Wer interessiert sich noch für Digitalkameras?

Philipp SchneiderHead of Marketing
September 24, 2018, 10:20 vorm. GMT+0

Smartphone-Kameras werden immer besser, der Markt für Profi-Kameras schrumpft. Bestandskunden sind eine wichtige Zielgruppe, aber auch die Generation Instagram ist für die Hersteller alles andere als verloren.

Voller Stolz verwies Apple-Manager Phil Schiller bei der Vorstellung der aktuellen iPhones darauf, dass eine Fotoserie der brasilianischen Fotografin Luisa Dörr es auf die Titelseite des Time-Magazins geschafft hatte – geschossen mit einem iPhone.

Entdeckt hatte die Time-Redaktion die Fotografin auf Instagram. Deutlicher kann man die Krise der Hersteller klassischer Kameras nicht machen. YouGov-Daten zeigen, was sie für die einzelnen Hersteller bedeutet. Die beiden großen Kameramarken Canon und Nikon unterscheiden sich dabei hinsichtlich ihres Potenziales deutlich.

In täglichen repräsentativen Umfragen fragen wir für unseren Markenmonitor YouGov BrandIndex Verbraucher unter anderem danach, von welchen Marken sie Produkte besitzen. Noch vor drei Jahren gaben bis zu 26 Prozent an, ein Canon-Produkt zu besitzen. Heute sind es nur noch 21 Prozent. Bei Nikon hingegen ist der Negativ-Trend weniger ausgeprägt. Allerdings sind Nikon-Kameras ohnehin deutlich weniger verbreitet als Canons.

Wenn am Mittwoch in Köln die Photokina beginnt, ist der Blick naturgemäß nach vorne gerichtet. Es geht darum, neue Kunden zu gewinnen oder alte Kunden für neue Produktgenerationen zu begeistern. In der Zeit seit der letzten Photokina ist das einigen Herstellern teilweise gelungen. Verbraucher, die über den Kauf einer Digitalkamera nachdenken, zeigen deutlich größeres Interesse an Consumer-Electronic-Marken wie Panasonic und Sony als der Bevölkerungsdurchschnitt. Canon und Nikon sind bei potenziellen Kamera-Käufern besonders oft im Relevant Set.

Dabei fällt vor allem auf, dass Nikon bei der Zielgruppe der Käufer, anders als bei der Zielgruppe der Kamera-Besitzer, nur wenige Prozentpunkte hinter Canon liegt. Bevor die endgültige Kaufentscheidung getroffen wird, ist Nikon für 35 Prozent der Kaufinteressenten eine Marke, die sie erwägen.

In absoluten Zahlen schrumpft die Gruppe der potenziellen Digitalkamera-Kunden aber gewaltig. Das spiegelt auch die Photokina wider, die sich von sechs auf vier Tage und von sieben auf fünf Messehallen verkleinert hat, dafür aber jedes Jahr stattfinden soll. Wer die verbliebenen Kaufinteressenten sind, sehen wir in unserem Zielgruppen-Segmentierungs-Tool YouGov Profiles. Darin fällt zum einen auf: Wer innerhalb der nächsten zwölf Monate eine Digitalkamera kaufen will, besitzt oft schon eine. Bestandskundenpflege dürfte sich für die Hersteller also bezahlt machen, zumal Kamerabesitzer über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügen. Erreicht werden kann diese Zielgruppe unter anderem im Umfeld von TV-Dokus, die sie deutlich häufiger einschaltet als Durchschnittszuschauer.

Die zweite Gruppe von Kaufinteressenten sind junge Menschen. Und hier gilt interessanterweise, je jünger die Altersgruppe, desto höher das Kaufinteresse. Grenzen wir die Gruppe der Befragten auf 25- bis 44-jährige ein, zeigt sich zudem, dass diejenigen, die eine Kamera kaufen wollen, beispielsweise häufiger auf Instagram posten als ihre Altersgenossen, die kein Interesse an einer Kamera haben. Der Umkehrschluss gilt leider – aus Sicht der Kamerahersteller – nicht: Unter jungen Instagram-Usern sind Digitalkameras (oder die Absicht eine zu kaufen) nicht stärker verbreitet als in der jungen Zielgruppe generell.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.