YouGov-Umfrage zum Internationalen Tag der Freundschaft am 30. Juli in Kooperation mit dem SINUS-Institut
„Freunde sind die Familie, die wir uns selber aussuchen“, soll der Schauspieler Sir Peter Ustinov gesagt haben. Doch was ist den Deutschen bei Freundschaften eigentlich wichtig? Können Männer und Frauen tatsächlich nicht befreundet sein? Und mit welchen Ländern sollte Deutschland stärker befreundet sein? Diesen und weiteren Fragen sind YouGov und das SINUS-Institut in einer gemeinsamen repräsentativen Online-Umfrage zum Internationalen Tag der Freundschaft am 30. Juli nachgegangen.
Knapp zwei von drei Deutschen (64 Prozent) haben derzeit einen besten Freund oder eine beste Freundin. Somit lebt jeder Dritte ohne eine solch enge soziale Bindung abseits der Familie, was ca. 20 Mio. Menschen zwischen 18 und 69 Jahren entspricht. Im Schnitt haben die Deutschen vier enge Freunde und zählen zwölf Personen zu ihrem erweiterten Freundeskreis. Der gesamte Bekanntenkreis besteht durchschnittlich aus etwa 50 Personen.
Freundschaften knüpfen die Deutschen meist dort, wo die meiste Lebenszeit verbracht wird, etwa auf der Arbeit (41 Prozent), auf der weiterführenden Schule bzw. während der Ausbildung (jeweils 19 Prozent), in der Grundschule (17 Prozent) oder beim Ausüben von Hobbies (16 Prozent).
Freu(n)dlose Corona-Pandemie: Jede fünfte Freundschaft ist an unterschiedlichen Meinungen zu Corona-Maßnahmen zerbrochen
Generell war die Corona-Pandemie eine freu(n)dlose Zeit: 62 Prozent haben ihre Freunde sehr vermisst; 27 Prozent sogar so sehr, dass sie sich über Kontaktbeschränkungen hinweggesetzt haben, um ihre Lieben zu sehen. 38 Prozent der Deutschen sagen, dass einige Freundschaften die Corona-Pandemie nur überstanden haben, weil man online Kontakt halten konnte. Jeder Fünfte (20 Prozent) bekundet, Freunde verloren zu haben, weil diese andere Meinungen zu Corona-Maßnahmen oder -Impfungen haben.
Beim Klimawandel als politisches Streitthema verhält es sich ähnlich: So geben 18 Prozent an, dass unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema ihre freundschaftlichen Beziehungen belasten. Noch deutlicher werden Freundschaften von Meinungsdifferenzen zum Ukraine-Krieg in Mitleidenschaft gezogen (27 Prozent).
„Die großen Themen unserer Zeit – Klimawandel, Corona-Krise und Ukraine-Krieg – rufen nicht nur in der Politik oder den sozialen Medien kontroverse Diskussionen hervor. Unterschiedliche Ansichten zu diesen Themen stellen auch für manche freundschaftliche Beziehungen eine Zerreißprobe dar, wie unsere Daten zeigen“, so Philipp Schneider, Head of Marketing DACH bei YouGov.
Freundschaft wird an Fürsorge und offener Kommunikation gemessen
Doch was macht eine gute Freundschaft aus? 64 Prozent messen eine Freundschaft daran, dass man für den anderen da ist, wenn man gebraucht wird. Nahezu gleich wichtig ist es, dass wiederum der Freund bzw. die Freundin für einen da ist, wenn man ihn bzw. sie braucht (63 Prozent). Außerdem wichtig: Dass man miteinander über alles reden kann (63 Prozent), dass man ehrlich zueinander ist (62 Prozent) und dass man sich gegenseitig Geheimnisse anvertrauen kann (48 Prozent).
Entsprechend ist der zentrale Grund für das Zerbrechen von Freundschaften, dass man einander belügt bzw. nicht ehrlich ist (56 Prozent). Für genauso viele (56 Prozent) enden Freundschaften, weil man sich auseinandergelebt hat bzw. nicht mehr dieselbe Wellenlänge teilt. Weitere 53 Prozent der Deutschen kündigen eine Freundschaft auf, wenn sie ausgenutzt werden. Das Weiterplaudern von Geheimnissen (46 Prozent) und Lästereien hinter dem Rücken (44 Prozent) gehören ebenfalls zu den am häufigsten genannten Gründen, wieso Freundschaften auseinander gehen.
Gleich und gleich gesellt sich gern? Deutsche pflegen vielfältige Freundschaften
Viele gemeinsame Werte und Überzeugungen spielen nur für 40 Prozent eine wichtige Rolle in einer guten Freundschaft. Dass viele Deutsche bereit sind, bei Freunden unterschiedliche Meinungen zu akzeptieren, zeigt sich auch in weiteren Befunden: 65 Prozent haben Freunde mit anderen politischen Ansichten, und 59 Prozent sind mit Menschen mit anderen religiösen Überzeugungen eng befreundet.
