Action belebt die Schnäppchenjagd neu

Simon KlugeBis Juli 2018 Head of Data Products.
April 16, 2018, 10:00 vorm. GMT+0

Immer stärker drängt „Action“ auf den deutschen Markt. Das Geschäftsmodell ist einfach: niedrigste Preise, schnell wechselnde Sortimente. Bei den Kunden kommt das gut an – sehr bekannt ist der Discounter aber noch nicht.

Die Legende besagt, dass einmalige Aktionsartikel von einem aufstrebenden holländischen Handelsunternehmen in dessen Filialen zu finden sind. Die Läden sollen voll von begehrten Artikeln sein, die von lebensfrohen Mitarbeitern einsortiert werden. Wer die Schnäppchen aus den Filialen zum Auto bringt, erlangt unbeschreibliches Glück über seine Kaufkraft...

Zugegeben, dieser Einstieg ist vom Kinotrailer zu einem neueren "Indiana-Jones"-Abenteuer billig abgekupfert. Doch in den Läden von Action fühlt man sich in der Tat wie der gute alte Indiana Jones auf der Jagd nach dem verlorenen Schnäppchen und rückt dabei seinen imaginären Abenteurerhut zurecht, während man sich durch den Sortimentdschungel kämpft. Dieses folgt nämlich gerade bei einem ersten Filialbesuch irgendwie schon einer Logik, nur erschließt sich diese dem Besucher nicht auf Anhieb.

Lidl und Aldi als Marktführer im Discount sind seit Langem mit ihren Aktionsangeboten erfolgreich, egal ob aus dem Food- oder Non-Food-Bereich. Da liegen zum Beispiel passend zur Gartensaison Blumenkästen, Erde und Samen einladend im Regal. Vielleicht braucht der Filialbesucher sie gar nicht, aber weil sie so günstig sind und es irgendwie auch gerade gut passt, packt man das Gefundene halt in den Einkaufswagen. Lidl-Bahntickets kauft der ein oder andere auf Vorrat – derartige Schnäppchen kann man sich schließlich nicht entgehen lassen. Und wenn die Billig-Version des Thermomix verkauft wird, gibt es darum sogar Prügeleien. Wir Deutschen sind und bleiben eben ein Volk von Schnäppchenjägern, das Konzept von Action scheint gerade hierzulande deswegen auf besonders guten Anklang zu stoßen. Nur kennen noch nicht sehr viele Verbraucher diesen neuen Player aus Holland, dessen Märkte nur so aus dem Boden sprießen.

Der Non-Food-Discounter Action hat vermutlich auch wenig Interesse an Prügeleien in seinen Filialen – doch die Gefahr ist so groß auch nicht. Denn das niederländische Handelsunternehmen hat die wechselnden Aktionen von Lidl und Aldi quasi zum Geschäftsmodell erklärt und bietet vorübergehende Sortimente nach dieser Art ständig an: Rund 6000 Artikel hat der Discounter insgesamt im Sortiment, nur 2000 davon dauerhaft. Action ist laut Selbstauskunft schlicht stets auf der Suche nach dem besten Preis, den der Händler an die Kunden weiterreichen will.

Bekanntheit von Action steigt

Das Sortiment besteht aus 13 Kategorien, darunter: Dekoration, Heimwerken, Büro und Hobby, Haushaltswaren, Garten und Outdoor, Waschen und Reinigen, Essen und Trinken, Körperpflege, Haustiere. Action ist damit quasi eine Mischung aus Tedi, Kodi, dm, Rossmann, ein paar Baumärkten, Fressnapf – und ein bisschen was von Aldi und Lidl ist auch mit drin.

Noch nicht einmal jeder fünfte Deutsche hat jedoch bisher von der Marke gehört. Sogar der chinesische Online-Shop Alibaba ist momentan bekannter. Diese Information liefert uns der YouGov-Markenmonitor BrandIndex, mit dem wir täglich die Angaben tausender Verbraucher zu über 1200 Marken auswerten. Der zeigt aber auch: Die Zahl der Menschen, die Action kennen, steigt stetig. Schließlich dauert der aggressive Expansionskurs des neuen Players an, praktisch jede Woche wird eine neue Filiale eröffnet. Und in Niedersachsen entsteht gerade ein 90.000 Quadratmeter großes Distributionszentrum.

Die Expansion und die damit einhergehenden Investitionen bedeuten auch ein Risiko für Action. Doch die Aussichten sind gut: Der BrandIndex legt nahe, dass die Rechnung aufgehen wird. Werten wir die Angaben derjenigen aus, die inzwischen die Marke Action kennen, zeigt sich heute schon ein solides Markenimage. Der allgemeine Eindruck zum Beispiel, den Action erzeugt, liegt schon auf dem Niveau von Galeria Kaufhof und eBay. Auch der Buzz – der Wert, der anzeigt, ob die Verbraucher Nachrichten über die Marke eher positiv oder negativ wahrnehmen – liegt deutlich im positiven Bereich und aktuell über demjenigen von Mediamarkt, Tchibo und Amazon.

Zu den interessantesten Fragen beim Geschäftsmodell von Action gehört: Wie bewerten die Kenner der Marke die angebotene Qualität und das Preis-Leistungs-Verhältnis? Denn schließlich ist es hier der Preis, der das entscheidende Kaufargument darstellt. Bei niedrigen Preisen bleibt die Qualität ja bekanntlich schon mal auf der Strecke. Und tatsächlich ist die wahrgenommene Qualität eine Bewertungsdimension, an der Action noch arbeiten könnte: Im Umfeld von über 30 Einkaufsstätten-Marken, in dem wir Action tracken, belegt der Non-Food-Discounter hier den vorletzten Platz.

Niedrige Preise wirken

Das muss nun nicht unbedingt heißen, dass die angebotenen Produkte tatsächlich von geringer Qualität sind – es kann auch bedeuten, dass die Verbraucher Action derart mit niedrigen Preisen verbinden, dass sie noch nicht überzeugt davon sind, ausschließlich gute Ware bekommen zu können. Doch so oder so: Die niedrigen Preise scheinen ihre Wirkung schon zu entfalten. Hinsichtlich Preis-Leistungs-Verhältnis belegt Action schließlich einen hervorragenden fünften Platz, noch vor Drogerie Müller, Tchibo oder Saturn. An das Niveau von Lidl, Aldi Süd oder Aldi Nord kommt Action jedoch noch nicht heran.

In Deutschland betreibt Action mittlerweile über 200 Filialen. Für „Indiana Jones auf der Suche nach dem verlorenen Schnäppchen“ gibt es also rege Möglichkeiten, ein neues Abenteuer im Sortimentsdschungel der Niederländer zu bestehen. Und wer weiß, ob dann die eingangs erwähnte Legende nicht doch Recht behält.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.