Mehrheit: Probleme bei Großprojekten liegen vor allem an Inkompetenz

Dezember 10, 2015, 1:00 vorm. GMT+0

Vorschriften spielen aus Sicht Vieler bei Pannenprojekten wie dem BER eine kleinere Rolle. Und Unternehmen könnten es besser als der Staat.

Bei großen öffentlichen Bauprojekten wie der Elbphilharmonie oder dem Flughafen BER gehören Zeitverzug und explodierende Kosten fast schon zur Normalität. Auch in Köln sollte die Nord-Südtrasse für die Stadtbahn ursprünglich schon vor Jahren eröffnet werden - doch nach zahlreichen Zwischenfällen und dem Einsturz des historischen Stadtarchivs liegt der derzeit geplante Termin für die endgültige Fertigstellung im Jahr 2023. Fast jede große deutsche Stadt kennt solche Probleme.

Doch kommen diese? Nach Ansicht vieler Deutscher vor allem an Inkompetenz - die aber nichts typisch Deutsches ist, sondern eher für öffentliche Bauträger. Das ist das Ergebnis einer aktuellen YouGov-Umfrage. Demnach sagen 58 Prozent der Befragten, dass solche Groß-Projekte planmäßiger ablaufen würden, wenn Sie in der Hand von privaten Unternehmen lägen. Jeder Vierte (23 Prozent) ist anderer Meinung. Ebenfalls jeder Vierte (25 Prozent) hält solche Probleme für etwas typisch Deutsches, während zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) sagen, dass es diese auch in anderen Ländern gibt. Laut Experten wie dem Wirtschaftswissenschaftler Werner Rothengatter haben letztere Recht: Denn auch in anderen Staaten - vor allem Demokratien - sind Kostensteigerungen und andere Probleme keine Seltenheit.

Und auch in der Einschätzung der Gründe liegen die Deutschen allgemein nicht weit von den Experten. Denn dass Inkompetenz bei den Planenden ein wichtiger Grund ist, wieso Großprojekte oft teurer und langwieriger sind als geplant, sagen nicht nur die Wissenschaftler, sondern auch 73 Prozent der von YouGov befragten. Korruption folgt mit 48 Prozent auf Platz zwei, zu viele Vorschriften machen 44 Prozent und "politische Gründe" 39 Prozent für die Probleme Verantwortlich. Dass die Probleme einfach nur auf fehlendem Glück beziehungsweise auf Pech beruhen, glauben hingegen nur 5 Prozent der Befragten. Interessant: Deutlich mehr Menschen in Ostdeutschland (57 Prozent) sagen, dass Korruption ein wichtiger Grund sei als in Westdeutschland (46 Prozent), während Korruption aus Sicht der 18- bis 24-Jährigen sogar seltener (33 Prozent) genannt wird als zum Beispiel "zu viele Vorschriften" (41 Prozent).

Zum Berliner Pannen-Flughafen BER hatte es im Oktober schon eine YouGov-Umfrage gegeben. Damals glaubte ein Viertel der Befragten (27 Prozent) nicht daran, dass dieser jemals fertig wird.

Auf Basis des YouGov Omnibus wurden in Deutschland 1195 Personen im Zeitraum vom 4. bis 8. Dezember 2015 repräsentativ befragt.

Foto: Michael Sohn/AP/Press Association Images

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