Ein Meilenstein für Rügenwalders Kundenstamm

Philipp SchneiderHead of Marketing
September 14, 2020, 1:18 nachm. GMT+0

Mehr vegetarische und vegane Wurst-Alternativen im Sortiment bedeuten auch eine veränderte Kundenbasis – selbst wenn manche Vegetarier Rügenwalder Mühle skeptisch gegenüberstehen.

Mehr Umsatz mit Fleischalternativen als mit Fleisch – diese Bilanz des Monats Juli war sogar Boulevardmedien eine Meldung über Rügenwalder Mühle wert. Für das Unternehmen bedeutet das nicht nur Erfolg bei der Erschließung eines neuen Marktes, ausgelastete Maschinen und Investitionsvorhaben im zweistelligen Millionenbereich, sondern auch eine veränderte Kundenbasis. YouGov-Daten zeigen, wie sich die Rügenwalder-Kundschaft aktuell zusammensetzt.

Eines gleich vorweg: Auch wenn die Absatzzahlen der fleischfreien Produktpalette im Halbjahresvergleich um 50 Prozent stiegen, essen die meisten Rügenwalder-Kunden immer noch Fleisch. Rügenwalder ist nach wie vor hauptsächlich Wurstfabrikant. Zumindest haben in den vergangenen zwölf Monaten durchschnittlich 92 Prozent der Rügenwalder-Kunden angegeben, dass sie Fleisch essen. Dies zeigt eine Analyse bevölkerungsrepräsentativer Daten mit YouGov Profiles, unserem Tool zur Zielgruppen-Segmentierung.

Anteil der Flexitarier und Vegetarier unter Rügenwalder-Kunden fast so hoch, wie in der Gesamtbevölkerung

Andererseits ist Rügenwalder kurz davor, einen wichtigen Meilenstein bei seiner Zielgruppen-Zusammensetzung zu erreichen: Die Anteile an Vegetariern und Flexitariern unter den Kunden entsprechen schon fast deren Anteil an der Gesamtbevölkerung. Mehr als respektabel für ein Unternehmen, das 180 Jahre lang nur Fleischprodukte hergestellt hat und jetzt erst seit sechs Jahren mit fleischlosen Alternativen seine Marke neu orientiert.

In ihren Ansichten unterscheidet sich die Rügenwalder-Kundschaft allerdings signifikant vom Bevölkerungsdurchschnitt, besonders im Hinblick auf Einstellungen zum Umweltschutz. Deutlich häufiger stimmen die Mühlen-Kunden Aussagen zu wie:
• Ich trenne konsequent meinen Müll (90 Prozent)
• Ich versuche, weniger Strom zu verbrauchen, um etwas für die Umwelt zu tun (80 Prozent)
• Der Klimawandel ist die größte Bedrohung für die Menschheit (76 Prozent)

Bemerkenswert sind diese eher progressiven Ansichten und Verhaltensweisen auch vor dem Hintergrund, dass fast 60 Prozent der Kunden der Marke 55 Jahre oder älter sind.

In den Top-10 bei Vegetariern

Will Rügenwalder Mühle das fleischlose Segment weiter stärken, ist es allerdings mit einem Ausbau der Produktionskapazität nicht getan. Das Unternehmen muss auch mehr Imagearbeit leisten. Zwar geben 23 Prozent der Vegetarier und Veganer an, dass Rügenwalder für sie beim Lebensmitteleinkauf infrage komme. Rügenwalder ist damit in den Top 10 unter rund 70 von uns erhobenen Marken im Lebensmittelbereich. Das ist aber noch weit entfernt einerseits von den 35 Prozent der Gesamtbevölkerung, für die Rügenwalder-Produkte attraktiv sind, und andererseits von der Top-Marke der Veganer und Vegetarier, Alnatura, mit 47 Prozent Kaufinteressenten.

Auf Mund-zu-Mund-Propaganda kann sich Rügenwalder Mühle nicht allein verlassen: 17 Prozent der Vegetarier und Veganer würden die Marke weiterempfehlen. Unser Markenmonitor BrandIndex zeigt, dass dieser Wert zwischen April 2019 und April 2020 kontinuierlich und vergleichsweise steil gestiegen ist, aber ausgerechnet während der Grillsaison ging die Weiterempfehlungsbereitschaft wieder zurück.

Ein Benchmark für Rügenwalder könnte Frosta sein. Unter Veganern und Vegetariern können sich in etwa gleich viele vorstellen, diese Marken zu kaufen. Auch die Kundenzufriedenheit ist bei beiden Marken in dieser Zielgruppe ähnlich. Aber in BrandIndex-Dimensionen wie Qualität, Preis-Leistungs-Verhältnis oder dem allgemeinen Eindruck von der Marke ist Frosta Rügenwalder weit überlegen. Und das kann letztlich mit darüber entscheiden, ob eine vorhandene Kaufbereitschaft auch in einen Kauf mündet.

So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.