Unterschiede zwischen Freunden können sich aber auch auf andere Merkmale beziehen. So haben 61 Prozent Freunde mit einem geringeren Bildungsstand als dem eigenen. 52 Prozent sind zudem mit Personen mit anderer Herkunft befreundet, diese Aussage nimmt mit zunehmendem Alter ab (62 Prozent der 18- bis 29-Jährigen vs. 45 Prozent der 60- bis 69-Jährigen). Zudem haben 45 Prozent aller Befragten Freunde mit einer anderen sexuellen Identität, auch dies sagen Jüngere häufiger als Ältere (59 Prozent der 18- bis 29-Jährigen vs. 35 Prozent der 60- bis 69-Jährigen). Unter allen Deutschen haben 38 Prozent Freunde mit einer anderen Hautfarbe als der eigenen, ebenso viele zählen Personen mit Behinderungen zu ihrem engen Freundeskreis.
Wie „Freundschaft“ definiert wird, hängt mit persönlichen Grundüberzeugungen zusammen
Unterschiedliche Bevölkerungsgruppen stellen sich unter „Freundschaft“ ganz verschiedene Beziehungsmuster vor. Das zeigt die Analyse auf Basis des Gesellschaftsmodells der Sinus-Milieus, das die deutsche Bevölkerung vor dem Hintergrund ihrer Werte und Lebensstile in zehn Gruppen Gleichgesinnter kategorisiert. „Es gibt zwei Zukunftsmilieus, die in unserer Gesellschaft künftig eine immer größere Rolle spielen werden: die Expeditiven, das ist die digitale und kreative Elite der Gesellschaft, und die Neo-Ökologischen, die Treiber der gesellschaftlichen Transformation“, erläutert Manfred Tautscher, Geschäftsführer des SINUS-Instituts. „Ihre Vorstellungen von Freundschaft könnten verschiedener nicht sein. Expeditive denken bei Freundschaft eher an Erlebnis- oder Projektgemeinschaften – wichtig sind spannende Erlebnisse mit interessanten Menschen, durchaus auch virtuell und nicht unbedingt auf Dauer angelegt. Für die Neo-Ökologischen sind hingegen gemeinsame, progressive Werte und der Wunsch, die Welt zu verbessern, ein wichtiges Fundament sozialer Beziehungen.“ Mehr Informationen zu diesen gesellschaftlichen Gruppen finden sich auf der Webseite des SINUS-Instituts.
Sexuelle Beziehungen zwischen Freunden? Möglich, sagt jeder Dritte
Können Freundschaften zwischen Frauen und Männern tatsächlich funktionieren? Ja, sagt eine deutliche Mehrheit von 73 Prozent der Deutschen. In ihrer Einstellung unterscheiden sich hier Frauen (75 Prozent) und Männer (70 Prozent) kaum. Sexuelle Beziehungen zwischen Freunden („friends with benefits“) finden nur noch 36 Prozent in Ordnung, wobei Männer (43 Prozent) deutlich häufiger dieser Meinung sind als Frauen (28 Prozent). Zwei Drittel der Deutschen (66 Prozent) sind der Meinung, dass sich aus einer Freundschaft eine gute Liebesbeziehung entwickeln kann, und die Hälfte (52 Prozent) ist überzeugt, dass man auch nach der Trennung mit dem Ex-Partner bzw. der Ex-Partnerin eine gute Freundschaft führen kann.
Stärkste Länderfreundschaft mit Österreich gewünscht
Anlässlich des Internationalen Tages der Freundschaft wurde auch die Verbundenheit zwischen Ländern und Kulturen beleuchtet. Dazu wurde den Befragten eine Liste von 22 Staaten vorgelegt, u.a. die USA, China und europäische Staaten. Aus Sicht der Befragten sollte Deutschland stärkere Freundschaften zu unseren Nachbarn Österreich (40 Prozent), Dänemark (38 Prozent), Niederlande (38 Prozent), Frankreich (37 Prozent) und der Schweiz (36 Prozent), aber auch zu Schweden (39 Prozent) pflegen. Eine intensivere Freundschaft mit Belarus und Iran (jeweils 8 Prozent), China (9 Prozent), Russland und der Türkei (jeweils 13 Prozent) wird selten gewünscht.
Wie der SINUS-Partner INTEGRAL Marktforschung für Österreich herausgefunden hat, suchen unsere österreichischen Nachbarn noch stärker die Nähe zu Deutschland: 48 Prozent sind in Österreich der Ansicht, ihr Land sollte mit Deutschland intensiver befreundet sein. In Österreich werden allerdings auch persönliche Freundschaften grundsätzlich weiter definiert, denn in Österreich zählt man deutlich mehr Personen zu seinem Freundes- und Bekanntenkreis als hierzulande.
Methodischer Hinweis
Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage auf Basis des Omnibus der YouGov Deutschland GmbH, an der 2.004 Personen zwischen dem 22. und 30.06.2022 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 bis 69 Jahren.