Die Errungenschaften der EU sind den meisten Bürgern in Deutschland nur wenig wert. Laut einer aktuellen YouGov-Studie im Auftrag der Change Centre Stiftung sind diese dem Deutschen nur 61 Euro im Jahr wert. Für die Studie wurde die Methode eines Gedankenexperiments eingesetzt: Die Befragten konnten den Wert Europas mit einem persönlichen Geldbetrag beziffern.
Dabei sind die Unterschiede überraschend groß: Männer würden für die EU fast doppelt so viel auf den Tisch legen wie Frauen (80 Euro im Vergleich zu nur 43 Euro). Den Jüngeren ist die EU deutlich mehr wert als älteren Generationen: So präsentieren sich die 18 bis 24 Jährigen mit durchschnittlich 97 Euro pro Jahr als spendabelste Gruppe und würden damit fast doppelt so viel für EU-Leistungen zahlen wollen wie die über 55 Jährigen mit nur 52 Euro. Befragte aus den Neuen Bundesländern würden signifikant weniger für EU-Errungenschaften ausgeben als Westdeutsche, wobei die Angaben abhängig vom eigenen Einkommen sind.
„Wenn er sich die Leistungen der EU erkaufen oder über eine Gebühr finanzieren müsste, würde der Durchschnittsdeutsche dafür nicht mehr ausgeben als für vier Kästen Bier oder sechs Kinobesuche,“ kommentiert Prof. Dr. Joachim Klewes, Gründer der Change Centre Stiftung, ein Schlüsselergebnis der Studie.
Nach dem monetären Wert einzelner konkreter EU-Errungenschaften gefragt, sticht die Bewahrung des Friedens zwischen den Mitgliedsstaaten als Top-Leistung der EU hervor: Hierfür würden die Befragten am meisten ausgeben – allerdings auch nicht mehr als im Durchschnitt 33 Euro pro Jahr. Auf dem zweiten Platz folgt das Recht auf Freizügigkeit mit 16 Euro. Der Wegfall der Grenzkontrollen ist den Deutschen noch 14 Euro jährlich wert.
„Die Politik hat eklatant versagt, wenn es darum geht, den Nutzen Europas zu erklären“ sagt Professor Klewes. Das zeigen auch weitere aktuelle Studienergebnisse: Nicht einmal jeder achte Deutsche kann sagen, wer über die Vergabe von Krediten und Finanzhilfen aus dem europäischen Rettungsschirm ESM bestimmt. Fast jeder Dritte verortet die Entscheidungsgewalt fälschlicherweise beim Europäischen Parlament, jeder Vierte bei der Troika aus EZB, IWF und Vertretern der EU-Kommission – und nur zwölf Prozent der Deutschen wissen, dass tatsächlich die Finanzminister der Euro-Länder über die Kreditvergabe entscheiden.
Insgesamt ist der Informationsbedarf zu Europa sehr hoch. So möchte mehr als jeder zweite Deutsche (58 Prozent) gern mehr über die Höhe der Zahlungen an die Krisenländer wissen. Noch mehr interessieren sich die Befragten für die Auswirkungen der Euro-Krise auf Deutschland (61 Prozent).
Auf Basis des YouGov Omnibus wurden 2187 Personen ab 18 Jahren in dem Zeitraum vom 29.04. bis zum 06.05.2014 repräsentativ befragt.
Text: Change Centre Stiftung
Bild: dpa