Kratzt das Onlinewachstum am Image der Paketdienste?

Simon KlugeBis Juli 2018 Head of Data Products.
Dezember 18, 2017, 8:35 vorm. GMT+0

Aktuelle Meldungen über Paketdienste sind überwiegend negativ. Trotzdem zeigen sich die meisten Kunden weiterhin zufrieden. Dazu tragen womöglich auch ungewöhnliche Maßnahmen der Dienstleister bei.

Mehr kann man sich von einem Paketdienstleister als Verbraucher eigentlich gar nicht wünschen: Man kann heute bestimmen, wann ein Paket wo ankommen soll. Man kann Ablageorte und Nachbarn festlegen, bei denen der Bote das Paket ablegen darf. Man kann Packstationen nutzen und man kann Pakete umleiten, obwohl sie schon unterwegs sind. Insgesamt großartige Services, welche Verbraucher auch sehr gerne als Optionen verfügbar haben wollen oder auch nutzen. Und die Deutschen verschicken und empfangen mehr Pakete denn je, insgesamt acht Millionen an einem Tag.

Doch die außerordentlich hohe Nachfrage scheint die Paketdienste derzeit zu überfordern, das tatsächliche Volumenwachstum hierzulande durch Weihnachtseinkäufe im Internet wurde unterschätzt. Werfen wir daher diese Woche einen Blick in aktuelle Ergebnisse aus dem BrandIndex, dem kontinuierlichen Markenmonitor von YouGov, zu dieser Branche.

Fragen wir nach dem allgemeinen Eindruck, den Verbraucher von Unternehmen wie GLS, Hermes, DHL oder UPS haben, dann bekommen wir überwiegend positive Antworten. Wie immer werten wir nur Angaben von Verbrauchern aus, die die jeweiligen Marken kennen. Fragen wir jedoch, ob Verbraucher in den letzten 14 Tagen eher Positives oder eher Negatives über diejenigen Paketdienstleister und Kurierdienste gehört haben, die wir im BrandIndex tracken, tendieren sie mehrheitlich zu letzterem. Fast ausnahmslos beherrschen aktuell Negativmeldungen zur Branche das mediale Bild. Verbraucher nehmen nicht nur davon Notiz, sondern verursachen diesen Negativ-„Buzz“auch, indem sie ihre Paket-Fails in sozialen Medien teilen oder sich bei der Verbraucherzentrale oder der Bundesnetzagentur beschweren. Dort rechnet man dieses Jahr mit 5.000 Beschwerden, 1.000 und damit 25% mehr als im vergangenen Jahr.

Mitleid mit den Zustellern

Verbraucher nehmen auch wahr, dass sie nicht die einzigen Leidtragenden sind. Die Mitarbeiter der Unternehmen und vor allem deren Zusteller sind überlastet. Das Arbeitgeberimage ist im Branchenschnitt in den vergangenen Jahren insgesamt über +4 Scorepunkte nicht hinausgekommen – unsere Skala reicht von -100 bis +100 Punkten. Am besten schneidet hier DHL mit +16 Scorepunkten ab.

Obwohl die Paketdienstleister in den meisten Fällen von Versandhändlern beauftragt werden, ist der eigentliche Kunde, den es zufrieden zu stellen gilt, natürlich der Empfänger. Dafür greifen die Dienstleister inzwischen zu ungewöhnlichen Maßnahmen. In Kassel hat DHL Kunden gebeten, ihre Pakete nach drei Streiktagen selbst an einem extra angemieteten Lager abzuholen. Hermes hat mit dem Versandhandel Obergrenzen vereinbart und lässt sich lieber einen Teil der Aufträge entgehen als die Arbeitskraft der Mitarbeiter und die Nerven der Empfänger zu sehr zu strapazieren.

Solche Maßnahmen scheinen zu helfen. Denn während man bei manchen Artikeln und Social-Media-Posts das Gefühl bekommen kann, Pakete versenden und empfangen sei eine traumatische Erfahrung, zeichnet der BrandIndex ein anderes Bild. Die Kundenzufriedenheit ist bei jeder einzelnen Marke im positiven Bereich unserer Skala. Der Branchenschnitt liegt bei ordentlichen +31 Scorepunkten, Spitzenreiter DHL sogar bei +52 Punkten. Allerdings: In den vergangenen zwei Monaten sind diese Werte deutlich abgesackt. Aus dem Schneider sind die Dienstleister also nicht, und die Probleme sind da, wenn auch real nicht so dramatisch wie gefühlt.

Bleibt uns noch zu sagen, dass wir allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest wünschen! Und vor allem das rechtzeitige Ankommen von allen Sendungen, deren Inhalte unterm Weihnachtsbaum liegen sollen.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.

Bild: dpa