Wie Corona die Reiselust der Deutschen verändert hat

Philipp SchneiderHead of Marketing
Juli 05, 2021, 10:57 vorm. GMT+0

Von den 15 beliebtesten Reisezielen der Deutschen ist keines mehr als drei Flugstunden entfernt. Obwohl Gesundheitsbedenken abnehmen, bleiben Reisende zurückhaltend. Wer das größte Fernweh hat.

Urlaubsplanung verlangt uns derzeit einiges an Flexibilität ab. Es lässt sich kaum absehen, wie Reisebeschränkungen in einigen Wochen aussehen und welche Auswirkungen Virusvarianten wie Delta auf das Pandemiegeschehen an verschiedenen Orten haben werden. Seit vielen Monaten müssen Urlauber nun schon verschiedene Risiken gegeneinander abwägen. Während manche lieber noch warten, planen andere schon mehrere Reisen für die kommenden Monate. Dabei gibt es sowohl Unterschiede zwischen Altersgruppen als auch zwischen Verbrauchern in verschiedenen Ländern.

YouGovs International Travel & Tourism Report analysiert die Reiselust von Menschen in 25 Märkten. Insgesamt wollen mehr als 70 Prozent der Befragten in den kommenden zwölf Monaten verreisen. Weniger als ein Viertel der Befragten zieht es dabei ins Ausland. Die meisten Reisewilligen planen zwei oder mehr Reisen.

Impfungen senken Gesundheitsbedenken

Wir haben Verbraucher seit Oktober 2020 wöchentlich gefragt, was sie am Reisen hindert. Gesundheitsrisiken sind zwar nach wie vor der Haupthinderungsgrund, wurden über die Monate hinweg aber immer seltener genannt. Reisebeschränkungen hingegen nennt recht konstant ein gutes Drittel der Befragten als Hindernis. Das zeigen die über alle 25 Märkte hinweg ermittelten Daten. In Europa zeigt sich ein etwas anderes Bild. Hier sind es inzwischen vor allem die offiziellen Beschränkungen, die Menschen am Reisen hindern. Seit Januar – also seit immer mehr Menschen in Europa geimpft werden – treten Gesundheitsrisiken dahinter zurück.

Deutsche wiederum sehen sich sowohl durch Reisebeschränkungen als auch durch Gesundheitsrisiken am Reisen gehindert. Im Vergleich zu anderen Europäern nennen sie beides verhältnismäßig oft. Dies sind Daten von unserem letzten Befragungstermin für die o.g. Studie von Mitte Mai. Trotzdem hatten zu diesem Zeitpunkt zwei von drei Deutschen Reisepläne für die kommenden zwölf Monate. Allerdings dürfte sich die Auswahl der Ziele durch Corona verändert haben. Fast jeder zweite Deutsche plant Urlaub im Inland – eine deutliche Steigerung gegenüber dem Beginn unserer Befragungen im Oktober 2020.

Geschäftsreisen bleiben die Ausnahme

Die Lust auf internationale Ziele steigt gleichermaßen, aber hat noch nicht ganz so viele Deutsche erfasst. Zudem bedeutet international wohl in den seltensten Fällen, dass es sich um eine Fernreise handelt. Die Top 15 von Deutschen genannten Auslandsziele befinden sich alle innerhalb Europas. Angeführt wird die Liste von Österreich, Italien und Spanien, wo sich jeweils mindestens ein Viertel der Befragten vorstellen kann, Urlaub zu machen.

Global zeigen sich ähnliche Trends. Für die Reisebranche bedeutet das, dass Inlands- und Nah-Ziele auf absehbare Zeit die besten Chancen zur wirtschaftlichen Erholung bieten. Das gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Markt für Geschäftsreisen kaum Anzeichen einer Erholung zeigt. Die Zahl der Befragten, die angeben eine Geschäftsreise ins In- oder Ausland zu planen, verändert sich seit Monaten kaum.

Nachhaltiges Reisen beliebter

Wichtigste Zielgruppe sind aktuell Millennials und Menschen aus der Gen X, also etwa die Jahrgänge 1965 bis 1981. Sie geben am seltensten an, keine Reisepläne für die kommenden zwölf Monate zu haben. Ältere zeigen sich vorsichtiger, während Jüngeren oft noch der Impfschutz fehlt. Gen X und Millennials geben am häufigsten an, dass sie es nicht erwarten können zu reisen und haben häufig auch das nötige Kleingeld zum Reisen.

Es gibt eine große Überschneidung zwischen dieser Gruppe und Menschen, die sich für nachhaltiges Reisen interessieren. Umweltschutz-Maßnahmen am Urlaubsziel sind ihnen wichtiger als anderen Reisenden. Sie achten bei der Wahl des Urlaubsorts verstärkt auf schöne Natur in der Umgebung, besonders vielen sind auch kulturelle oder historische Sehenswürdigkeiten wichtig. Dafür spielen die Kosten eine geringere Rolle als beim Durchschnittsreisenden.

Wie unsere Daten zeigen, spielt die Aufhebung von Beschränkungen eine wichtige Rolle bei der Wiederbelebung des Tourismus. Ein Weg, Pandemiekontrolle und Reiselust miteinander zu vereinen, könnten Impfkontrollen bei der Einreise sein, womöglich mit Hilfe eines weltweit anerkannten Impfzertifikats. Die Mehrheit der Deutschen, 61 Prozent, hält das bei Übersee-Reisen für eine gute Idee. In Australien, wo Ein- und Ausreisen nach wie vor mit am stärksten eingeschränkt sind, sind vier von fünf Menschen dafür.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.

Für einen umfassenderen Blick in die Reiseabsichten, Treiber und Barrieren von Verbrauchern in 25 Ländern weltweit sowie Beschreibungen der für die Branche interessantesten Zielgruppen, kann die vollständige Studie hier heruntergeladen werden.

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