Wie T-Mobile US und Sprint zusammenpassen

Philipp SchneiderHead of Marketing
Dezember 16, 2019, 11:57 vorm. GMT+0

Seit Jahren will T-Mobile in den USA den Anbieter Sprint übernehmen. Da sich die Kundenstruktur der Marken deutlich unterscheidet, könnte eine Mehr-Marken-Strategie sinnvoll sein, wenn der Deal vor Gericht besteht.

Telekomtochter T-Mobile hält sich in den USA nicht mit Werbung zurück und versucht etwa mit Familien-Tarifen oder Streaming-Kombi-Angeboten neue Kunden zu gewinnen. Zur Strategie gehört aber auch, durch die Übernahme anderer Anbieter zu wachsen. Was 2012/2013 mit MetroPCS gelang, will T-Mobile jetzt mit Sprint wiederholen. Beim Blick auf Zielgruppen-Struktur und das Image der beiden Marken zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede: Sprint ist nach Verizon, AT&T und T-Mobile der kleinste der vier großen Netzbetreiber in den USA. Sechs Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner geben an, dort Kunde zu sein.

Eine überschaubare Zahl, aber immer noch groß genug, um Kartellbehörden auf den Plan zu rufen. Schließlich würde T-Mobile mit aktuell 11,2 Prozent der Bevölkerung als Kundenstamm nicht nur substanziell wachsen, sondern damit eine ähnliche Größe erreichen wie Verizon und AT&T. Der Mobilfunkmarkt in den USA dürfte sich durch die Fusion also signifikant verändern. Deshalb war der Plan in den vergangenen Jahren schon mehrfach wieder aufgegeben worden, bevor er schließlich doch von den Behörden genehmigt wurde. Jetzt aber klagen mehrere Bundesstaaten gegen die Entscheidung.

Sprint-Kunden sind älter

Sollte die Fusion zustande kommen, würde T-Mobile seine Kundschaft nicht nur vergrößern, sondern auch diversifizieren. Bisher sind Menschen bis 49 Jahre überrepräsentiert und über 65-Jährige unterrepräsentiert. Bei Sprint sieht das ganz anders aus: Sprint-Kundschaft bildet sich eher aus dem älteren Teil der US-Bevölkerung. Die Marke spricht besonders stark 50- bis 64-Jährige an. Auch hinsichtlich ethnisch-kultureller Merkmale unterscheiden sich die Kundengruppen deutlich. So hat Sprint beispielsweise viel weniger Hispanics als Kunden als T-Mobile. Die Zielgruppen-Unterschiede könnten dafürsprechen, dass T-Mobile die Marke Sprint nach einer Fusion anders als angedeutet weiter pflegt. So wurde es schließlich bei der Übernahme von MetroPCS gehandhabt. Der Anbieter wird heute als „Metro by T-Mobile“ vermarktet und erreicht überdurchschnittlich viele Afroamerikaner und Afroamerikanerinnen. Ihr Anteil unter den Metro-Kunden ist mehr als doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung. Und die Zwei-Marken-Strategie scheint zu funktionieren: Diejenigen, die die Metro-Marke kennen, bewerten sie im BrandIndex ähnlich positiv wie T-Mobile von seinen Kennern bewertet wird.

Sprint gewinnt Imagepunkte

Sprint hingegen schneidet weniger gut ab – ein Argument, die Marke doch aufzugeben. In unseren Rankings von US-Mobilfunkanbietern belegt die Marke in Kategorien wie dem allgemeinen Eindruck und im Preis-Leistungs-Verhältnis einen der hinteren Plätze. Nur knapp 60 Prozent der aktuellen Kunden würden Sprint wieder in Betracht ziehen. T-Mobile hingegen ist zurzeit die Marke mit der höchsten Loyalität der Bestandskundschaft in den USA. Das muss aber nicht heißen, dass T-Mobile Sprint nach einer Fusion nicht zu einer attraktiveren Marke aufbauen könnte. Im Gegenteil. Das Gesamtimage von Sprint hat sich laut BrandIndex schon in den vergangenen Jahren deutlich gebessert. Als im April 2018 die geplante Übernahme durch T-Mobile bekannt wurde, fiel der Indexwert zwar zunächst, erreichte aber später einen Spitzenwert. Gleichzeitig entwickelt sich auch T-Mobile in den Augen der US-Verbraucher positiv, während Verizon eher stagniert und AT&T Punkte einbüßt.

Sollte die Fusion vor Gericht bestehen, wird es interessant sein zu sehen, wie T-Mobile in den USA es schafft, die diversen Zielgruppen anzusprechen und zu halten.

So erschienen auf Wirtschaftswoche Online.

Foto: dpa