei der AfD: 17 Prozent könnten sich grundsätzlich vorstellen diese Partei zu wählen, 11 Prozent beabsichtigten dies laut der aktuellen Sonntagsfrage (Potenzialausschöpfung: 65 Prozent). „Vergleicht man die Milieu-Ergebnisse zur letzten Bundestagswahl 2017, wird deutlich, dass die AfD besonders stark in der Bürgerlichen Mitte verloren hat. Die AfD bleibt jedoch das Auffangbecken für das Milieu der Prekären, das ist die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht. Die aktuelle Sonntagsfrage zeigt, dass die AfD bei Prekären sogar vor allen anderen Parteien rangiert“, erläutert Tautscher. Während 12 Prozent aller Wahlberechtigen den AfD-Politiker Björn Höcke als geeignet für das Amt des Bundeskanzlers halten, sind im Milieu der Prekären 24 Prozent dieser Ansicht. „Das Wählerpotenzial der AfD scheint sich stärker auf den rechtsextremen Kern zu reduzieren“, ergänzt Tautscher.

Methodischer Hinweis

Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2.021 Personen zwischen dem 23.04. und 26.04.2021 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche wahlberechtigte Bevölkerung ab 18 Jahren.

Die Pressegrafik kann unter folgendem Link kostenlos heruntergeladen werden: http://www.yougov.de/pressegrafik_sonntagsfrage_SINUS_April2021

Die Ergebnisse samt einer Erklärung der Methodik stehen hier kostenlos zur Verfügung.

Pressekontakt:

YouGov Deutschland GmbH
Anne-Kathrin Sonnenberg
PR Manager
Tel.: +49 (0) 221 420 61 – 444
E-Mail: presse@yougov.de

Kontakt zu SINUS:

SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH
Tim Gensheimer
Tel.: +49 (0) 6221 80 89 – 60
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